Ihre deutschsprachige Rechtsanwaltskanzlei in der Ukraine
CBBL Rechtsanwalt und Partner Igor Dykunskyy, LL.M., Kanzlei DLF Rechtsanwälte, Kiew
Igor Dykunskyy, LL.M.
Rechtsanwalt und Partner
DLF Rechtsanwälte
Kiew

Aktuelles zum ukrainischen Wirtschaftsrecht

„Bedeutsame Rechtsgeschäfte“ in der Ukraine

22.01.2025

Von unserem deutschsprachigen CBBL-Anwalt in Kiew, Herrn Igor Dykunskyy, LL.M., Rechtsanwalt und Partner, dykunskyy@cbbl-lawyers.de, Tel. +380 44 384 24 54, www.dlf.ua


Gemäß der ukrainischen Gesetzgebung wird ein „bedeutsames Rechtsgeschäft“ für ukrainische Gesellschaften mit beschränkter Haftung wie folgt definiert:

Ein „bedeutsames Rechtsgeschäft“ ist ein Rechtsgeschäft, bei dem der Wert der Güter, Arbeiten oder Dienstleistungen, die den Gegenstand des Rechtsgeschäfts ausmachen, 50 % des Wertes des Nettovermögens der Gesellschaft (gemäß dem letzten festgestellten Finanzbericht) übersteigt. Für den Abschluss eines Vertrages, der für die Gesellschaft ein „bedeutsames Rechtsgeschäft“ darstellt, ist der bloße Wille des Geschäftsführers der Gesellschaft nicht ausreichend. Es ist vielmehr die Zustimmung der Gesellschafterversammlung zum Abschluss des Vertrages erforderlich.

Die Gesellschafter der Gesellschaft müssen in einem solchen Fall daher eine Gesellschafterversammlung einberufen, um einen Beschluss über die Erteilung der Zustimmung zu einem „bedeutsamen Rechtsgeschäft“ zu fassen. Der Beschluss ist in das Protokoll der Gesellschafterversammlung aufzunehmen. Nur mit einem solchen Beschluss ist der Geschäftsführer der Gesellschaft berechtigt, ein „bedeutsames Rechtsgeschäft“ abzuschließen und die dafür erforderlichen Verträge zu unterzeichnen.

Der Wert des Nettovermögens einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung ist auf der Grundlage des letzten von der Gesellschafterversammlung genehmigten Finanzberichts zu ermitteln.

Der Finanzbericht einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung in der Ukraine weist jedoch keine separate Kennzahl „Nettovermögen“ auf. Im Finanzbericht der Gesellschaft entspricht das Nettovermögen der Kennzahl „Eigenkapital“.

Es kann in der Praxis vorkommen, dass der Wert des Nettovermögens der Gesellschaft mit beschränkter Haftung negativ ist. In diesem Fall sind in der Folge sämtliche Rechtsgeschäfte , die von der Gesellschaft getätigt werden, für die Gesellschaft „bedeutsam“, da der Wert der Dienstleistungen oder Waren, die im Rahmen eines Rechtsgeschäfts erbracht werden, den in den Finanzberichten der Gesellschaft ausgewiesenen negativen Wert des Nettovermögens in jenem Fall denklogisch stets übersteigen wird.

Es kann auch vorkommen, dass eine ukrainische Gesellschaft mit beschränkter Haftung innerhalb einer kürzeren Frist gegründet und eingetragen wurde als in der gesetzlichen Frist für die Erstellung und Genehmigung des Finanzberichts. Das ukrainische Recht regelt nicht, ob eine solche Verpflichtung für in der Ukraine neu gegründete Gesellschaften besteht, die noch keinen genehmigten Finanzbericht haben. Es kann daher eine Situation entstehen, in der für ein neu gegründetes Unternehmen jedes Rechtsgeschäft „bedeutsam“ im Sinne des Gesetzes ist.

Mit Zustimmung der Gesellschafter und in Übereinstimmung mit der Satzung der Gesellschaft können darüber hinaus auch andere Rechtsgeschäfte seitens der Gesellschafter als „bedeutsam“ definiert werden, zum Beispiel :

  • Verschenkung von Vermögensgegenständen durch die Gesellschaft
  • Verpfändung von Vermögensgegenständen durch die Gesellschaft
  • Bürgschaft der Gesellschaft für die Erfüllung der Verbindlichkeit eines Dritten
  • Kauf und Verkauf von Immobilien
  • Kauf und Verkauf von Fahrzeugen
  • Ausgabe (Emission) von Wertpapieren oder Kauf und Verkauf von Wertpapieren durch die Gesellschaft
  • Überlassung von Immobilien oder Fahrzeugen durch die Gesellschaft zur Nutzung für einen Zeitraum von mehr als 3 Jahren
  • Aufnahme/Gewährung eines Darlehens oder Kredits durch die Gesellschaft
  • Sonstige Rechtsgeschäfte.

Gemäß ukrainischem Recht können Gesellschaften das Verfahren der Genehmigung „bedeutsamer Rechtsgeschäfte“ selbst bestimmen.

So kann eine Gesellschaft z. B. auf das Verfahren der vorherigen Zustimmung zu wichtigen Rechtsgeschäften auch gänzlich verzichten. Dieses Modell bietet sich bei solchen Gesellschaften mit beschränkter Haftung an, bei denen ein Gesellschafter zugleich Geschäftsführer der Gesellschaft ist. Auf diese Weise kann nämlich vermieden werden, dass jedes Mal ein Beschluss vorbereitet werden muss über die Erteilung der Zustimmung zur Unterzeichnung von Verträgen durch den Geschäftsführer.

Alternativ zum Verzicht sind auch folgende Möglichkeiten denkbar:

  • Die Vorabgenehmigung wird durch die Gesellschafterversammlung für ein Jahr im Voraus gegeben (Beispiel: Der Geschäftsführer wird zu Beginn des Jahres im Protokoll der Gesellschafterversammlung dazu ermächtigt, während des Jahres solche Rechtsgeschäfte selbständig abzuschließen, deren Wert 100.000 EUR in ukrainischer Währung nicht übersteigt) oder
  • es kann auch die Preisschwelle für ein „bedeutsames Rechtsgeschäft“ herabgesetzt werden.

Der Abschluss eines „bedeutsamen Rechtsgeschäfts“ ohne das Vorliegen der erforderlichen Zustimmung der Gesellschafterversammlung führt nicht automatisch zur Nichtigkeit des Vertrags, sondern macht den Vertrag nur anfechtbar. Das bedeutet, dass jede Partei mit einem vernünftigen Interesse vor Gericht die Nichtigkeit des Vertrages geltend machen und dessen Auflösung sowie die Zahlung von Schadensersatz verlangen kann.

Nachteilige Folgen können sich dabei nicht nur für die Gesellschaft ergeben, sondern auch für den Geschäftsführer oder eine andere zur Unterzeichnung eines solchen Vertrags bevollmächtigte Person.

Das ukrainische Recht bestimmt, dass bei einem Verstoß gegen das Zustimmungsverfahren für „bedeutsame Rechtsgeschäfte“ die verantwortlichen Personen in der Gesellschaft gesamtschuldnerisch für den der Gesellschaft entstandenen Schaden haften.

Es empfiehlt sich daher, in das Einheitliche Staatliche Register der juristischen Personen (Handelsregister in der Ukraine) Informationen über die Beschränkungen der Befugnisse des Geschäftsführers einzutragen, wie z. B.
- Schwellenwerte für bestimmte Rechtsgeschäfte,
- Maßgabe, bestimmte Rechtsgeschäfte nur mit vorheriger Zustimmung der Gesellschafterversammlung abzuschließen.

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