Aktuelles zum ägyptischen Wirtschaftsrecht
Arbeitsvertrag kündigen in Ägypten 2.0 –Neugestaltung der Kündigungen im reformierten ägyptischen Arbeitsgesetz
Veröffentlicht am 23.09.2025
Von unserem deutschsprachigen CBBL-Anwalt in Kairo, Herrn Rechtsanwalt Dr. Christian Ule, ule@cbbl-lawyers.de, Tel. +20 - 2 - 239 143 44, mideastlaw.de
Mit dem Gesetz Nr. 14/2025 hat Ägypten nach über zwanzig Jahren sein Arbeitsrecht grundlegend reformiert. Das neue Gesetz löst das bislang geltende Gesetz Nr. 12/2003 vollständig ab und bringt mehr Rechtssicherheit, verbindlichere Formvorgaben und einen ausgebauten Arbeitnehmerschutz.
Während das bisherige Recht den Vertragsparteien weite Gestaltungsräume ließ, setzt das neue Gesetz auf klare Definitionen, formale Mindeststandards und institutionelle Kontrolle – sowohl bei der Anbahnung als auch bei der Beendigung von Arbeitsverhältnissen.
Im Überblick zeigen sich insbesondere folgende Neuerungen:
1. Differenzierte Kündigungsfristen und Entschädigungsregeln
- Bei unbefristeten Arbeitsverhältnissen gilt nun eine Mindestkündigungsfrist von drei Monaten für beide Seiten (Art. 156). Wird diese Frist nicht eingehalten, besteht ein Anspruch auf Ersatzzahlung in Höhe der entgangenen Vergütung (Art. 164).
- Bei rechtmäßiger (betriebsbedingten) Kündigung wird der Abfindungsanspruch anhand der Betriebsdauer berechnet: Gem Art. 241 erhält der Arbeitnehmer für die ersten fünf Jahre ein Monatsgehalt pro Jahr, für jedes weitere Jahr 1,5 Monatsgehälter.
- Bei unrechtmäßiger Kündigung durch den Arbeitgeber – etwa ohne berechtigten Grund – besteht weiterhin Anspruch auf eine Abfindung in Höhe von mindestens zwei Monatsgehältern pro Dienstjahr (Art. 165).
- Bei unrechtmäßig vorzeitig gekündigten befristeten Arbeitsverträgen mit einer Dauer von bis zu fünf Jahren hat der Arbeitnehmer nun Anspruch auf die Zahlung von einem Monatsgehalt pro Beschäftigungsjahr (Art. 154). Zudem kann er weiterhin Schadenersatz für den Zeitraum der noch verbliebenen Vertragslaufzeit verlangen.
2. Neue Formerfordernisse und sprachliche Bindung
- Jeder Arbeitsvertrag muss in vier Originalen erstellt und unterschrieben werden.
- Ein Exemplar verbleibt beim Arbeitgeber, die weiteren gehen an den Arbeitnehmer, das zuständige Arbeitsamt und die Sozialversicherung.
- Verträge können weiterhin zweisprachig (z. B. Arabisch–Englisch) abgefasst werden. Rechtsverbindlich ist jedoch ausschließlich die arabische Fassung, auch im Streitfall.
3. Unbefristete Arbeitsverträge jetzt auch für Ausländer möglich
Eine wesentliche Neuerung betrifft die Beschäftigung von ausländischen Fachkräften:
- Die bisherige Beschränkung auf befristete Anstellungsverhältnisse entfällt.
- Ausländer können nun dauerhaft und unbefristet angestellt werden – unter Geltung aller regulären arbeitsrechtlichen Schutzvorschriften.
Das erleichtert vor allem internationalen Unternehmen die langfristige Personalplanung in Ägypten.
4. Institutionalisierte Beendigung und neue arbeitsrechtliche Infrastruktur
- Schriftliche Kündigungen durch Arbeitnehmer müssen nun von der zuständigen Arbeitsbehörde bestätigt werden (Art. 167). Der Arbeitgeber kann innerhalb von 10 Tagen widersprechen und eine gerichtliche Entscheidung über die Rechtmäßigkeit der Kündigung herbeiführen, ansonsten wird die Kündigung rechtswirksam.
- Bei betriebsbedingten Kündigungen (z. B. Umstrukturierung oder Schließung) ist ein Antrag an einen staatlichen Ausschuss erforderlich, der die wirtschaftlichen Gründe prüft und genehmigen muss (Art. 237).
- Mit dem Dekret Nr. 4693/2025 wurde zudem ein kostenloser arbeitsrechtlicher Beratungsdienst für Arbeitnehmer innerhalb der Arbeitsgerichte eingerichtet. Dieser soll vor Einleitung arbeitsgerichtlicher Verfahren klären, ob eine Klage Aussicht auf Erfolg hat und gegebenenfalls Unterstützung leisten.
5. Praktische Implikationen für Arbeitgeber
Die Reform stellt Arbeitgeber vor neue Herausforderungen:
- Standardverträge müssen überarbeitet, Kündigungsprozesse neu aufgesetzt und Dokumentationspflichten verschärft werden.
- Formfehler, undatierte Kündigungen, oder nicht genehmigte Vertragsbeendigungen bergen künftig hohes Haftungspotenzial.
- Unternehmen sollten zudem Rückstellungen für gesetzliche Mindestabfindungen und Urlaubsabgeltungen einplanen.
Fazit
Die ägyptische Arbeitsrechtsreform 2025 markiert den Übergang von einem flexiblen, aber rechtsunsicheren System zu einem verbindlicheren, transparenteren und durchsetzungsfähigeren Arbeitsrecht.
Gerade für internationale Arbeitgeber bedeutet dies:
- mehr Planbarkeit bei der Personalführung,
- höhere Anforderungen an Vertragsgestaltung und Compliance,
- aber auch weniger Unsicherheit bei Streitfällen.
Empfehlung: Unternehmen mit Niederlassung oder Personal in Ägypten sollten kurzfristig prüfen, ob ihre Vertragsmuster, Personalprozesse und Kündigungspraktiken dem neuen Gesetz entsprechen.
Lesen Sie hier unsere weiteren juristischen Ausführungen zur Kündigung von Arbeitsverträgen nach der Arbeitsrechtsreform 2025.
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