Über das neue Bürgerliche Gesetzbuch und das Gesetz über Handelskörperschaften wurde bereits viel gesagt. Da die Frist, in der Gesellschaften ihre Gesellschaftsverträge anzupassen haben, näher rückt,
... ?sollte nochmals an die grundlegendsten Änderungen im alltäglichen Leben von Körperschaften erinnert werden. Dabei handelt es sich bei Weitem nicht nur darum, dass zur Gründung einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung heute bereits 1 CZK ausreicht, oder um die Tatsache, dass ein verbuchtes Wertpapier eigentlich gar kein Wertpapier mehr ist.
Wissen Sie, dass...
- eine Aktiengesellschaft nur von einer Person geleitet werden kann?
- der neuen Regelung zufolge Kapitalgesellschaften bereits keinen Rücklagenfonds mehr bilden und ergänzen müssen?
- eine s.r.o. (GmbH) Anteile in Form von Wertpapieren ausgeben kann?
- sich Gesellschaften, die ihre Gesellschaftsverträge nicht an die neue Regelung anpassen, dem Risiko ihrer Auflösung aussetzen?
- sich die Vergütung der Organmitglieder grundlegend geändert hat?
Wichtigste Änderungen im Überblick
Durch das Inkrafttreten des Gesetzes über Handelsgesellschaften und Genossenschaften (nachfolgend nur „GHK“) ist es zum 1.1.2014 zu wichtigen Änderungen gekommen. Im folgenden Text wollen wir dabei auf die Änderungen eingehen, die für Unternehmer von größtem Interesse sein dürften, auch weil die wichtigsten Änderungen Gesellschaften mit beschränkter Haftung betreffen, dem wohl meistgenutzten Gesellschaftstyp.
Grundlegende Änderung ist die Streichung des Mindeststammkapitals bei einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung von 200.000 CZK. Das Stammkapital besteht laut GHK aus der Summe der Einlagen aller Gesellschafter, wobei die Mindesthöhe einer Einlage künftig 1 CZK beträgt (sofern natürlich der Gesellschaftsvertrag keine höhere Pflichteinlage regelt). Bei einem Alleingründer kann eine s.r.o. somit für eine einzige Krone gegründet werden. Der Gesetzgeber hat hier die Auffassung vertreten, dass das Stammkapital seinen Zweck, den Schutz der Gläubiger, nicht vollständig erfüllt. Es war nämlich kein Einzelfall, dass, obgleich die Pflicht galt, das Stammkapital in Mindesthöhe von 200.000 CZK zu bilden und es in dieser Höhe beizubehalten, Gläubiger, als sie die Befriedigung ihrer Forderungen aus dem Stammkapital gefordert haben, feststellen mussten, dass dieses nur eine Buchposition ist und Bankkonten ihres Schuldners leer sind. Daher wurde von der Forderung nach Bildung und Beibehaltung des Stammkapitals zum Teil abgegangen, und nach dem Vorbild ausländischer Regelungen wird nunmehr den sog. Insolvenztests größere Bedeutung bei gemessen. Dies betrifft allerdings nur s.r.o., Aktiengesellschaften haben auch weiterhin ein Grundkapital in Höhe von 2.000.000 CZK zu bilden.
Eine weitere finanzielle Entlastung ist der Wegfall der Pflicht, dass Kapitalgesellschaften einen Rücklagenfonds zu bilden und zu ergänzen haben. Bestehende Rücklagenfonds können somit aufgelöst und die Mittel aus ihnen unter die Gesellschafter aufgeteilt werden.
Das GHK enthält weiter eine weitaus flexiblere Regelung der Rechte und Pflichten der Gesellschafter. Die Gesellschaft kann nämlich im Gesellschaftsvertrag (dieser ist ein legislatives Kürzel, unter dem auch die Satzung und Gründungsurkunde verstanden werden) besondere Arten von Anteilen, bzw. die Ausgabe von Aktien mit Sonderrechten regeln. Diese Sonderrechte können z. B. ein bevorzugter Gewinnanteil oder ein größeres Gewicht der Stimmen bei der Abstimmung auf der Gesellschafterversammlung sein. Nicht uninteressant ist sicher auch, dass neben Aktiengesellschaften künftig auch der Anteil an einer s.r.o. durch ein Wertpapier, das sog. Stammblatt gebildet werden kann.
Änderungen haben auch die Regeln zu corporate governance erfahren. Die Anzahl der Organmitglieder und die Länge ihrer Amtsperiode können die Gesellschaften abweichend vom Gesetz regeln, so ist z. B. (auch wenn dieser Begriff recht sonderlich klingt) ein Ein-Mann-Aufsichtsrat möglich. Große Aktiengesellschaften begrüßen es sicher, dass aus dem GHK die obligatorische Wahl eines Teils der Aufsichtsratsmitglieder durch die Arbeitnehmer „herausgefallen“ ist. Aktiengesellschaften haben darüber hinaus nach dem Vorbild der europäischen Gesellschaften die Möglichkeit, das monistische System der Innenstruktur zu wählen, d.h. anstelle eines Vorstands und Aufsichtsrats einen geschäftsführenden Direktor und Verwaltungsrat zu ernennen. In diesem Zusammenhang ist sicher interessant, dass der Verwaltungsratsvorsitzende zugleich geschäftsführender Direktor sein kann und die Anzahl der Verwaltungsratsmitglieder erneut dispositiv geregelt ist. Die Mehrzahl der Autoren neigt so zur Ansicht, dass die Gesellschaft im Rahmen des monistischen Systems faktisch von einer einzigen Person geleitet wird.
Nachhaltig geändert haben sich die Regelung des Funktionsausübungsvertrages und der Haftung der Organmitglieder. Diese Änderungen würden einen eigenen Artikel ausfüllen, an dieser Stelle sollte jedoch zumindest erwähnt werden, dass das GHK das Prinzip verankert, dass, sofern im Funktions-ausübungsvertrag nichts anderes vereinbart wird, die Funktionsausübung unentgeltlich erfolgt. Das ist das genaue Gegenteil dessen, was früher im Handelsgesetzbuch geregelt war, und daher ist wahrscheinlich, dass eine ganze Reihe von vor dem 1.1.2014 abgeschlossenen Verträgen unter diese Annahme fällt. Bei der Revision der Kerndokumente der Gesellschaft ist somit auch an mögliche Änderungen der Funktionsausübungsverträge zu denken.
Wichtig ist auch der Hinweis, dass verschiedene Institute, die sich früher direkt aus dem Gesetz ergeben haben, künftig im Gesellschaftsvertrag zu verankern sind, da sie von der Gesellschaft anderenfalls nicht genutzt werden können. Beispiel ist die Zuständigkeit der Gesellschafterversammlung zur Entscheidung über eine Änderung des Inhalts des Gesellschaftsvertrages. Wenn der Gesellschaftsvertrag diese Zuständigkeit der Gesellschafterversammlung nicht ausdrücklich überträgt, kann der Gesellschaftsvertrag nur durch eine Vereinbarung aller Gesellschafter geändert werden, sofern diese Änderung nicht kraft Gesetzes erfolgt. Dies könnte insbesondere Gesellschaften mit ausländischer Beteiligung betreffen, wo es für die Gesellschafter problematischer ist, dass alle zur gleichen Zeit am gleichen Ort zusammenkommen. Beabsichtigt eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung, eine Zuschusspflicht zu bestimmen, ist im Gesellschaftsvertrag die maximale Höhe der Zuschüsse zu regeln.
Verschiedene Bestimmungen im Zusammenhang mit der Gründung der Gesellschaft, z. B. die Bestimmung des Einlagenverwalters, können wiederum nach Entstehung der Gesellschaft zur besseren Übersichtlichkeit aus dem Vertrag gestrichen werden.
Ist Ihr Gesellschaftsvertrag gültig?
Sollten Sie beim Studium des GHK bislang noch nicht am Ende bei den Übergangsbestimmungen angekommen sein, dürfte es Sie sicher unangenehm überraschen, dass das neue Gesetz die Fassung Ihres Gesellschaftsvertrages bereits direkt betroffen haben könnte. Die Bestimmung des § 777 Abs. 1 GHK regelt nämlich, dass alle gegen die zwingenden Bestimmungen des GHK verstoßenden Bestimmungen der Gesellschaftsverträge (d.h. die Bestimmungen, von denen die Gesellschafter im Gesellschaftsvertrag nicht abweichen dürfen), zum 1.1.2014 kraft Gesetzes aufgehoben wurden – verschiedene Bestimmungen Ihrer bestehenden Verträge müssen so überhaupt nicht mehr gültig sein, ohne dass Sie davon überhaupt wissen.
Bis zum 30.6.2014 haben alle Körperschaften ihre Gesellschaftsverträge mit den zwingenden Bestimmungen laut neuer Regelung in Einklang zu bringen. Sollten sie dieser Pflicht selbst in einer angemessenen Nachfrist auf Aufforderung des Registergerichts nicht nachkommen, kann das Gericht die Gesellschaft auflösen. Daher ist wichtig, dass die Gesellschaften, bzw. ihre Geschäftsführungsorgane sorgfältig prüfen, ob ihr Gesellschaftsvertrag dem GHK gerecht wird, da Höchststrafe die Liquidation der Gesellschaft sein kann.
Wer soll sich da bloß auskennen?
Trotzdem landet mit Inkrafttreten des GHK das Handelsgesetzbuch noch nicht im Papierkorb. Die alte Regelung gelangt nämlich auch künftig zum Teil auf vor Inkrafttreten des neuen Gesetzes gegründete Gesellschaften zur Anwendung. Diese werden einer doppelten Regelung unterliegen - weiterhin werden die Bestimmungen des Handelsgesetzbuches genutzt, in denen Rechte und Pflichten der Gesellschafter geregelt sind und die nicht gegen die zwingenden Bestimmungen des GHK verstoßen, und von denen die Gesellschafter im Gesellschaftsvertrag nicht abgewichen sind, da sie kraft Gesetz Inhalt der Gesellschaftsverträge werden. Die neue Regelung hingegen ist in allen anderen Fällen zu nutzen.
Dies führt allerdings zu mehreren Problemen. Zum einen ist in jedem Einzelfall zu prüfen, ob die alte oder neue Regelung Anwendung zu finden hat, zum anderen existiert eine gewisse „Grauzone“, wo nicht ganz klar ist, ob die entsprechende Regel dispositiv ist, oder ob es sich inhaltlich um eine Rechte und Pflichten der Gesellschafter regelnde Bestimmung handelt – d.h. ob vom Handelsgesetzbuch ausgegangen werden kann oder ob das GHK anzuwenden ist. Diese Auslegungsprobleme müssen erst noch durch die Auslegungspraxis behoben werden.
Dieser gewissen Zweigleisigkeit kann durch das sog. opt-in aus dem Weg gegangen werden, d.h. dass sich die Gesellschaft durch eine Entscheidung der Gesellschafterversammlung und die anschließende Eintragung in das Handelsregister dem GHK als Ganzem unterwirft. Infolge dessen wird sich das weitere Leben der Körperschaft, ihrer Gesellschafter und Organmitglieder bereits nur nach dem Gesetz über Handelskörperschaften richten, was neben Rechtssicherheit und Übersichtlichkeit der Körperschaft auch die volle Nutzung der neuen Institute möglich macht.
In den Kalender eintragen!
Wie bereits gesagt, für die Anpassung der Gesellschaftsverträge an die zwingenden Bestimmungen des GHK haben die Gesellschaft nur noch bis zum 30. 6. 2014 Zeit, bzw. bis Ablauf der in der Aufforderung des Registergerichts gesetzten Nachfrist. Wenn Sie also meinen, dass die obligatorischen Äderungen gerade Ihre Gesellschaft betreffen könnten, ist es allerhöchste Zeit, damit zu beginnen.
Die Unterwerfung unter das Gesetz über Handelskörperschaften als Ganzes (d.h. Vornahme des „opt-in“) kann bis zum 31.12.2015 erfolgen. Da jedoch zahlreiche Gesellschaften ihre Gesellschaftsverträge bereits jetzt ändern müssen, da sie mit den zwingenden Bestimmungen des GHK in Einklang zu bringen sind, und auch angesichts der vorstehend angeführten neuen Möglichkeiten, sollte überlegt werden, ob nicht auch das opt-in bereits jetzt vollzogen und so allen Aufforderungen, die die Neuregelung mit sich gebracht hat, durch eine einzige notarielle Niederschrift nachgekommen werden sollte.