Erbrecht in den USA
Von unserer deutschsprachigen CBBL Anwältin in Seattle, Frau Rechtsanwältin Nadja Vietz, vietz@cbbl-lawyers.de, Tel. +1 - 206 224 5657, www.harrisbricken.com
Wichtige Informationen für US-Ausländer, die Vermögen in den USA erben
- In welchen Fällen bin ich als US-Ausländer vom US-amerikanischen Erbrecht betroffen?
- Was ist die Nachlasssteuer (sog. Estate Tax) in den USA?
- Wie wird die Nachlasssteuer in den USA berechnet?
- Welche Ausnahmen und Freibeträge gelten in den USA für die Nachlasssteuer?
- Gibt es in den USA weitere Nachlass- oder Erbschaftsteuern?
- Wann besteht für nicht in den USA ansässige Erben eine Verpflichtung zur Zahlung von Einkommensteuer in den USA?
- Sind internationale Steuerabkommen zu beachten, wenn ein US-Ausländer Vermögen in den USA erbt?
- Können Sie Erbschaftsteuerpflichten in den USA im Voraus planen?
- Wie können Steuerpflichten in den USA gemindert werden?
- Was ist zu tun, wenn Sie in einen Erbschaftsstreit verwickelt sind?
- Haben Sie weitere Fragen zum Erbrecht in den USA und benötigen Unterstützung?
1. In welchen Fällen bin ich als US-Ausländer vom US-amerikanischen Erbrecht betroffen?
Dank der Globalisierung haben viele Menschen Verwandte im Ausland. Das gilt vor allem für den Kundenstamm einer international tätigen Anwaltskanzlei, wie die unsere! Wenn Sie außerhalb der USA leben und Verwandte in den USA haben, werden Sie vielleicht eines Tages erfahren, dass Onkel Theodore oder Tante Hester Sie in ihrem Testament bedacht haben. Sie könnten auch feststellen, dass Onkel Theodore oder Tante Hester, die vielleicht zum Zeitpunkt ihres Todes selbst außerhalb der USA lebten, Ihnen in den USA belegene Vermögenswerte, etwa Immobilien, Privatbesitz oder Wertpapiere von US-Unternehmen, vermacht haben.
Gerade der Erwerb von Wertpapieren ist der typische Fall für US-Ausländer, die Vermögen in den USA erben. Zurzeit halten ausländische Investoren US-Aktien im Wert von über 6 Billionen Dollar und ein beträchtlicher Teil davon (ca. 20 Prozent) entfällt auf Privatpersonen. Nach Angaben der Bundessteuerbehörde („U.S. Internal Revenue Service – IRS“) unterliegen Aktien von Unternehmen, die in den USA oder nach US-Recht gegründet wurden, auch dann der US-amerikanischen Erbschaftsteuer, wenn der verstorbene, nicht in den USA ansässige Eigentümer die Aktien im Ausland hielt oder sie auf den Namen eines Bevollmächtigten registrierte. Auch wenn Sie US-Bürger sind und in den USA belegenes Vermögen erben, unterfällt das Erbe möglicherweise der Erbschaftsteuer.
2. Was ist die Nachlasssteuer (sog. Estate Tax) in den USA?
Die Nachlasssteuer ist rechtlich gesehen vom Erblasser zu zahlen, da sie das Recht besteuert, im Falle des eigenen Todes Eigentum zu übertragen, wobei der Verstorbene fast immer eine gewisse Unterstützung benötigt! Die logische Folge ist, dass Erbschaften kein steuerpflichtiges Einkommen des Erben im Sinne der Einkommensteuer darstellen. Der Vollstrecker für den Nachlass eines Nicht-Residenten und Nicht-US-Bürgers muss immer dann eine Nachlasssteuererklärung abgeben, wenn der Marktwert des in den USA belegenen Vermögens des Erblassers zum Zeitpunkt des Todes 60.000 Dollar übersteigt. Für US-Bürger beträgt die Wertgrenze zum jetzigen Zeitpunkt 11,7 Mio. Dollar. Der Höchststeuersatz beträgt für alle steuerpflichtigen Nachlassübertragungen 40 Prozent. Dies entspricht dem Spitzensteuersatz, da der Nachlasssteuerfreibetrag die für den Spitzensteuersatz maßgebliche Schwelle überschreitet.
3. Wie wird die Nachlasssteuer in den USA berechnet?
Die Erbschaftsteuererklärung enthält eine Aufstellung aller Vermögenswerte, die der Erblasser zum Zeitpunkt seines Todes besaß oder an denen er in gewissem Umfang beteiligt war. Die Gesamtsumme dieser Vermögenswerte ergibt den „Brutto-Nachlass“ (sog. Gross Estate). Dabei ist der Marktwert (d. h. nicht der Anschaffungswert) der Vermögenswerte zugrunde zu legen. Nach Berechnung des Brutto-Nachlasses sind bestimmte Abzüge (sowie unter besonderen Umständen Wertminderungen) vorzunehmen, um den „steuerpflichtigen Nachlass“ (sog. Taxable Estate) zu ermitteln. Zu den Abzügen gehören Hypotheken und andere Schulden, Ausgaben für die Nachlassverwaltung sowie Vermögen, welches an den überlebenden Ehegatten oder bestimmte Wohltätigkeitsorganisationen übergeht. Nach Berechnung des steuerpflichtigen Nachlasses wird der Wert der steuerpflichtigen Schenkungen zu Lebzeiten (seit dem Jahr 1977) hinzugerechnet. Anschließend kann der Steuerbetrag berechnet werden.
4. Welche Ausnahmen und Freibeträge gelten in den USA für die Nachlasssteuer?
Für US-Bürger ist für die Mehrheit von Nachlassen (Bargeld, börsennotierte Wertpapiere oder geringe Beträge anderer leicht bewertbarer Vermögenswerte, die keine Besonderheiten wie Abzüge oder Wahlmöglichkeiten oder gemeinsames Eigentum aufweisen) eine Nachlasssteuererklärung nicht abzugeben. Eine solche ist nur bei Nachlässen mit einem Gesamtbruttovermögen zuzüglich früherer steuerpflichtiger Schenkungen von mehr als 11,7 Mio. Dollar (Wert für 2021) erforderlich. Wie bereits erwähnt, liegt die Grenze für nicht in den USA ansässige Nicht-US-Bürger bei 60.000 Dollar.
Des Weiteren ist zu beachten, dass der Nachlasssteuerfreibetrag zwischen Ehegatten übertragen werden kann. Der überlebende Ehegatte kann daher den ungenutzten Freibetrag des verstorbenen Ehegatten für sich in Anspruch nehmen. Damit ergibt sich für verheiratete Paare ein Nachlasssteuerfreibetrag von 22,36 Mio. Dollar im Jahr 2021, vorausgesetzt, es wurden keine Bildungs- oder Krankheitsausgaben getätigt oder Schenkungen zu Lebzeiten vorgenommen, die den jährlichen Freibetrag für steuerfreie Schenkungen überschritten.
5. Gibt es in den USA weitere Nachlass- oder Erbschaftsteuern?
Zusätzlich zur bundesstaatlichen Nachlasssteuer erheben viele Staaten eigene Erbschaftsteuern. Der Erbschaftsteuerfreibetrag kann, wenn ein solcher überhaupt existiert, deutlich geringer sein als der bundesstaatliche Freibetrag. Außerdem erheben einige Staaten keine Nachlasssteuer auf das Vermögen des Erblassers, sondern erheben Erbschaftsteuern auf die Verteilung des Erbes an die Erben. (Maryland erhebt sogar sowohl eine Nachlass- als auch eine Erbschaftssteuer.)
Ein weiterer Grund, einen guten Anwalt auf dem Gebiet des Erbschaftsteuerrechts zu konsultieren, ergibt sich aus der Tatsache, dass derzeit nur die Staaten Connecticut und Minnesota eine Schenkungsteuer erheben. Das bedeutet, dass in den übrigen Staaten die Erbschaftsteuer durch Schenkungen zu Lebzeiten erheblich reduziert oder sogar ganz umgangen werden kann.
6. Wann besteht für nicht in den USA ansässige Erben eine Verpflichtung zur Zahlung von Einkommensteuer in den USA?
In einigen Fällen können bestimmte Vermögenswerte des Nachlasses eine einkommensähnliche Komponente aufweisen. Diese kann eine Einkommensteuerverpflichtung für nicht in den USA ansässige Erben zur Folge haben. Zudem unterliegt der Vermögenserwerb durch ausländische Erben in der Regel einer bundesstaatlichen Quellensteuer (sog. Withholding Tax). Geldvermächtnisse unterliegen nicht der Einkommensteuer. Die am häufigsten vererbten mit einer Einkommensteuerverpflichtung einhergehenden Vermögenswerte sind Rentenzahlungen wie etwa IRAs oder 401Ks.
7. Sind internationale Steuerabkommen zu beachten, wenn ein US-Ausländer Vermögen in den USA erbt?
Je nach Ihren persönlichen Umständen können die Bestimmungen eines (oder mehrerer) Steuerabkommen Anwendung finden, die zwischen den USA und anderen Ländern vereinbart wurden. Erbschaftsteuerabkommen können gegenüber den allgemeinen Steuervorschriften deutlich günstigere Regelungen enthalten. Das US-Finanzministerium veröffentlicht hier den Text der derzeit geltenden Steuerabkommen. Es ist dennoch zu empfehlen, einen erfahrenen Anwalt auf dem Gebiet des Erbschaftsteuerrechts zu konsultieren.
8. Können Sie Erbschaftsteuerpflichten in den USA im Voraus planen?
Wenn Sie gerade die traurige Nachricht erhalten haben, dass Onkel Theodore oder Tante Hester verstorben sind, ist es zu spät, ihnen den Besuch eines Anwalts für die Planung des Erbfalles vorzuschlagen. Aber wenn Sie dies lesen und einen lebenden Onkel Theodore oder eine lebende Tante Hester haben, zu deren Vermögen in den USA belegene Immobilien oder Wertpapiere gehören, sollten Sie sich erkundigen, ob diese auf das Thema Erbschaftsteuer vorbereitet sind.
Denn auch wenn der Freibetrag für US-Bürger mit derzeit 11,7 Mio. Dollar hoch ist, ist er für Nicht-US-Bürger mit 60.000 Dollar sehr gering (siehe oben). Das bedeutet, dass privates Vermögen mit einem Marktwert von mehr als 60.000 Dollar mit 18-40 Prozent besteuert wird.
9. Wie können Steuerpflichten in den USA gemindert werden?
Investitionen können über eine Aktiengesellschaft, eine GmbH oder eine (unwiderrufliche) Treuhandgesellschaft getätigt werden. Jede dieser Anlageformen hat ihre Vor- und Nachteile (z.B. in Bezug auf Kapitalerträge und Einkommensteuer), die von den persönlichen Umständen des jeweiligen Anlegers abhängen. Auch hier ist eine Beratung durch einen Anwalt auf dem Gebiet des Erbschaftsteuerrechts zu empfehlen.
10. Was ist zu tun, wenn Sie in einen Erbschaftsstreit verwickelt sind?
Der Tod eines geliebten Menschen ist ein emotionaler Moment. In dieser Situation kann es vorkommen, dass die Erben oder Vermächtnisnehmer eines Verstorbenen mit der Verteilung des Erbes durch den Erblasser oder der Auslegung des Testaments nicht einverstanden sind. Streitigkeiten können auch über die Gültigkeit des Testaments oder die Testierfähigkeit des Erblassers zum Zeitpunkt der Errichtung des Testaments entstehen. Außerdem kann es zu Streitigkeiten über die Wahl des Testamentsvollstreckers durch den Erblasser kommen.
Im Common Law-System der USA – im Gegensatz zum zivilrechtlichen Erbrecht, das in den meisten Ländern Kontinentaleuropas, Asiens, Afrikas und anderen Ländern gilt – geht der Nachlass nicht direkt auf die Erben über, sondern wird von einem Testamentsvollstrecker oder einem gerichtlich bestellten Nachlassverwalter verwaltet, dem die Aufgabe zukommt, die Schulden des Erblassers zu begleichen und das Nachlassvermögen zu verteilen. Dabei ist zu beachten, dass der Testamentsvollstrecker oder der Nachlassverwalter nur für die Verwaltung der Nachlassverbindlichkeiten verantwortlich ist und nicht die Interessen der Erben und Vermächtnisnehmer vertritt.
Bei Streitigkeiten oder Bedenken bzgl. der Gültigkeit eines Testaments oder der Verteilung des Erbes kann es sinnvoll sein, ein Nachlassverfahren (sog. Probate) anzustrengen. In diesem Verfahren wird das Testament von einem Gericht „bestätigt“. Es wird festgestellt, dass das vorgelegte Testament echt ist, formwirksam errichtet, nicht widerrufen, von einem testierfähigen Erblasser als sein letzter Wille errichtet und somit ein wirksames Testament ist. Zudem kann der Wert der Erbmasse festgestellt, ausstehende Schulden und Steuern beglichen (was den Verkauf von Vermögenswerten erforderlich machen kann) und das Erbe an die Erben und Vermächtnisnehmer verteilt werden. Durch das Nachlassverfahren wird zudem der gesamte Prozess der Vermögensverteilung öffentlich gemacht und die Handlungen des Testamentsvollstreckers unterliegen der gerichtlichen Aufsicht. Dies kann in Fällen, in denen es zu Streitigkeiten kommt, von Vorteil sein. Es ist jedoch zu bedenken, dass das Verfahren Zeit und Geld kostet und die Verteilung der Erbmasse verzögert werden kann.
11. Haben Sie weitere Fragen zum Erbrecht in den USA und benötigen Unterstützung?
Vor allem bei Erbschaftsstreitigkeiten, die für alle Parteien kostspielig sein können, ist es entscheidend, einen erfahrenen Rechtsbeistand an seiner Seite zu haben, um die günstigste Lösung zu finden, sei es durch außergerichtliche Verhandlungen, Mediation oder ein Gerichtsverfahren. Da wir in mehr als 20 Ländern rund um den Globus tätig sind, können wir mit unseren Kenntnissen der verschiedenen Kulturen und Rechtskreise beide Seiten eines Rechtsstreits verstehen und so das beste Ergebnis für unsere Mandanten erzielen.
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Unsere deutschsprachige CBBL Anwältin in Seattle, Frau Rechtsanwältin Nadja Vietz, berät Sie gerne: vietz@cbbl-lawyers.de, Tel. +1 - 206 224 5657
Stand der Bearbeitung: November 2021