Ihre deutschsprachige Rechtsanwaltskanzlei auf Mauritius
CBBL - in Mauritius, Marco Zumpt, Kanzlei Attorneys Zumpt
Marco Zumpt
Rechtsanwalt
Attorneys Zumpt
Port Louis


Entschädigungszahlungen bei Projekten auf Mauritius


erstellt am 14.07.2025

Von unserem deutschsprachigen CBBL-Anwalt in Port Louis, Herrn Rechtsanwalt Marco Zumpt, zumpt@cbbl-lawyers.de, Tel. +27 21 555 0362, www.zumpt.co.za

Vertragsstrafen auf Mauritius: Ein rechtlicher Scheideweg

  1. Einführung zu Entschädigungszahlungen bei Projekten auf Mauritius
  2. Der britische Ansatz: Von der Vorabschätzung des Schadens bis zur berechtigten Zinserhebung
  3. Der Ansatz in Singapur: Zurück zu den traditionellen Grundsätzen
  4. Der Ansatz auf Mauritius: Moderate Vollstreckung nach zivilrechtlichen Grundsätzen
  5. Schlussfolgerung

1. Einführung zu Entschädigungszahlungen bei Projekten auf Mauritius

Bei Infrastruktur- und Energieprojekten können Verzögerungen erhebliche finanzielle Folgen haben für Projektunternehmen, deren Geschäftsmodell die rechtzeitige Fertigstellung von Projekten und die rasche Ermöglichung des kommerziellen Betriebs ist. Um dieses Risiko zu reduzieren, nehmen die Vertragsparteien häufig Klauseln über Vertragsstrafen in ihre Verträge auf.
Die Art und Weise, wie die Risiken dieser Vertragsstrafen zwischen den Parteien verteilt werden, ist auch entscheidend für die Finanzierbarkeit und den erfolgreichen Abschluss eines Projekts.

Bei Energieprojekten wird das Risiko in der Regel „nach unten weitergegeben“, wobei der Abnehmer die Haftung auf den Bauherrn überträgt, der sie wiederum auf den Auftragnehmer überträgt, der sie seinerseits dann weiter auf Unterauftragnehmer überträgt. Jeder Vertragsbeteiligte gibt also den “Schwarzen Peter” an den nächsten Beteiligten weiter.
In diesem Artikel soll veranschaulicht werden, wie die Gerichte im Vereinigten Königreich, in Singapur und auf Mauritius die Wirksamkeit solcher Vertragsstrafen-Klauseln in Projektvereinbarungen in Bezug auf Verzögerungen vertraglicher Meilensteine beurteilen.

Dabei ist zwischen der britischen Lösung, der singapurischen Lösung und der Lösung der Gerichte auf Mauritius zu unterscheiden.

2. Der britische Ansatz: Von der Vorabschätzung des Schadens bis zur berechtigten Zinserhebung

Die Durchsetzbarkeit von Schadensersatzklauseln nach englischem Recht entwickelte sich in der Folge der Entscheidung des Obersten Gerichtshofs Großbritanniens in der Rechtssache Cavendish Square Holding BV gegen Makdessi [2015] UKSC 67.
Während sich ein älterer Rechtsstreit (Dunlop Pneumatic Tyre Co Ltd gegen New Garage [1915] AC 79) noch damit beschäftigt hatte, ob die Schadensersatzklausel eine echte Voraus-Abschätzung des möglichen Schadens verlangte, verlagerte der Oberste Gerichtshof in der Rechtssache Cavendish den Schwerpunkt auf die Frage, ob die Klausel ein legitimes Geschäftsinteresse schützt und eine verhältnismäßige Strafe auferlegt.

Dieser neue Grundsatz wurde später auch in der Rechtssache GPP Big Field LLP & Anor gegen Solar EPC Solutions SL [2018] EWHC angewendet. Dabei entschied der Hohe Gerichtshof , dass die Durchsetzbarkeit der im Arbeitsvertrag aufgeführten Schadenersatzklausel nicht vom konkreten Nachweis eines tatsächlichen Schadens abhängt. Stattdessen stellte der Gerichtshof fest, dass die bei Vertragsschluss vereinbarte Klausel einem gültigen kommerziellen Zweck diente, der darin bestand, den Auftraggeber für mögliche Verluste aufgrund einer Verzögerung bei der Durchführung eines Projekts zu entschädigen.

Das Gericht unterstrich in diesem Rechtsstreit, dass eine konkrete Vorabschätzung des Schadens eine gültige Rechtfertigung, aber keine notwendige Bedingung für die Wirksamkeit der Schadensersatzklausel ist. Eine Schadensersatzklausel kann demzufolge auch dann zur Anwendung kommen, wenn sie nicht genau dem konkreten tatsächlich erlittenen Schaden entspricht, vorausgesetzt, die Klausel ist nicht unverhältnismäßig und auch nicht als reine Bestrafung des Vertragspartners (Strafzweck) gedacht.

Dieser Grundsatz wurde vom Obersten Gerichtshof Großbritanniens in der Rechtssache Triple Point Technology Inc gegen PTT Public Company Ltd [2021] UKSC 29 bestätigt. Dabei wurde klargestellt, dass für die Anwendung der vertraglichen Strafklausel ein entsprechender Schaden in der Regel bis zum Zeitpunkt der Beendigung des Vertragsverhältnisses entstanden sein muss und ab diesem Zeitpunkt Schadensersatz nur noch gemäß den allgemeinen Vorschriften verlangt werden kann, sofern der Vertrag nichts anderes vorsieht.

Der britische Ansatz begünstigt die finanzielle Sicherheit der geschädigten Partei, indem eine entsprechende Klausel auch dann durchgesetzt werden kann, wenn kein tatsächlicher konkreter Schaden vorliegt. Allerdings gilt dies nur dann, wenn die Klausel nicht unverhältnismäßig ist und auch keinen bestrafenden Charakter hat.

3. Der Ansatz in Singapur: Zurück zu den traditionellen Grundsätzen

Im Rechtsstreit Denka Advantech Pte Ltd gegen Seraya Energy Pte Ltd [2021] 1 SLR 631 bekräftigte das Berufungsgericht Singapur die traditionelle Regel, wonach Schadensersatz-Klauseln eine Regelung zur echten Vorausschätzung des Verlusts beinhalten müssen. Das Gericht lehnte den (weiter gefassten) Cavendish-Ansatz (siehe oben) ab und entschied, dass eine Strafklausel nicht allein durch eine wirtschaftliche Rechtfertigung begründet werden kann.

Ein pauschalierter Schadensersatz muss gemäß dem Singapur-Ansatz immer ausgleichender (kompensatorischer) Natur sein. In der Rechtssache Denka wurden die Klauseln letztlich als wirksam angesehen, da die geforderten Beträge nicht überhöht waren und durch Sachverständigengutachten, aus denen hervorging, dass sie die im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses erwarteten Verluste entsprechend wiedergaben, bestätigt wurden. Dieser Fall zeigt, dass Singapur an einem traditionelleren, entschädigungsbasierten Ansatz festhält, bei dem Vorhersehbarkeit und vertragliche Fairness als wichtiger angesehen werden als kommerzielle Flexibilität.

Zwar erkennen sowohl England als auch Singapur den Wert von Vertragsstrafen-Klauseln, doch legen sie unterschiedliche Maßstäbe an.

Die englischen Gerichte haben, insbesondere in der Folge der Rechtssache Cavendish, einen flexibleren, wirtschaftlich orientierten Ansatz gewählt und lassen auch Klauseln zu, die über eine Entschädigung des eingetretenen Schadens hinausgehen, falls dadurch ein berechtigtes Interesse geschützt wird.

Singapur hingegen hat die traditionelle Position beibehalten, nämlich dass die entsprechende Klausel einen Ausgleichscharakter haben muss, und nur dann durchgesetzt werden kann, wenn sie eine echte Vorausschätzung des Verlustes ermöglicht.

4. Der Ansatz auf Mauritius: Moderate Vollstreckung nach zivilrechtlichen Grundsätzen

Mauritius verfolgt einen maßvollen und gerechten Ansatz in Bezug auf die Entschädigung, gestützt auf Artikel 1152 des mauritischen Zivilgesetzbuchs. Dieser Ansatz ermöglicht es den Parteien, den Schadensersatz im Voraus festzulegen, lässt aber eine richterliche Anpassung zu, falls der Betrag offensichtlich überhöht oder zu gering ist. Die Gerichte auf Mauritius betonen dabei immer wieder, dass die Entschädigung einen Ausgleichscharakter aufweisen muss, nicht jedoch einen Strafcharakter und dass sie eine angemessene Schätzung des zu erwartenden Verlusts ermöglichen muss.

Im Rechtsstreit Alliance Builders Contractors Ltd gegen Coolkote Enterprise Ltd [2017 MR 299] verweigerte der Oberste Gerichtshof die Anwendung einer Vertragsstrafen-Klausel, welche in einer schriftlichen Vereinbarung zwischen einem Auftragnehmer und einem Auftraggeber enthalten war, gegenüber einem Unterauftragnehmer . Obwohl im Untervertrag auf den Hauptvertrag verwiesen war, stellte der Oberste Gerichtshof fest, dass der Unterauftragnehmer weder hinreichend auf die spezifische Vertragsstrafenklausel hingewiesen worden war, noch dass er ihren Modalitäten wirksam zugestimmt hatte. Der Gerichtshof betonte, dass die Vereinbarung (über die Vertragsstrafe) eindeutig in den Vertrag hätte aufgenommen werden müssen und dass sie die tatsächliche Zustimmung der Parteien zu dieser Klausel hätte erkennen lassen müssen. Das Gericht stellte außerdem fest, dass die Höhe des geforderten Schadensersatzes wegen Verzugs im Verhältnis zum Wert des Unterauftrags eindeutig unverhältnismäßig war und nicht den tatsächlichen Absichten der Parteien im Zeitpunkt des Vertragsschlusses entsprechen konnte.

Diese Entscheidung unterstreicht das Bemühen des Gerichtshofs um Fairness und Ausgeglichenheit und bekräftigt, dass nach mauritischem Recht eine Vertragsstrafenklausel zu ihrer Wirksamkeit eindeutig vereinbart sein und in einem angemessenen Verhältnis zum Vertragswert stehen muss. Es liegt im Ermessen der Gerichte, solche Klauseln für unwirksam zu erklären, wenn sie darin einen Strafcharakter erkennen oder falls ihre Durchsetzbarkeit gegen den Grundsatz des Guten Willens verstoßen würde.

Die mauritischen Gerichte auf Mauritius werden solche Klauseln in der Regel als wirksam anerkennen, wenn die Klauseln ein ehrliches Interesse erkennen lassen, den möglichen Schaden abzuschätzen und mit den geschäftlichen Erwartungen in Einklang zu bringen. Es ist den befassten Gerichten jedoch möglich, nach ihrem eigenen Ermessen den Betrag des Schadensersatzes – gemäß den Umständen des Einzelfalls – zu reduzieren oder auch zu erhöhen.

Das zeigte sich auch in dem Rechtsstreit Bistrots des Îles Ltée gegen Sanmukhiya N. [2020] SCJ 184, in der der Oberste Gerichtshof einen vereinbarten Strafzins in Höhe von monatlich 5 % reduzierte auf den gesetzlichen Zinssatz, da er den vereinbarten Zinssatz als unverhältnismäßig im Verhältnis zum tatsächlich erlittenen Schaden ansah.

Vor kurzem bestätigte das Gericht in einer Rechtssache V.5 Co Ltd. gegen Ramdonee & Anor [2024 SCJ 165] einen vertraglich vereinbarten festen Strafbetrag, lehnte aber die Verurteilung zu zusätzlichen 15 % jährlichen Zinsen ab, da kein entsprechender Schaden nachgewiesen wurde und der Schuldner entgegenkommend war.

An solchen Fällen wird deutlich, dass die mauritischen Gerichte zwar die Autonomie der Vertragsparteien anerkennen, aber dennoch in die Vertragsfreiheit eingreifen, wenn eine Klausel strafenden Charakter hat oder ungerecht erscheint. Daher sind die Gerichte nach Artikel 1152 des mauritischen Zivilgesetzbuchs weiterhin befugt, offensichtlich überzogene Strafklauseln in Verträgen anzupassen oder sogar insgesamt für unwirksam zu erklären, wenn die Partei, die gegen Vorschriften verstoßen hat, nachweisen kann, dass ihr Vertragsverstoß nicht auf böser Absicht (bad faith) beruhte.

In ihrer Veröffentlichung vom November 2023 [LRC _ R & P 175] definiert die Law Reform Commission den Begriff „böse Absicht“/„Bad Faith“ als Gegenteil des „guten Willens“ :

“La bonne foi, dans sa conceptualisation la plus large, est envisagée comme une norme de conduite dictant l’honnêteté, la loyauté et la confiance entre les parties contractantes.“

„Der gute Wille wird in seiner weitestgehenden Auslegung als Verhaltensnorm angesehen, die Ehrlichkeit, Loyalität und Vertrauen zwischen den Vertragsparteien verlangt“.

In der Zusammenschau zeigen diese Fälle, dass die mauritischen Gerichte einen Ansatz verfolgen, der weitgehend mit dem Modell aus Singapur übereinstimmt.

Bei beiden steht der Entschädigungsgedanke im Vordergrund und die Strafklauseln sind nur dann durchsetzbar, wenn sie angemessen sind und dem tatsächlichen oder vorhersehbaren Schaden entsprechen. Gemäß Artikel 1152 des mauritischen Zivilgesetzbuchs verfügen die Gerichte jedoch über einen Ermessensspielraum und können so die Höhe der Entschädigung anpassen, insbesondere dann, wenn die Motivation (guter Wille oder böse Absicht) der verletzenden Partei dies gebietet.

Falls Verzögerungen in der Vertragsausführung unvermeidbar sind, muss diejenige Partei, die mit ihrer Leistung in Verzug gerät und mit Schadensersatzforderungen konfrontiert ist, nach bestem Wissen und Gewissen handeln, indem sie die Verzögerung möglichst abmildert, für Transparenz sorgt und mit der anderen Vertragspartei kooperiert. Das Ausbleiben eines solchen Verhaltens kann den rechtlichen Schutz durch Artikel 1152 ausschließen oder auf eine „böse Absicht“ hindeuten.

5. Schlussfolgerung

Während England, Singapur und Mauritius unterschiedliche Auffassungen vertreten, die von Englands Test des legitimen Zinses bis hin zum kompensatorischen Ansatz von Singapur und Mauritius reichen, erkennen alle drei Rechtsordnungen die Bedeutung von Strafklauseln in Handelsverträgen an.

Solange die Klausel keine Bestrafung darstellt und eine faire Risikoverteilung abbildet, sind die Gerichte in allen drei Ländern bereit, sie zu akzeptieren und anzuwenden bzw. demgemäß zu urteilen.

Beachtet man diese Grundsätze, können Verträge bei Projekten auf Mauritius auch mit darin enthaltenen Strafklauseln rechtssicher abgeschlossen werden.

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