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CBBL Rechtsanwalt und Advocaat Prof. Dr. Robin van der Hout, LL.M., Kanzlei Kapellmann und Partner Rechtsanwälte mbB, Brüssel
Prof. Dr. Robin van der Hout, LL.M.
Rechtsanwalt und Advocaat
Kapellmann und Partner Rechtsanwälte mbB, Brüssel

Aktuelles zum Kartellrecht und EU-Recht

Europäische Kommission veröffentlicht Aktualisierung der Durchsetzungsbekanntmachung

18.10.2021

Die Europäische Kommission hat am 30. Juli 2021 die neue Bekanntmachung über die Durchsetzung der Vorschriften über staatliche Beihilfen durch die nationalen Gerichte veröffentlicht (Bekanntmachung der Kommission über die Durchsetzung der Vorschriften über staatliche Beihilfen durch die nationalen Gerichte (2021/C 305/01)). Diese ersetzt die Durchsetzungsbekanntmachung von 2009.

Von unserem deutschsprachigen CBBL-Anwalt in Brüssel, Herrn Rechtsanwalt und Advocaat Prof. Dr. Robin van der Hout, LL.M., vanderhout@cbbl-lawyers.de, Tel. +32 - 2 - 234 11 60, www.kapellmann.de

Im Folgenden bieten wir einen Überblick über die Neufassung.

Was regelt die Durchsetzungsbekanntmachung?

Der Schwerpunkt der Durchsetzungsbekanntmachung liegt, wie auch schon bei der Vorgängerfassung, auf der privaten Rechtsdurchsetzung. Sie informiert über die Verteilung der Befugnisse zwischen den Mitgliedstaaten und der Europäischen Kommission. Die Durchsetzungsbekanntmachung bietet nationalen Gerichten und anderen Beteiligten ferner praktische Informationen zur Durchsetzung der Beihilfevorschriften. Sie ist für die nationalen Gerichte jedoch nicht bindend. Die neue Bekanntmachung weist eine einfachere und verständlichere Struktur auf.

Welche Grundprinzipien gelten für die Durchsetzung des EU-Beihilferechts?

Die Durchsetzungsbekanntmachung wiederholt wichtige Grundprinzipien des EU-Beihilferechts wie das in Art. 108 Abs. 3 AEUV statuierte Durchführungsverbot, nach welchem die Mitgliedstaaten Beihilfemaßnahmen nicht durchführen dürfen, bevor sie von der Europäischen Kommission genehmigt wurden. Die anwendbaren nationalen Rechtsvorschriften dürfen bei der Anwendung des Artikels 108 Absatz 3 AEUV nicht ungünstiger sein als die, die bei ähnlichen internen Sachverhalten gelten (Grundsatz der Äquivalenz), und nicht so ausgestaltet sein, dass sie die Ausübung der durch die Unionsrechtsordnung eingeräumten Rechte praktisch unmöglich machen oder übermäßig erschweren (Grundsatz der Effektivität).

Wie ist das Verhältnis zwischen der Europäischen Kommission und den Behörden der Mitgliedstaaten?

Aus dem Durchsetzungsverbot folgt insbesondere, dass die nationalen Behörden nicht befugt sind, abschließende Entscheidungen zu erlassen, mit denen festgestellt wird, dass keine Verpflichtung zur Anmeldung der Beihilfe besteht. Damit zusammenhängend enthält die neue Fassung der Bekanntmachung detaillierte Hinweise zur Anwendung der Voraussetzungen der Deminimis-Verordnung und den Gruppenfreistellungsverordnungen durch die nationalen Gerichte und die Verwaltungsträger der Mitgliedstaaten.

Wie tragen die Gerichte der Mitgliedstaaten zur Durchsetzung des Beihilferechts bei?

Die Bekanntmachung erläutert die Zuständigkeiten der nationalen Gerichte bei der Anwendung der Beihilfevorschriften. So müssen sich die nationalen Gerichte nach Erlass eines Kommissionsbeschlusses an die Beurteilung des Vorliegens einer staatlichen Beihilfe durch die Europäische Kommission halten. Dies geht so weit, dass die nationalen Gerichte grundsätzlich die Konsequenzen aus einer Verletzung des Durchführungsverbots austenorieren müssen, einschließlich der Anordnung der Rückforderung sog. Rechtswidrigkeitszinsen (Zinsen, welche für die Dauer der formellen Rechtswidrigkeit einer Beihilfe anfallen). Die Gerichte der Mitgliedstaaten sind nicht befugt, Beschlüsse der Kommission für ungültig zu erklären. Die Unionsgerichte haben insoweit das Verwerfungsmonopol.

Hat die Kommission mittels eines Einleitungsbeschlusses ein Prüfverfahren eröffnet, hat dieses aber noch nicht abgeschlossen, müssen die nationalen Gerichte die Rechtslage berücksichtigen, die sich aus den bei der Europäischen Kommission laufenden Verfahren ergibt. Wurde beispielsweise ein Einleitungsbeschluss erlassen, so kann ein nationales Gericht nicht feststellen, dass die jeweilige Maßnahme keine Beihilfe i.S.d. Art. 107 Abs. 1 AEUV darstellt. Die nationalen Gerichte können jedoch anordnen, die Durchführung der in Rede stehenden Maßnahme auszusetzen und die Rückforderung der bereits gezahlten Beträge anzuordnen. Sie können auch andere einstweilige Maßnahmen erlassen.

Unterliegen die nationalen Gerichte besonderen Verfahrensvorschriften?

Grundsätzlich nein. Die Europäische Kommission hebt die Bedeutung des Grundsatzes der Verfahrensautonomie hervor. In der Vorgängerfassung stand dieser noch nicht im Vordergrund. Der Grundsatz der Verfahrensautonomie besagt, dass es Sache der nationalen Rechtsordnung der einzelnen Mitgliedstaaten ist, die Gerichte zu bestimmen, die für Verfahren betreffend die Gewährung rechtswidriger Beihilfen zuständig sind. Besonderes Augenmerk der Bekanntmachung liegt auf dem Grundsatz der Rechtskraft, nach welchem rechtskräftige Urteile nicht mehr infrage gestellt werden können, wenn der Rechtsweg erschöpft ist oder die ent-sprechenden Rechtsmittelfristen abgelaufen sind.

Dieser Grundsatz wurde für die Durchsetzung des Beihilferechts eingeschränkt. Der Umstand, dass ein nationales Gericht das Vorliegen einer staatlichen Beihilfe im Zusammenhang mit einer Maßnahme verneint hat, kann die Europäische Kommission nicht daran hindern, zu einem späteren Zeitpunkt festzustellen, dass es sich bei der fraglichen Maßnahme um eine rechtswidrige und mit dem Binnenmarkt unvereinbare staatliche Beihilfe handelt.

Können die nationalen Gerichte die Europäische Kommission um Unterstützung bitten?

Die nationalen Gerichte können die Europäische Kommission bitten, Informationen, welche sich im Besitz der Kommission befinden, zu übermitteln. Ferner können die nationalen Gerich-te die Kommission um Stellungnahmen zu Fragen, die die Anwendung der Beihilfevorschriften betreffen, ersuchen.

Als dritte Form der Zusammenarbeit zwischen den nationalen Gerichten und der Kommission sieht die neue Durchsetzungsbekanntmachung mündliche Stellungnahmen der Kommission vor (sog. Amicus-Curiae-Stellungnahme). Diese kann die Kommission aus eigener Initiative abgeben. Für das nationale Gericht ist die Stellungnahme jedoch nicht bindend.

Erfüllt die neue Durchsetzungsbekanntmachung ihren Zweck?

Die neue Fassung der Durchsetzungsbekanntmachung trägt der Entwicklung der aktuellen Rechtsprechung des EuGH Rechnung. Sie betont die Bedeutung der Zusammenarbeit zwischen den nationalen Gerichten und der Europäischen Kommission im Bereich des Beihilferechts. Die Bekanntmachung erfüllt dadurch ihren Zweck, dass sie den nationalen Gerichten und Verwaltungsträgern praktische Hinweise und Instrumente zur Durchsetzung des Beihilferechts zur Verfügung stellt.

Sie haben weitere Fragen zur Durchsetzungsbekanntmachung der Europäischen Kommission? Sprechen Sie uns an!

Unser deutschsprachiger CBBL-Anwalt in Brüssel, Herr Rechtsanwalt und Advocaat Prof. Dr. Robin van der Hout, LL.M., berät Sie gerne: vanderhout@cbbl-lawyers.de, Tel. +32 - 2 - 234 11 60, www.kapellmann.de