Aktuelles zum brasilianischen Wirtschaftsrecht
Aufhebung des Bankgeheimnisses bei Ermittlungen wegen Vollstreckungsbetrugs in Brasilien
02.09.2022
Im Zuge der Ermittlungen in dem berühmten Watergate-Skandal, der den US-Präsidenten Richard Nixon in den 1970er Jahren zu Fall brachte, kann der Vorschlag des damaligen stellvertretenden Direktors des FBI, William Mark Felt, wie folgt zusammengefasst werden: „Follow the money".
Von unserem deutschsprachigen CBBL-Anwalt in São Paulo, Herrn Luiz Adolfo Salioni Mello, Anwalt der Zivilrechtsabteilung, luiz.mello@stussinevessp.com.br, Tel. +55 - 11 - 309 366 00, www.snasp.com.br
In diesem Sinne ist es brasilianischen Richtern seit 2001 ausdrücklich gestattet, den Weg des Geldes auf Bankkonten nachzuverfolgen, um unerlaubte Handlungen aufzudecken, wobei es sich bei diesen nicht zwingend um kriminelle Akte handeln muss. Artikel 1, Absatz 4 des Ergänzungsgesetzes Nr. 105/2001 regelt daher die Ermittlung unerlaubter Handlungen ohne Spezifizierung straf- oder zivilrechtlicher Art, solange die Aufhebung des Bankgeheimnisses in einem Gerichtsverfahren erfolgt.
Der Obere Brasilianische Gerichtshof - STJ - hat im dem besonderem Rechtsmittelverfahren Nr. 1.275.682 im Jahr 2011 bestätigt, dass „das Bankgeheimnis ohne Einschränkungen in Bezug auf die Art der ermittelten unerlaubten Handlung (zivil- oder strafrechtlich) in jeglichem Prozess aufgehoben werden kann”.
Bei der Durchgriffshaftung mittels Aufhebung der juristischen Person kann mit den Worten des Richters Roberto Maia des Justiztribunals des Bundesstaates São Paulo in der Entscheidung über die Beschwerde Nr. 2244220-75.2017.8.26.0000 durch den Zugang zu finanziellen Bewegungen der Parteien „die Möglichkeit der Vermögensvermischung geklärt werden”.
Dem Weg des Geldes zu folgen ist die effizienteste Art, Überweisungen, Ausgänge und Eingänge zu identifizieren, die zu einer Vermögensvermischung oder einem Missbrauch des Verwendungszwecks zwischen Absender und Empfänger führen. Und das beste juristische Werkzeug, um den Beweis zu führen, ist die Aufhebung des Bankgeheimnisses.
Laut Richter Roberto Maia, „darf der verfassungsrechtliche Schutz des Bankgeheimnisses nicht dazu dienen, seine Verbindlichkeiten nicht zu begleichen”. Das heißt, das Bankgeheimnis wird durch andere Verfassungsgrundsätze wie Zugang zur Justiz, Prozesseffektivität und vernünftige Verfahrensdauer relativiert.
Der Schutz der Privatsphäre derjenigen, gegen die ermittelt wird, kann durch gerichtlich verfügte Maßnahmen garantiert werden, wobei an dieser Stelle auf die Regelung des Art. 773 der Zivilprozessordnung zu verweisen ist: „Erhält der Richter bei Anwendung dieses Artikels vertrauliche Daten für Zwecke der Vollstreckung, ergreift er die notwendigen Maßnahmen, um deren Vertraulichkeit sicherzustellen”.
Die Bundesverfassung verweist bei der Regelung des Grundrechts auf die Intimsphäre (Art. 5, X und XII) auch auf den Grundsatz des Zugangs zu den Gerichten, durch den drohende oder erfolgte Rechtsverletzungen nicht von der richterlichen Würdigung ausgenommen werden. Die Abwägung dieser Grundrechte darf nicht dazu führen, dass dem Betrug, dem bösen Glauben im Prozess und der Missachtung des Gerichts Vorschub geleistet werden. Liegen Indizien für die Verdeckung von Vermögenswerten vor, kann bei Gericht die Aufhebung des Bankgeheimnisses beantragt werden.
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