Zollrecht und Zertifizierungsvorschriften in Russland
Von unserem deutschsprachigen CBBL-Anwalt in Moskau, Herrn Rechtsanwalt Thomas Brand, brand@cbbl-lawyers.de, Tel. +7 - 495 - 662 33 65, www.bbpartners.ru
1. Zollrecht
Mit dem Inkrafttreten des Zollgesetzbuches am 1. Januar 2004 sollte nach dem Willen des Gesetzgebers auch ein grundlegendes Umdenken in den Zollbehörden stattfinden. Der russische Zoll sollte sich von einem reinen Kontrollorgan zu einem Dienstleister entwickeln und den russischen Außenhandel fördern. Tatsächlich wurde die Behörde 2004 in einen „Föderalen Zolldienst“ umgewandelt und am 11. Mai 2006 der russischen Regierung unterstellt.
Russland, Kasachstan und Weißrussland Ende 2009 die Gründung einer Zollunion beschlossen. Seit Juli 2010 gelten einheitliche Zolltarifnummer (derzeit gilt die in Verbindung mit dem WTO-Beitritt Russlands angepasste Version) und ein einheitliches Zollgesetzbuch. Um eine einheitliche Rechtsgrundlage zu schaffen, haben die Mitgliedstaaten der Zollunion eine Reihe von Abkommen abgeschlossen. Es wurden auch auf der nationalen Ebene gewisse Maßnahmen ergriffen, um die Unstimmigkeiten bei Widersprüchen zwischen den Vorschriften der Zollunion und den Gesetzen des jeweiligen Mitgliedstaates abzuschaffen. Es gilt seit 2011 das Föderale Gesetz Nr. 311-FZ vom 27. November 2010 „Über die Zollregulierung in der Russischen Föderation“.
Ab 2012 wurde der Übergang zu einer neuen Stufe der Integration zum einheitlichen Wirtschaftsraum verkündet, der sich auf die Grundsätze und Normen der WTO stützen soll. Im Jahr 2014 wurde die Eurasischen Wirtschaftsunion (EAWU) gegründet. Im April 2017 wurde das neue Zollgesetzbuch der EAWU verabschiedet, es soll in Kürze nach der Ratifizierung in den entsprechenden Ländern in Kraft treten.
Von allen behördlichen Vorgängen wird die Einfuhrabwicklung in Russland wegen ihrer Umständlichkeit am meisten beklagt. Allerdings wurden in der letzten Zeit einige Schritte vorgenommen, um dies zu bekämpfen. Es wurde die Deklarierung im elektronischen Wege eingeführt, auch die vereinfachte Deklarierung und weitere Vergünstigungen für sogenannte „befugte Wirtschaftsbeteiligte“ vorgesehen.
Nur der Importeur, also der russischen Abnehmer, kann als „Zolldeklarant“ im Sinne des russischen Zollrechts auftreten. Des Weiteren können als Zolldeklaranten ausschließlich russische Personen (Unternehmen oder natürliche Personen) auftreten. Ausländische Unternehmen können nur in bestimmten Fällen, wie z.B. bei der Einfuhr von Waren an Vertretungen ausländischer Unternehmen, die für deren Eigenbedarf nach Russland eingeführt werden, selbst als Deklarant auftreten. In der Regel sollte sich der ausländische Lieferant daher nicht zur Verzollung der Waren in Russland verpflichten. Zolldeklaranten bedienen sich in der Regel eines professionellen Zollvertreters, der die Zollabfertigung übernimmt. Auf dubiose Praktiken mit doppelten Lieferscheinen sollte nicht eingegangen werden. Bei ex works Lieferungen an russische Abnehmer wird oft so verfahren.
Die Zollgebühr ist bei der Zollabfertigung zu entrichten, sofern kein Zollverfahren gilt, dass einen Zahlungsaufschub zulässt. Das ZollGB der Zollunion legt insgesamt 17 Zollverfahren fest. Maßgeblich für die Höhe der Zollgebühren ist die Bestimmung des Zollwertes. Die Grundsätzliche Methode ist hierbei die Festlegung des Zollwertes aufgrund des Geschäftspreises der eingeführten Ware. Zu beachten ist, dass zum Geschäftswert der eingeführten Ware der Erwerbspreis sowie die Versicherungssumme, Transportkosten bis zur Zollgrenze der Zollunion, Lizenzgebühren unter bestimmten Voraussetzungen und sonstige Ausgaben gezählt werden. Die Zollzahlungen bestehen im Einzelnen aus Einfuhr- und Ausfuhrzöllen, der bei der Einfuhr erhobenen Einfuhrmehrwertsteuer und Akzisen sowie sonstigen Gebühren (Verwaltungsgebühren für Abfertigung, Aufbewahrung etc.). Falls der Warenwert, der zwischen Mutter- und Tochtergesellschaft bzw. verbundenen Unternehmen vereinbart wurde, den Zollbehörden zu niedrig erscheint, so kann der Wert entsprechend korrigiert werden.
Die Zollverfahren sind:
- Zulassung zum inneren Verbrauch;
- Ausfuhr (Export);
- Zolllager;
- zeitweilige Ausfuhr;
- Re-Export;
- Vernichtung;
- Verzicht zugunsten des Staats;
- Sonderzollverfahren (für einzelne Warenkategorien);
- Zolltransit;
- Vorübergehende Einfuhr;
- Veredelung im Zollgebiet;
- Veredelung außerhalb des Zollgebiets;
- Veredelung zum inländischen Verbrauch (Umwandlungsverfahren);
- Re-Import;
- Zollfreier Handel;
- Freie Zollzone;
- Freilager.
2. Zertifizierungspflichten
Ein Großteil von Waren und Anlagen, die nach Russland eingeführt werden, sind nach russischem Recht (GOST-R) bzw. nach dem Recht der Eurasischen Wirtschaftunion (EAC) zertifizierungspflichtig. Die Zertifizierung ist der CE-Kennzeichnung bzw. der Zertifizierung nach anderen internationalen Standards ähnlich. Das russische Recht sowie das Recht der EAWU erkennen die europäischen Qualitätszertifikate nicht unmittelbar an. Ohne entsprechende Zertifikate ist keine legale Einfuhr nach Russland möglich.
Am 14. Februar 2010 ist ein neues einheitliches Warenverzeichnis für zwingend zu zertifizierende Waren in Kraft getreten, darüber hinaus gilt für bestimmte Waren nunmehr ein vereinfachtes Verfahren, um den Zertifizierungsaufwand für Unternehmen zu reduzieren. Insgesamt bleiben die technischen Regulierungen aber kompliziert und aufwendig.
Zertifizierungspflichtig sind u.a. Waren, die wichtig für die Sicherheit und Gesundheit des Verbrauchers sind (z.B. Lebensmittel, Medikamente, Textilien, elektrische Geräte etc.), Produktionsstätten und Fertigungslinien, Maschinen und Anlagen mit besonderem Gefährdungspotential, technische Ausrüstungen (z.B. Druckbehälter, Hebevorrichtungen, Pumpen, Bergbauausrüstung, Ausrüstungen für die petrochemische Industrie, Öl und Gas sowie Metallurgie und andere Industrien), Waren, Ausrüstungen und Geräte, die feuerschutzrelevant sind, chemische Produkte für den Agrarbereich etc.
Neben der Zertifizierung können weitere Genehmigungen und Bestätigungen notwendig sein, damit waren nach Russland importiert werden können. So benötigen z.B. Maschinen, Ausrüstungen und Anlagen in gefährlichen Industrieobjekten zusätzlich eine Betriebsgenehmigung, die durch Rostechnadsor erteilt wird. In vielen Fällen sind auch ein Gutachten des Rospotrebnadzor sowie die staatliche Registrierung der Ware erforderlich (z.B. für technologische Ausrüstung oder Anlagen für die Lebensmittel- oder Pharmaindustrie) oder auch Brandschutzzertifizierungen. Für gewisse Produkte (z.B. Medizintechnik) gelten weitere Sonderzulassungsvorschriften.
Die nötigen Zertifizierungen können entweder vom Hersteller bzw. Lieferanten selbst vorgenommen, aber auch vom Kunden übernommen werden. Dies ist im jeweiligen Vertrag klarzustellen. Die Zertifizierung ist teilweise mit erheblichen Kosten verbunden und häufig langwierig. Sowohl in Österreich als auch Deutschland gibt es beliehene Stellen, die Zertifikate nach russischem Recht erteilen dürfen (z.B. DIN-GOST-TÜV in Berlin).
Derzeit werden die GOST-Standards systematisiert, dabei wird eine Umstellung auf gemeinsame technische Reglements auf der Ebene der Zollunion beabsichtigt, die bereits teilweise vorgenommen wurden.
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Unser deutschsprachiger CBBL-Anwalt in Moskau, Herr Rechtsanwalt Thomas Brand, steht Ihnen gerne zur Verfügung: brand@cbbl-lawyers.de, Tel. +7 - 495 - 662 33 65
Stand der Bearbeitung: 22. Mai 2017