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CBBL Rechtsanwalt in Saudi-Arabien, Dr. Christian Ule, Kanzlei MIDEAST | Law
Dr. Christian Ule
Rechtsanwalt und Advocate (DIFC, Dubai)
MIDEAST | Law, Riad

Aktuelles zum saudi-arabischen Wirtschaftsrecht

Multinationale Unternehmen aufgepasst:
Saudi-Arabien veröffentlicht bahnbrechenden Entwurf zu Regional Headquarters (RHQ)

Veröffentlicht am 24.09.2025

Von unserem deutschsprachigen CBBL-Anwalt in Riad, Herrn Rechtsanwalt Dr. Christian Ule, ule@cbbl-lawyers.de, Tel. +20 - 2 - 239 143 44, mideastlaw.de

Neuer regulatorischer Rahmen für Regionalzentralen in Saudi-Arabien: Steuerliche Anreize, Substanzanforderungen und schnelle Lizenzierung

Saudi-Arabien hat einen mit Spannung erwarteten Entwurf zur Regelung und Überwachung von Regional Headquarters (RHQ) multinationaler Unternehmen zur öffentlichen Konsultation veröffentlicht. Dieser Schritt ist Teil der umfassenden wirtschaftlichen Transformation im Rahmen von Vision 2030 – mit dem Ziel, das Königreich Saudi-Arabien als bevorzugten Standort für Regionalzentralen im Nahen Osten zu etablieren.

Der Entwurf der Rules Regulating the Licensing and Supervision of Regional Headquarters of Multinational Companies (erlassen durch das saudische Ministry of Investment by Cabinet Resolution No. (338) dated 23/4/1445H) enthält weit mehr als steuerliche Anreize. Er schafft einen strukturierten, verpflichtenden Rahmen, der echte Substanz, klare Governance und attraktive Vorteile kombiniert.

Im Einzelnen sieht der Entwurf folgende Eckpunkte vor:

1. 30 Jahre Steuerfreiheit für multinationale Unternehmen mit Regionalzentren in Saudi-Arabien

Multinationale Unternehmen zahlen keine Einkommensteuer sowie keine Quellensteuer auf Dividenden, konzerninterne Zahlungen und Dienstleistungen. Diese Steuerbefreiung kann auf bis zu 30 Jahre gewährt bzw. verlängert werden.

2. Operative Substanz: Pflichten und Funktionen des RHQ in Saudi-Arabien

Das Herzstück der RHQ-Vorschriften liegt in der Anforderung echter operativer Substanz. Diese geht weit über formale Anforderungen hinaus und verlangt eine tatsächliche unternehmerische Präsenz in Saudi-Arabien sowie eine Steuerung auf regionaler Ebene.

a. Welche Pflichtfunktionen (Mandatory Activities) muss das RHQ in Saudi-Arabien betreiben?

Das RHQ in Saudi-Arabien muss innerhalb des ersten Jahres nach Lizenzierung elf Pflichtfunktionen aktiv betreiben, darunter:

    • Entwicklung und Umsetzung der Regionalstrategie,
    • strategische Koordination der Länderaktivitäten in der MENA-Region,
    • Produkt- und Serviceauswahl,
    • Unterstützung bei M&A-Prozessen,
    • Finanzanalyse und Performanceüberwachung,
    • Budgetierung für die Region,
    • Marktbeobachtung und Wettbewerbsanalyse,
    • Identifizierung neuer Marktchancen,
    • operative Berichterstattung (Finanz- und Betriebskennzahlen),
    • Marketingstrategieentwicklung.

b. Welche Wahlpflichtfunktionen (Optional Activities) muss das RHQ in Saudi-Arabien zusätzlich betreiben?

Zusätzlich müssen mindestens 3 von insgesamt 18 optionalen Funktionen aktiviert werden, z.B.:

    • Forschung & Entwicklung, Innovation,
    • Vertrieb & Marketing,
    • Personalwesen und Training,
    • Finanzverwaltung und Treasury,
    • Rechtliche Beratung, Compliance, Internal Audit,
    • Logistik & Supply Chain, IP-Management, Produktion, technische Unterstützung.
    • Die Auswahl soll zur Gesamtstrategie des Unternehmens passen und regional verankert sein.

c. Welche Substanzanforderungen gelten darüber hinaus für das RHQ in Saudi-Arabien?

Das RHQ in Saudi-Arabien muss innerhalb eines Jahres:

    • mindestens 15 Mitarbeiter beschäftigen,
    • darunter mindestens 3 Führungskräfte, die für die Region MENA verantwortlich sind,
    • eine echte Führungsfunktion wahrnehmen (kein „Briefkastenbüro“),
    • vollständig aus Saudi-Arabien heraus operieren,
    • lokale Lizenzierung, Gehälter in KSA, Wohnsitzpflicht sowie lokale Bankkonten nachweisen.

Die Top-Führungskräfte müssen direkt der RHQ-Struktur in Saudi-Arabien unterstellt sein, und dürfen keine operative Verantwortung von außerhalb des Königreichs aus wahrnehmen.

3. Schnelle Lizenzvergabe mit klaren Anforderungen

Der Lizenzierungsprozess in Saudi-Arabien ist durch klare Dokumentenanforderungen und eine definierte Entscheidungsfrist von 30 Arbeitstagen strukturiert.

4. RHQ als regionale Führungszentrale: Fokussierung auf Saudi-Arabien

Das RHQ muss über die tatsächliche administrative Kontrolle sämtlicher regionaler Niederlassungen und Tochtergesellschaften verfügen. Es handelt sich also nicht um ein „Hub Light“, sondern um eine verpflichtende Managementzentrale für die MENA-Region.

Alle RHQ-Tätigkeiten müssen ausschließlich von Saudi-Arabien aus durchgeführt werden – das Königreich positioniert sich somit als unverzichtbare Drehscheibe für regionale Unternehmensführung.

5. Konsequente Lokalisierung in Saudi-Arabien

Die Mitarbeiter müssen ihren Wohnsitz dauerhaft in Saudi-Arabien haben. Zudem wird verlangt:

  • Zahlung über saudische Bankkonten,
  • ausschließliches Engagement für das RHQ (keine Doppelfunktionen),
  • lokale Arbeitserlaubnis und physische Präsenz

6. Ist die Gründung eines RHQ in Saudi-Arabien Pflicht oder Option?

Die Gründung eines RHQ ist für ausländischen Unternehmen nicht allgemein gesetzlich verpflichtend. Sie ist nur dann verpflichtend, wenn das Unternehmen Verträge mit staatlichen Stellen im Königreich schließen möchte.

a. RHQ als Voraussetzung für Verträge mit staatlichen Stellen in Saudi-Arabien

Seit dem 1. Januar 2024 verlangt die saudische Regierung, dass nur noch Unternehmen mit einem regionalen Hauptsitz in Saudi-Arabien für öffentliche Ausschreibungen und Verträge mit Behörden oder staatsnahen Unternehmen berücksichtigt werden. Unternehmen ohne RHQ im Land gelten seitdem nicht mehr als qualifiziert, es sei denn, es liegt eine ausdrückliche Ausnahmegenehmigung vor.

b. RHQ optional für Geschäftstätigkeit im privatwirtschaftlichen Sektor

Für Unternehmen, die ausschließlich privatwirtschaftlich tätig sind und nicht mit öffentlichen Stellen kooperieren, bleibt die RHQ-Gründung in Saudi-Arabien eine Option, allerdings mit attraktiven Vorteilen.

Die RHQ-Regelungen stellen damit einen klaren Standortfilter dar: Wer an Saudi-Arabiens Transformation teilhaben will – insbesondere im Bereich Infrastruktur, Gesundheit, Energie oder Bildung – muss seine Präsenz nicht nur rechtlich, sondern auch personell und organisatorisch im Königreich verankern.

Fazit: Die Gründung eines RHQ in Saudi-Arabien ist attraktiv, aber mit klaren Anforderungen verbunden

Mit dem Entwurf zur Regelung und Überwachung von Regional Headquarters (RHQ) in Saudi-Arabien verfolgt das Königreich konsequent seine Strategie, führende multinationale Unternehmen im Land anzusiedeln – mit beispiellosen Steuererleichterungen und einem strukturierten regulatorischen Rahmen. Die Anforderungen an die Substanz sind hoch, aber für Unternehmen mit echter regionaler Steuerungsabsicht ein lohnender Anreiz.

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