Verwaltung eines Arbeitnehmers in den Niederlanden
Von unserer deutschsprachigen CBBL-Anwältin in Amsterdam, Frau Rechtsanwältin Dr. Wiebke Bonnet-Vogler, bonnet-vogler@cbbl-lawyers.de, Tel. +31205747474, www.vandiepen.com
- Arbeitsunfähigkeit in den Niederlanden
- Kann der Arbeitnehmer an seinem Wohnort in den Niederlanden im Homeoffice arbeiten?
- In welchem Land sind die Sozialabgaben zu zahlen?
- Anmeldung des Arbeitnehmers und Abführung der Sozialbagaben in den Niederlanden
- Wer führt in den Niederlanden die Lohnsteuer ab?
- Die Online-Meldepflicht bei Entsendung von Personal in die Niederlande
- Kann der Arbeitnehmer in den Niederlanden einen Dienstwagen mit deutschem Kennzeichen fahren?
1. Arbeitsunfähigkeit in den Niederlanden
Erkrankte Arbeitnehmer genießen in den Niederlanden einen besonderen Schutz.
a. Keine Pflicht zum Vorzeigen eines Attestes
Für ausländische Arbeitgeber immer wieder überraschend ist die Tatsache, dass der Arbeitnehmer in den Niederlanden bei Krankheit kein ärztliches Attest vorzulegen braucht. Der Arbeitnehmer bestimmt selbst, ob er arbeitsfähig ist oder nicht. Dauert die Krankheit eine Woche oder länger, so hat der Arbeitgeber die Krankmeldung des Arbeitnehmers innerhalb einer Woche an den sogenannten Arbodienst oder an den Betriebsarzt zu melden. Nach sechs Wochen Krankheit muss der Arbeitnehmer zu einem Gespräch beim Arbodienst oder Betriebsarzt erscheinen. Auch der UWV (die niederländische Arbeitsbehörde) muss bei langanhaltender Krankheit eingeschaltet werden.
b. Lohnfortzahlung im Krankheitsfall
In den Niederlanden muss der Arbeitgeber dem arbeitsunfähig gewordenen Arbeitnehmer vom ersten Tag seiner Krankheit an minimal 70% seines Gehalts für die Dauer von zwei Jahren fortzahlen. Bei Anwendung der gesetzlichen Regelung ist dieser Betrag zudem gedeckelt auf den sogenannten maximalen Tageslohn (maximaal dagloon).
Häufig wird jedoch arbeitsvertraglich vereinbart, dass zumindest eine bestimmt Zeit lang 100% des Gehalts weitergezahlt werden (z.B. sechs Wochen, sechs Monate oder im ersten Jahr). Auch aus einem Tarifvertrag können sich ggf. weitergehende Verpflichtungen für den Arbeitgeber ergeben. Viele Arbeitgeber schließen zur Abdeckung dieses Risikos eine Versicherung ab, da die Kosten insbesondere für kleine Unternehmen bei längerer Krankheit des Arbeitnehmers zu existentiellen Problemen führen können.
Weiter hat der Arbeitgeber auch die Verpflichtung, den Arbeitnehmer während seiner Krankheit zu begleiten und alles dafür zu tun, um ihm einen Wiedereinstieg in seinen Arbeitsplatz zu ermöglichen. Hieran muss auch der Arbeitnehmer mitarbeiten. Das Gesetz gibt hierbei einen strikten Rahmen vor, der unbedingt zu befolgen ist. Geschieht dies nicht, muss der Arbeitgeber unter Umständen das Gehalt über die zwei Jahre hinaus noch ein drittes Jahr lang fortzahlen.
c. Absolutes Kündigungsverbot
Das niederländische Recht sieht einen absoluten Kündigungsschutz für erkrankte Arbeitnehmer vor. Erst nach zwei Jahren kann der Arbeitgeber ggf. eine Kündigungsgenehmigung bei der Sozialbehörde (UWV) erwirken und kündigen. Dies ist auch ein Grund, warum eine geplante Kündigung im Vorfeld sorgfältig geheim zu halten ist, da Arbeitnehmer, die eine Kündigung vermuten, sich gern in die Krankheit flüchten.
d. Fehlzeitenversicherung in den Niederlanden
Grundsätzlich ist der Arbeitgeber für die Lohnfortzahlung selbst verantwortlich. Allerdings besteht die Möglichkeit, gegen dieses Risiko eine Versicherung abzuschließen („verzuimverzekering“), und dies empfehlen wir auch ausdrücklich. Gerne holen wir für Sie ein Angebot bei einem Anbieter für Fehlzeitenversicherungen ein, der auch ausländische Arbeitgeber ohne Eintragung im niederländischen Handelsregister akzeptiert.
2. Kann der Arbeitnehmer an seinem Wohnort in den Niederlanden im Homeoffice arbeiten?
Grundsätzlich ist es nach dem niederländischen Recht möglich, einen Arbeitnehmer in den Niederlanden zu 100% im Homeoffice zu beschäftigen.
Wenn ein Arbeitnehmer im Home-Office tätig ist und der Arbeitgeber keine feste Einrichtung in den Niederlanden hat, besteht allerdings das Risiko, dass eine Betriebsstätte begründet wird.
Nach der einschlägigen Steuerregelung kann ein Homeoffice als feste Geschäftseinrichtung und somit als "Homeoffice-Betriebsstätte" gelten.
Das Risiko einer Betriebsstättenbegründung kann gemindert werden, wenn der Arbeitnehmer vom Homeoffice aus lediglich unterstützende Tätigkeiten ausübt. Es ist daher in jedem Einzelfall zusammen mit einem Steuerberater zu prüfen, ob der Arbeitnehmer das Homeoffice in den Niederlanden dem Arbeitgeber tatsächlich zur Verfügung stellen sollte und ob er von dort aus unterstützende oder leitende Tätigkeiten ausübt.
3. In welchem Land sind die Sozialabgaben zu zahlen?
In den Niederlanden gelten dieselben Regelungen für Sozialabgaben wie in anderen EU-Ländern: Grundsätzlich sind diese am Arbeitsort zu entrichten, wenn der Arbeitnehmer dort auch wohnt, unabhängig vom Firmensitz. Bei Tätigkeit in mehreren EU-Staaten werden die Abgaben im Wohnsitzstaat abgeführt, sofern dort mindestens 25% der Arbeit geleistet wird. Für die Lohnabrechnung in den Niederlanden gibt es kein offizielles Modell, jedoch ist es aufgrund der komplexen und sich häufig ändernden Vorschriften ratsam, einen spezialisierten Dienstleister mit der Gehaltsabwicklung zu beauftragen.
4. Anmeldung des Arbeitnehmers und Abführung der Sozialabgaben in den Niederlanden
In den Niederlanden ist der Arbeitgeber für die Anmeldung des Arbeitnehmers bei den Sozialversicherungsträgern verantwortlich. Auch ist der Arbeitgeber verpflichtet, sowohl den Arbeitgeber- als auch den Arbeitnehmeranteil der Sozialversicherungsbeiträge abzuführen. Er muss den Arbeitnehmeranteil vom Gehalt einbehalten und zusammen mit dem Arbeitgeberanteil an die zuständigen Stellen überweisen. Die meisten Sozialversicherungsbeiträge werden über die niederländische Steuerbehörde (Belastingdienst) abgewickelt.
5. Wer führt in den Niederlanden die Lohnsteuer ab?
In den Niederlanden ist der Arbeitgeber für die Abführung der Lohnsteuer verantwortlich. Die Lohnsteuer wird vom Bruttogehalt des Arbeitnehmers einbehalten. Der Arbeitgeber überweist die einbehaltene Lohnsteuer gemeinsam mit den einbehaltenen Sozialversicherungsbeiträgen an die niederländische Steuerbehörde (Belastingdienst).
6. Die Online-Meldepflicht bei Entsendung von Personal in die Niederlande
Die Niederlande haben am 1. März 2020 eine Meldepflicht für ausländische Unternehmen eingeführt, die Arbeitnehmer zur Ausführung von Werk- oder Dienstleistungen in die Niederlande entsenden. Diese Regelung betrifft auch Selbstständige, die vorübergehend Aufträge in den Niederlanden ausführen. Vor Aufnahme der Tätigkeit ist eine Meldung über ein Online-Portal des niederländischen Sozialministeriums erforderlich. Dieses Portal ist in niederländischer und englischer Sprache verfügbar und über den nachstehenden Link abrufbar: https://meldloket.postedworkers.nl.
Die niederländische Arbeitsinspektion (Inspectie ZWS) ist für die Meldung sowie für die Kontrolle zuständig. Niederländische Unternehmen, die ein ausländisches Unternehmen oder einen meldepflichtigen Selbständigen aus einem anderen EU-Staat für eine vorübergehende Tätigkeit in den Niederlanden anheuern wollen, sind dazu verpflichtet, die korrekte Ausführung der Meldung zu überprüfen.
Im Rahmen der Meldung müssen folgende Informationen übermittelt werden:
- Identität der Person, die die Meldung durchführt
- Angaben zum ausländischen Unternehmen
- Identität des/der Arbeitnehmer(s)
- Angaben zur Kontaktperson in den Niederlanden
- Angaben zum niederländischen Kunden bzw. Auftraggeber
- Sektor, in dem in den Niederlanden gearbeitet wird
- Adresse des Einsatzortes
- Art und erwartete Zeitraum der Tätigkeit
- Identität der Person, die für die Zahlung des Lohns verantwortlich ist (der Arbeitgeber)
- Enddatum der Arbeitserlaubnis, sofern der Arbeitnehmer einem Drittstaat angehört
- Vorhandensein einer sozialversicherungsrechtlichen A1-Bescheinigung
Die Meldepflicht in den Niederlanden bringt einige Ausnahmen und Sonderregelungen mit sich, die es zu beachten gilt. Während die Vorschrift grundsätzlich für ausländische Unternehmen gilt, müssen Selbstständige nur in bestimmten Branchen eine Meldung abgeben. Besonders zu erwähnen sind hier der Transportsektor und die Arbeitnehmerüberlassung, für die spezielle Bestimmungen gelten. Eine Erleichterung gibt es für kleinere Betriebe: Unter gewissen Umständen reicht es aus, wenn sie ihre Aktivitäten nur einmal im Jahr melden. Erfreulich für viele Geschäftsreisende ist, dass bei einigen kurzfristigen Tätigkeiten ganz auf eine Meldung verzichtet werden kann. Dies betrifft beispielsweise Geschäftstreffen, dringende Wartungs- oder Reparaturarbeiten sowie die Teilnahme an Kongressen. Diese Ausnahmen sorgen dafür, dass der alltägliche Geschäftsverkehr nicht unnötig erschwert wird. Dennoch bleiben sicherlich viele Fragen offen, wenn es um die Details der Meldepflicht für ausländische Unternehmen in den Niederlanden geht. Zögern Sie nicht, sich bei Unklarheiten an uns zu wenden, um alle Vorschriften korrekt umzusetzen und mögliche Stolperfallen zu vermeiden.
7. Kann der Arbeitnehmer in den Niederlanden einen Dienstwagen mit deutschem Kennzeichen fahren?
Grundsätzlich muss jede in den Niederlanden lebende Person, die ein Auto fährt, zwingend die entsprechenden Steuern in den Niederlanden zahlen (motorrijtugenbelasting MRB, die jährlich fällig wird, und "belasting personenautos en motorrijwielen", BPM, die einmalig beim Erwerb des Neufahrzeugs fällig wird). Wenn man ein neues oder gebrauchtes Fahrzeug aus dem Ausland einführt, ist die BPM ebenfalls zum Zeitpunkt der Einfuhr fällig. Die BPM ist sehr hoch, sie ist eine Art Luxuseinfuhrsteuer. Je nach CO2-Emissionen des Autos und dem Alter des Autos kann die BPM 10.000 EUR oder mehr betragen. Grundsätzlich wird der Nutzer des Fahrzeugs die BPM schulden, in diesem Fall also der Arbeitnehmer.
Es gibt eine Ausnahme: So ist es möglich, in den Niederlanden einen Dienstwagen mit ausländischem Kennzeichen zu fahren, sobald der Arbeitgeber eine Erklärung abgibt, dass das Fahrzeug überwiegend (> 70 %) außerhalb der Niederlande genutzt wird. Der Arbeitnehmer muss dann ein Formular ausfüllen, bevor er das Fahrzeug in den Niederlanden nutzt, und die entsprechende Erklärung sowie einige andere Unterlagen mit senden. Das Formular findet sich hier: https://www.belastingdienst.nl/wps/wcm/connect/bldcontentnl/themaoverstijgend/programmas_en_formulieren/vrijstelling_bpm__vrijstelling_bpm_werknemer
Sofern ein Mitarbeiter weniger als 70% außerhalb der Niederlande fahren wird, ist die Zurverfügungstellung eines Dienstwagens mit deutschem Kennzeichen nicht möglich. In diesem Fall empfiehlt es sich eher, dem Mitarbeiter entweder einen Mietwagen anzubieten, eine Kostenerstattungsregelung für die Nutzung des Privatfahrzeugs anzubieten oder einen Leasingvertrag mit einem niederländischen Leasing-Unternehmen abzuschließen. Vor allem letzteres gestaltet sich für ausländische Unternehmen mitunter schwierig. Wir können Ihnen dabei behilflich sein.
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Unsere deutschsprachige CBBL-Anwältin in Amsterdam, Frau Rechtsanwältin Dr. Wiebke Bonnet-Vogler, berät Sie gerne: bonnet-vogler@cbbl-lawyers.de, Tel. +31205747474
Stand der Bearbeitung: September 2024