Ihre deutschsprachige Rechtsanwaltskanzlei in Algerien
CBBL Rechtsanwalt in Algerien Dr. Christian Steiner, Kanzlei MIDEAST | Law
Dr. Christian Steiner
Rechtsanwalt und Abogado
MIDEAST | Law
Algier


Arbeitsrecht in Algerien

Von unseren deutschsprachigen Rechtsanwälten Herrn Rechtsanwalt Dr. Christian Steiner, c.steiner@cbbl-lawyers.de, und Frau Rechtsanwältin Sophie Greiner, s.greiner@cbbl-lawyers.de, Tel. +349 55 314 614, www.mideastlaw.de

Grundlegende Informationen für ausländische Unternehmen, die Arbeitnehmer in Algerien beschäftigen möchten.

Mit rund 2.382.000 km² ist Algerien das größte Land Afrikas und bleibt ein komplexer aber dennoch lohnender Investitionsstandort für ausländische Investoren. Im Auge zu behalten sind stets arbeitsrechtliche Aspekte.
Der nachfolgende Beitrag liefert einige Orientierungspunkte zu Arbeitsvertrag, Optionen für das Management, Mindestlohn, Arbeitszeiten, Befristung und Kündigung in Algerien.


I. Rechtsquellen des algerischen Arbeitsrechts

II. Brauche ich für die Anstellung eines Arbeitnehmers in Algerien eine lokale Präsenz?

III. Einstellung ausländischen Personals in Algerien

IV. Welche Optionen bestehen bei der Einstellung von Managern in Algerien?

V. Was gilt in Algerien mit Blick auf die Vergütung, den Mindestlohn, die Arbeitszeit, den Urlaubsanspruch und die Lohnfortzahlung bei Krankheit und Probezeit im Rahmen von Arbeitsverträgen?

VI. Unter welchen Bedingungen kann in Algerien ein Arbeitsverhältnis durch den Arbeitgeber beendet werden?

VII. Welche Formvorschriften sind bei algerischen Arbeitsverträgen zu beachten?


I. Rechtsquellen des algerischen Arbeitsrechts

Das algerische Arbeitsrecht wurde in den späten 1980er Jahren mit Blick auf die wachsende industrielle Tätigkeit und den Übergang Algeriens zur Marktwirtschaft neu aufgestellt.

Die wichtigste Rechtsvorschrift des algerischen Arbeitsrechts ist das Gesetz Loi n°90-11 vom 21.04.1990, welches zuletzt durch das Gesetz Loi n°22-16 vom 22.07.2022 geändert wurde. Die von der Regierung beabsichtigte Modernisierung und Vervollständigung des algerischen Arbeitsrechts durch Schaffung eines eigenständigen Arbeitsgesetzes wurde bis dato nicht umgesetzt.

II. Brauche ich für die Anstellung eines Arbeitnehmers in Algerien eine lokale Präsenz?

1. Anstellung mit lokaler Präsenz

Sobald ein ausländisches Unternehmen in Algerien mit einer Zweigniederlassung, Tochtergesellschaft oder Betriebsstätte ansässig ist, kann ein Arbeitnehmer nach algerischem Recht bei der jeweiligen algerischen Niederlassung beschäftigt sein. Auf den Arbeitsvertrag ist sodann das algerische Arbeitsrecht anwendbar.

2. Lokale Präsenz „light“: Das algerische Verbindungsbüro (bureau de liaison)

Ein Verbindungsbüro bietet sich vor allem dann an, wenn beabsichtigt wird, einen Handelsvertreter in Algerien zu beschäftigen, ohne (zunächst) mit einer algerischen Gesellschaft in Algerien präsent zu sein.

3. Kooperation ohne eigene lokale Präsenz des ausländischen Unternehmens

Ein Arbeitnehmer, der in Algerien tätig werden soll, benötigt zwingend einen Arbeitsvertrag nach algerischem Recht. Ein Arbeitsvertrag, der ausländischem Recht unterstellt ist, ist nicht möglich. Dies hängt mit der Sozialversicherungspflicht des Arbeitnehmers zusammen. Er kann nur dann sozialversichert sein, wenn sein Arbeitgeber in Algerien mit einer lokalen Präsenz registriert ist. Dabei ist es unerheblich, ob der Arbeitsvertrag mit einer Tochtergesellschaft oder dem ausländischen Unternehmen (zu dem die Zweigniederlassung, die Betriebsstätte oder das Verbindungsbüro gehören) geschlossen wird, solange die lokale Präsenz bei den algerischen Behörden registriert ist.

Soweit keine lokale Präsenz des Arbeitgebers in Algerien existiert, kann die gewünschte Fachkraft daher nur als unabhängiger Berater (Freelancer) vor Ort beauftragt werden. Hierfür muss die Person als selbständig registriert sein.

Eine Anstellung über eine lokale Leiharbeitsfirma oder eine Arbeitnehmerentsendung nach Algerien ist, im Gegensatz etwa zu Marokko, in Algerien derzeit noch nicht möglich.

III. Einstellung ausländischen Personals in Algerien

Voraussetzung für die Beschäftigung eines ausländischen Staatsangehörigen bei der lokalen Präsenz des Arbeitgebers in Algerien ist, dass der Arbeitnehmer im Besitz eines Aufenthaltstitels und einer Arbeitserlaubnis für Algerien ist.

IV. Welche Optionen bestehen bei der Einstellung von Managern in Algerien?

Auf Managementebene kommt außer einem Arbeitsvertrag auch eine Bestellung als Corporate Officer in Frage, wenn die Person als Geschäftsführer einer GmbH oder Vorstandsvorsitzender einer Aktiengesellschaft in Algerien eingesetzt wird. Neben dem Gesellschafter- bzw. Hauptversammlungsbeschluss sollte ein Geschäftsführervertrag (corporate officer contract) die gegenseitigen Pflichten und Rechte regeln. Bei der Ausgestaltung des Vertrages ist darauf zu achten, das Vertragsverhältnis von einem Angestelltenverhältnis abzugrenzen.

V. Was gilt in Algerien mit Blick auf die Vergütung, den Mindestlohn, die Arbeitszeit, den Urlaubsanspruch und die Lohnfortzahlung bei Krankheit und Probezeit im Rahmen von Arbeitsverträgen?

1. Vergütung

Das algerische Arbeitsrecht sah lange Jahre einen Mindestlohn von 18.000 DZD (derzeit ca. 130 EUR) pro Monat vor, welcher mit dem Dekret Décret présidentiel n°21-137 vom 07.04.2021 erstmals auf 20.000 DZD angehoben wurde. Trotz dieser Erhöhung bleibt der algerische Mindestlohn einer der niedrigsten Mindestlöhne Afrikas und der arabischen Länder.

2. Arbeitszeit

Die Regelarbeitszeit liegt bei 40 Stunden pro Woche, welche auf mindestens fünf Arbeitstage verteilt ist und 12 Arbeitsstunden pro Tag nicht überschreiten darf. Die Arbeitswoche geht in der Regel von Sonntag bis Donnerstag.

Für öffentliche Einrichtungen und die Verwaltung setzen die algerischen Behörden während des Fastenmonats Ramadan offiziell verkürzte Arbeitszeiten fest, welche jährlich in den Wochen vor Beginn des Fastenmonats bekanntgegeben werden. In der Regel gehen die Arbeitszeiten in diesem Monat nicht länger als 15:30 Uhr. Das algerische Arbeitsrecht selbst sieht während des Fastenmonats Ramadan keine Reduzierung der Arbeitszeiten vor, sie wird jedoch in der Praxis regelmäßig gewährt.

Überstunden dürfen gemäß Artikel 31 des Gesetzes Loi n° 90-11 nur bei äußerster betrieblicher Notwendigkeit und als Ausnahme geleistet werden. Sie sind mit einem Aufschlag von mindestens 50% des normalen Stundenlohns zu vergüten und dürfen – außer bei Kollektivvereinbarungen und Kollektivverträgen – 8 Überstunden pro Woche nicht überschreiten. Zu gewähren ist anschließend eine Ausgleichsruhezeit.

Es ist grundsätzlich nicht erlaubt, Arbeitnehmer unter 19 Jahren und Frauen zwischen 21 Uhr und 5 Uhr einzusetzen.

3. Urlaubsanspruch

Gemäß Artikel 41 des Gesetzes Loi n°90-11 werden jedem Arbeitnehmer 2,5 Tage pro Arbeitsmonat, maximal 30 Kalendertage pro Arbeitsjahr, gewährt. Für Arbeitnehmer in den Verwaltungsbezirken des Südens (Wilayas du Sud) wird gemäß Artikel 42 des Gesetzes Loi n°90-11 ein Zusatzurlaub von mindestens zehn Tagen pro Arbeitsjahr gewährt.

4. Lohnfortzahlung bei Krankheit

Arbeitnehmer haben im Fall von Krankheit Anspruch auf 15 Tage Lohnfortzahlung zu 50% Gehalt nach Abzug der Beiträge zu Sozialversicherung und Steuern. Ab dem 16. Tag haben sie Anspruch auf volle Lohnfortzahlung. Die Lohnfortzahlung wird für maximal 300 Tage in einem Zeitraum von höchstens zwei Jahren, bei Langzeiterkrankungen höchstens drei Jahren gewährt. Die Lohnfortzahlung wird nicht vom Arbeitgeber, sondern von dem nationalen Sozialversicherungsfonds für Arbeitnehmer (Caisse Nationale d'Assurances Sociales des travailleurs salariés, kurz CNAS) getragen.

Zur Entstehung des Anspruchs innerhalb der ersten 6 Monate ist erforderlich, dass der Versicherte mindestens 15 Tage oder 100 Stunden im Kalenderquartal vor dem 1. Tag der Erkrankung oder 60 Tage oder 400 Stunden in den 12 Monaten vor dem 1. Tag der Erkrankung gearbeitet hat.

Zur Entstehung des Anspruchs über die ersten 6 Monate hinaus muss der Arbeitnehmer in den 12 Monaten vor der dem 1. Tag der Erkrankung mindestens 60 Tage oder 400 Stunden oder in den drei Jahren vor dem 1. Tag der Erkrankung mindestens 180 Tage gearbeitet haben.

5. Probezeit

Artikel 18 des Gesetzes Loi n°90-11 sieht eine Probezeit von höchstens 6 Monaten vor, welche ausnahmsweise auf bis zu zwölf Monate für hochqualifizierte Arbeitsstellen verlängert werden darf.

VI. Unter welchen Bedingungen kann in Algerien ein Arbeitsverhältnis durch den Arbeitgeber beendet werden?

Das Kündigungsrecht ist im Gesetz abschließend geregelt. Es sind nur zwei Fälle von Kündigungen durch den Arbeitgeber zulässig: Die außerordentliche Kündigung („wegen schwerer Verfehlung“) und die betriebsbedingte Kündigung („wegen Personalabbaus"). Jeder andere Kündigungsgrund ist unzulässig, da er als missbräuchlich eingestuft wird. So stellen z.B. unzureichende Leistungen keine schwere Verfehlung und somit keinen Kündigungsgrund dar. Die einvernehmliche Beendigung des Arbeitsvertrags ist zulässig und stellt in der Praxis eine häufig gewählte Alternative dar, wenn eine Kündigung wegen schwerer Verfehlung und wegen Personalabbaus nicht in Betracht kommt. In beiden Fällen ist die Einhaltung des gesetzlich vorgesehenen Verfahrens von großer Bedeutung, da allein das Vorliegen eines materiellen Kündigungsgrundes nicht ausreicht.

In Bezug auf die finanzielle Entschädigung beziehen sich die Parteien in der Praxis häufig auf die Bestimmungen von Artikel 73-4 des Gesetzes Loi n°90-11, wonach „nicht weniger als sechs Monatsgehälter“ zu zahlen sind. Die Arbeitgeber gewähren in der Regel einen Höchstbetrag von 8 bis 12 Monatsgehältern. Die Obergrenze liegt nach ständiger Rechtsprechung bei 12 Monatsgehältern.

VII. Welche Formvorschriften sind bei algerischen Arbeitsverträgen zu beachten?

Im Gegensatz zum unbefristeten Arbeitsvertrag, für den es keine Formvorschriften gibt, ist ein befristeter Arbeitsvertrag nur dann gültig, wenn er der Schriftform genügt und Essentialia enthält wie Dauer, Bezeichnung der Parteien, Beschreibung des Arbeitsplatzes, Befristungsgrund u.a. Sind diese wesentlichen Voraussetzungen nicht erfüllt, gilt der Arbeitsvertrag als auf unbestimmte Zeit abgeschlossen. Es obliegt dem Arbeitgeber nachzuweisen, dass ein befristeter Arbeitsvertrag abgeschlossen wurde.

Sie möchten in Algerien ein Unternehmen gründen? Sehen Sie hierzu unseren Artikel „Unternehmensgründung in Algerien

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Unser deutschsprachiger CBBL-Anwalt in Algier, Herr Rechtsanwalt Dr. Christian Steiner berät Sie gerne: c.steiner@cbbl-lawyers.de, Tel. +349 55 314 614


Stand der Bearbeitung: September 2022