Aktuelles zum Wirtschaftsrecht in Singapur
Gesetz zur Fairness am Arbeitsplatz in Singapur
02.07.2025
Von unserem deutschsprachigen CBBL-Anwalt in Singapur, Herrn Rechtsanwalt Dr. Andreas Respondek, respondek@cbbl-lawyers.de, Tel. +65 6324 0060, www.rflegal.com
Am 8. Januar 2025 hat das singapurische Parlament das „Gesetz zur Fairness am Arbeitsplatz“ (Gesetz Nr. 50/2024) verabschiedet (das „Gesetz“; https://www.parliament.gov.sg/docs/default-source/bills-introduced/workplace-fairness-bill-50-2024599bd234-9e12-4e7a-92a5-812774bb39a2.pdf?sfvrsn=fa585008_1)
Aufbauend auf den Empfehlungen des im Juli 2021 gegründeten Dreiparteienausschusses für Fairness am Arbeitsplatz zielt das Gesetz darauf ab, Arbeitnehmer in Singapur vor Diskriminierung bei der Einstellung, während des Arbeitsverhältnisses und im Zusammenhang mit der Kündigung zu schützen (Teil 2 des Gesetzes). Das Gesetz ist das erste von zwei Gesetzen zur Fairness am Arbeitsplatz und umfasst die wesentlichen Rechte und Pflichten der Arbeitnehmer in Singapur.
Der zweite Gesetzentwurf (der derzeit noch in Arbeit ist) wird sich mit privaten Arbeitsrechtsklagen befassen, die sich aus Diskriminierung am Arbeitsplatz ergeben. Hier ein Überblick über die Regelungen, die dieser zweite Gesetzentwurf vorsieht:
Welche Regelungen enthält der zweite Gesetzentwurf der singapurischen Regierung zur Fairness am Arbeitsplatz?
1. Stärkung des Schutzes vor Diskriminierung am Arbeitsplatz aufgrund von „geschützten Merkmalen“ (protected characteristics)
- Der Gesetzentwurf verbietet es Arbeitgebern in Singapur, eine nachteilige Beschäftigungsentscheidung aufgrund eines sogenannten „geschützten Merkmals“ der Person oder aufgrund von zwei oder mehr Gründen zu treffen, von denen einer unter die Kategorie eines geschützten Merkmals der Person fällt. Dies gilt für Entscheidungen, die in verschiedenen Phasen des Beschäftigungsverhältnisses getroffen werden, von der Vorbeschäftigungsphase (Einstellung) über die Beschäftigungsphase (Beförderung, Leistungsbeurteilung und Auswahl von Schulungen) bis hin zur Beendigungsphase (Entlassung, Personalabbau und Kündigung). Es ist nicht erforderlich, nachzuweisen, dass die Person im Vergleich zu anderen Personen unterschiedlich behandelt oder benachteiligt wurde, um eine Diskriminierung nachzuweisen.
- Andererseits kann ein geschütztes Merkmal durchaus als echte Anforderung einer Stelle angesehen werden, wenn unter Berücksichtigung der Art der Stelle diese nur dann angemessen ausgefüllt werden kann, wenn die Person das geschützte Merkmal aufweist bzw. nicht aufweist.
- „Geschützte Merkmale“ im Sinne des Gesetzentwurfs sind Alter, Staatsangehörigkeit, Geschlecht, Familienstand, Schwangerschaft, Pflegeverantwortung, Rasse, Religion, Sprachkenntnisse, Behinderung und psychische Gesundheit. Dies sind Bereiche, bzgl. derer ein breiter gesellschaftlicher Konsens besteht und die zusammen mehr als 95 % der Diskriminierungsbeschwerden ausmachen, die bei der Tripartite Alliance for Fair and Progressive Employment Practices (TAFEP) und dem singapurischen Ministerium für Arbeit (MOM) eingehen. In diesen Bereichen gibt es auch nationale politische Vorgaben zur Verhinderung von Diskriminierung.
2. Beibehaltung der Flexibilität für Arbeitgeber in Singapur
Gleichzeitig gewährt der Gesetzentwurf auch Raum für die Berücksichtigung echter geschäftlicher Erfordernisse. Diese werden in Abschnitt 20 des Gesetzes im Einzelnen behandelt und betrifft Fälle, in denen die Auswahl
(1) für die angemessene Ausübung der Tätigkeit erforderlich ist. Beispielsweise kann ein Arbeitgeber berücksichtigen, ob ein Arbeitsuchender für die Tätigkeit eines Dolmetschers eine bestimmte Sprache fließend beherrscht.
(2) aus Gesundheits- und Sicherheitsgründen getroffen werden muss, um den Arbeitnehmer und/oder andere Personen zu schützen. Beispielsweise kann ein Sicherheitsunternehmen prüfen, ob ein Mitarbeiter, bei dem kürzlich eine Depression diagnostiziert, aber noch nicht behandelt wurde, Schusswaffen tragen darf, da dies Auswirkungen auf die Sicherheit des betreffenden Mitarbeiters und anderer Personen haben kann, die mit ihm in Kontakt kommen.
(3) dazu dient, Datenschutzstandards zu wahren (unabhängig davon, ob diese angemessen sind oder nicht). Beispielsweise kann sich eine SPA-Einrichtung dafür entscheiden, weibliche Therapeutinnen einzustellen, um ihre weibliche Kundschaft zu bedienen.
(4) aus rechtlichen oder regulatorischen Gründen erforderlich ist. Beispielsweise darf ein Busunternehmen nur Busfahrer-Auszubildende über 21 Jahren einstellen, da dies das vorgeschriebene Mindestalter für den Erwerb einer Berufskraftfahrerlaubnis für Busse ist.
Mit der Einführung flexibler Regelungen möchte die Regierung Singapurs den Arbeitgebern gewisse Freiräume schaffen, damit diese nicht gegen das Gesetz verstoßen, wenn sie Beschäftigungsentscheidungen u.a. auf der Grundlage von Anforderungen der Regierung Singapurs treffen müssen, beispielsweise im Zusammenhang mit der öffentlichen oder der nationalen Sicherheit.
3. Einführung von Verfahren zur Bearbeitung von Beschwerden, um eine bessere Kommunikation und eine einvernehmliche Lösung von Problemen zu fördern
Gemäß Abschnitt 27 des Gesetzentwurfs sind Arbeitgeber in Singapur verpflichtet, die von einem Arbeitnehmer vorgebrachten Beschwerden zu untersuchen, zu prüfen und den Arbeitnehmer über das Ergebnis zu informieren. Der Arbeitgeber muss die Vertraulichkeit des Arbeitnehmers schützen, indem er die Identität des Arbeitnehmers und Informationen im Zusammenhang mit der Untersuchung nicht offenlegt, es sei denn, dies ist aus triftigen Gründen erforderlich. Der Arbeitgeber muss sich schriftlich zu diesem Verfahren verpflichten und seine Arbeitnehmer schriftlich darüber informieren.
Während des Gesetzgebungsverfahrens wurde festgestellt, dass es in dem Dreiparteienausschuss TAFEP zu Streitigkeiten aufgrund von Missverständnissen gekommen ist, die schnell hätten gelöst werden können, wenn die Parteien von Anfang an offen miteinander gesprochen hätten. Daher plädiert die Regierung Singapurs dafür, dass Streitigkeiten am Arbeitsplatz nach Möglichkeit innerhalb des Unternehmens selbst gelöst werden sollten. Es wird davon ausgegangen, dass solche Verfahren Arbeitgeber und Arbeitnehmer dazu ermutigen, Differenzen einvernehmlicher beizulegen, während Störungen minimiert und Vertrauen aufgebaut werden.
Anzumerken ist weiterhin, dass der Gesetzentwurf angesichts der Vielfalt der Unternehmen in der singapurischen Wirtschaft keine übermäßig detaillierten Anforderungen an das Beschwerdeverfahren stellt – ein Verfahren, das für ein multinationales Unternehmen funktioniert, muss nicht unbedingt auch für ein KMU geeignet sein.
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