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CBBL Rechtsanwalt und Advocaat Prof. Dr. Robin van der Hout, LL.M., Kanzlei Kapellmann und Partner Rechtsanwälte mbB, Brüssel
Prof. Dr. Robin van der Hout, LL.M.
Rechtsanwalt und Advocaat
Kapellmann und Partner Rechtsanwälte mbB, Brüssel

Aktuelles zum Kartellrecht und EU-Recht

EuGH: Vermietete Immobilie begründet noch keine feste Niederlassung

17.01.2022

Eine in einem Mitgliedstaat vermietete Immobilie stellt keine feste Niederlassung dar, wenn der Eigentümer der Immobilie nicht über eigenes Personal für die Leistungsbewirkung in Zusammenhang mit der Vermietung verfügt.

Von unserem deutschsprachigen CBBL-Anwalt in Brüssel, Herrn Rechtsanwalt und Advocaat Prof. Dr. Robin van der Hout, LL.M., vanderhout@cbbl-lawyers.de, Tel. +32 - 2 - 234 11 60, www.kapellmann.de

Der EuGH gibt in seinem Urteil C-931/19 vom 03.06.2021 damit der Niederlassungsfreiheit gegenüber fiskalischen Interessen den Vorzug, auch wenn die Aufteilung der Besteuerungsbefugnisse als solche den Mitgliedstaaten überlassen ist.

Umsatzsteuerrechtliche Vorgänge werden den Mitgliedsstaaten nach territorialen Grundsätzen zugeordnet. Eine Besteuerung von Umsätzen erfolgt demnach, wenn ein Anknüpfungspunkt im Inland gegeben ist, mit anderen Worten: Eine Niederlassung im Sinne des Art. 11 MwStVO vorliegt.

Das Steuerrecht kann erhebliche Auswirkungen auf die Funktionsfähigkeit des Binnenmarkts haben. Die Finanzverwaltungen haben den Begriff der Niederlassung bislang, wohl aus fiskalischen Gründen, zum Teil recht großzügig ausgelegt. So machte die österreichische Regierung geltend, dass als Ort einer Dienstleistung in Zusammenhang mit einem Grundstück der Ort gelte, an dem das Grundstück belegen sei, ohne dass es auf eine personelle Ausstattung ankäme. Die deutsche Finanzverwaltung käme durch die Regelung des § 13b.11 Abs.2 S.2 Umsatzsteuer-Anwendungserlass (UStAE) zu keinem anderen Ergebnis.

Genau auf das Erfordernis einer personellen Ausstattung stellte jedoch das Unternehmen Titanium ab und hat nun vor dem EuGH Recht bekommen. Der Gerichtshof hat – wenn auch mit knapper Begründung – dasjenige klargestellt, was auch der Wortlaut des Art. 11 MwStVO nahe legt:
Eine Niederlassung ist nur dann anzunehmen, wenn dort eigenes Personal tätig ist. Titanium hatte zwar einen Dienstleister mit der Verwaltung der Immobilie in Österreich betraut, sich aber – und hierauf kam es maßgeblich an – die Entscheidungsgewalt über wichtige Fragen in Zusammenhang mit der Immobilie vorbehalten.

Die vom EuGH entwickelten Grundsätze dürften sich auch auf andere Geschäftsmodelle, wie beispielsweise den Betrieb von Windkraftanlagen ohne eigenes Personal, übertragen lassen. In seiner Entscheidung gibt der EuGH auch einen Hinweis darauf, wann die Niederlassungsfreiheit nach Unionsrecht wirksam ausgeübt wird.

Auf die Niederlassungsfreiheit kann sich danach berufen, wer eine wirtschaftliche Tätigkeit tatsächlich ausübt, also über eine Niederlassung verfügt. Die Anforderung, welche an das Erfordernis einer Niederlassung zu stellen sind, können nicht abstrakt, sondern nur einzelfallbezogen bestimmt werden. Sind keine Aktivitäten zu verzeichnen, fehlt es jedenfalls an der tatsächlichen Ausübung einer Tätigkeit.

Für den Fall einer Vermietung lässt der EuGH nun also erkennen, dass sich auf die Niederlassungsfreiheit auch berufen kann, wer kein eigenes Personal im fremden Mitgliedsstaat einsetzt, sondern dort lediglich in Zusammenhang mit vorhandenem Grundstückseigentum rechtliche Verpflichtungen eingeht und eine Gegenleistung hierfür erhält.

Abschließend lässt sich sagen, dass Unternehmen, welche im Land der Vermietung nicht der Umsatzsteuer unterliegen wollen, darauf achten sollten, Dienstleistern keine für ihre geschäftliche Tätigkeit wesentlichen Entscheidungen zu übertragen. Hier ist eine detaillierte und transparente Vertragsgestaltung zu empfehlen. Weiterhin sollte fremdes Personal nicht in den eigenen Räumlichkeiten beschäftigt werden, um den Anschein einer Umsatzsteuerpflichtigkeit von vornherein zu vermeiden.

Sie haben weitere steuerrechtliche Fragen zu Mietverhältnissen bzw. der Definition einer Niederlassung nach EU-Recht? Sprechen Sie uns an!

Unser deutschsprachiger CBBL-Anwalt in Brüssel, Herr Rechtsanwalt und Advocaat Prof. Dr. Robin van der Hout, LL.M., berät Sie gerne: vanderhout@cbbl-lawyers.de, Tel. +32 - 2 - 234 11 60, www.kapellmann.de