Ihre deutschsprachige Rechtsanwaltskanzlei in Brasilien
CBBL Anwalt in Brasilien, Gustavo Stüssi Neves, Kanzlei Stüssi-Neves Advogados
Gustavo Stüssi Neves
Advogado
Stüssi-Neves Advogados
São Paulo, Rio de Janeiro

Aktuelles zum brasilianischen Wirtschaftsrecht

Cost Sharing von Unternehmen in Brasilien mit im Ausland Ansässigen

13.03.2021

Anforderungen und Wirksamkeit

Von unserer deutschsprachigen CBBL-Anwältin in São Paulo, Frau Patrícia Giacomin Pádua, Partnerin der Steuerrechtsabteilung, padua@cbbl-lawyers.de, Tel. +55 - 11 - 309 366www.stussi-neves.com

1. Charakterisierung der geteilten Dienstleistungen als Erstattung in Brasilien

Zwischen Unternehmen derselben Wirtschaftsgruppe mit Sitz in unterschiedlichen Ländern geteilte Kosten und Aufwendungen können ohne hohe Steuerlasten bei Zahlung oder Empfang als reine Erstattung qualifiziert werden. Für die Charakterisierung dieser Kosten und Aufwendungen als Erstattung in Brasilien müssen jedoch bestimmte Voraussetzungen vorliegen.

Um Kosten und Aufwendungen als Erstattung charakterisieren zu können, müssen sie sich zunächst auf die Mittel-Aktivitäten und dürfen sich nicht auf die Zweck-Aktivitäten der juristischen Person, die die Dienstleistungen erbringt, beziehen. Die Dienstleistungen, die Teil des Gesellschaftszwecks der juristischen Person und Dienstleisterin sind, dürfen nicht Gegenstand der Teilung mit der Charakterisierung ihrer Kosten und Aufwendungen als Erstattung sein.

Angesichts dessen ist nur die Anerkennung der Erstattung der geteilten Kosten und Aufwendungen, die dem Dienstleistungsunternehmen effektiv entstanden sind, möglich. Der Aufschlag von Beträgen oder Gewinnmargen auf die geteilten oder erstatteten Kosten oder Aufwendungen ist unzulässig.

Für die Anerkennung von Kosten und Aufwendungen als Erstattung muss es möglich sein, eindeutig zu demonstrieren, dass die geteilten Dienstleistungen den an der Vereinbarung beteiligten Unternehmen gegenseitige Vorteile bringen. Alle Unternehmen müssen von den geteilten Dienstleistungen Vorteile haben, einschließlich der Unternehmen, die die Dienstleistungen erbringen.

Mit Blick auf die Möglichkeit der Demonstration der Erfüllung der verlangten Mindestanforderungen bedarf es neben anderen Dokumenten eines zwischen den Unternehmen der Gruppe abgeschlossenen formellen Vertrages, bei dem es möglich ist, die Gesamtkosten und die geteilten Kosten jeder einzelnen Dienstleistung zu identifizieren, und der die Kriterien für eine vernünftige und objektive Aufteilung festlegt.

Die Mindestanforderungen des erwähnten Vertrages waren Gegenstand der Antwort auf die Anfrage Cosit Nr. 8/12, die wir trotz ihres fachspezifischen Inhalts unten zitieren möchten:

a) die Aufteilung der inhärenten Kosten und Risiken von Entwicklung, Produktion oder Beschaffung von Gütern, Dienstleistungen oder Rechten muss detailliert werden;

b) der Beitrag jedes Unternehmens muss den erwarteten oder effektiv erhaltenen individuellen Vorteilen entsprechen;

c) die Identifikation des spezifischen Vorteils jedes Unternehmens der Gruppe muss klar sein;

d) die Vereinbarung der Erstattung muss vorgesehen sein, worunter die Deckung von der bei Entfaltung einer Aktivität erbrachten Leistung oder Opfer entsprechenden Kosten ohne zusätzlichen Gewinn verstanden wird,

e) es muss ausdrücklich der kollektive Charakter des allen Unternehmen der Gruppe angebotenen Vorteils vorgesehen sein;

f) es muss eine Vergütung der Aktivitäten unabhängig von seiner effektiven Nutzung vorgesehen sein, wobei „zur Verfügung stellen“ zum Nutzen der übrigen Unternehmen der Gruppe ausreicht;

g) es müssen Bedingungen vorgesehen sein, bei denen irgendein anderes Unternehmen unter den gleichen Umständen an dem Vertragsschluss interessiert wäre.

Kurz gesagt muss der Vertrag mit Bestimmungen, die auch für unabhängige Unternehmen attraktiv wären, den Gesamtbetrag der den Unterzeichnern des Vertrages Vorteile verschaffenden Kosten oder Aufwendungen, die Verteilungskriterien und die Form vorsehen, wie die Erstattung der Kosten oder Aufwendungen erfolgt, wobei jedes Unternehmen nur die Kosten der tatsächlich erwarteten oder erhaltenen Vorteile trägt, bei denen die Möglichkeit ihrer Identifikation bestehen muss.

2. Steuern, die in Brasilien verlangt werden können, wenn die Erbringung von Dienstleistungen festgestellt und die Charakterisierung als Erstattung abgelehnt wird

Obwohl die als Erstattung von Kosten und Aufwendungen charakterisierten Beträge keinen Vermögensgewinn repräsentieren, was als Begründung dafür, dass keine Besteuerung erfolgt, schon ausreicht, gibt es in dieser Frage bisher noch keine gefestigte Position des Bundesfinanzamtes.

2.1. Zahlungen von Brasilien ins Ausland

In allgemeinen Zügen fallen auf Zahlungen, Gutschriften oder Überweisungen von Beträgen ins Ausland bezüglich der Erbringung von Dienstleistungen Quellenkörperschaftssteuern in Höhe von 15%, Abgabe auf den Eingriff in die Wirtschaftshoheit (CIDE - Contribuição de Intervenção no Domínio Econômico) in Höhe von 10%, Sozialabgabe für die Finanzierung der Sozialversicherung geschuldet vom Importeur ausländischer Güter oder Dienstleistungen aus dem Ausland (COFINS-Import) in Höhe von 7,6% und Sozialabgabe für die Programme für die soziale Integration und Bildung von Vermögen von Mitarbeitern im Öffentlichen Dienst auf den Import ausländischer Produkte oder Dienstleistungen (PIS/PASEP-Import) in Höhe von 1,65% an. Die Steuer auf Finanzoperationen (IOF) in Höhe von 0,38% wird in jedem Fall verlangt. Die Dienstleistungssteuer (ISS) in Höhe von höchstens 5% kann von der Gemeinde ebenfalls verlangt werden.

Die eventuelle Nutzung der in Brasilien einbehaltenen Quellensteuer im Ausland ist grundsätzlich möglich, bedarf aber eines Doppelbesteuerungsabkommen oder der Gegenseitigkeit.

Die Finanzinstitutionen trifft im Fall der Überweisung von Beträgen für die Erbringung von Dienstleistungen ins Ausland eine Mithaftung. Das ist der Grund dafür, dass letztere dazu tendieren, die auf die Operation anfallenden Steuern einzubehalten, um eventuelle eigene Haftungsrisiken zu beseitigen.

2.2. Empfang bei Unternehmen in Brasilien von Beträgen aus dem Ausland

Die beim brasilianischen Unternehmen für geteilte Dienstleistungen eingegangenen Beträge können den exportierten Dienstleistungen gleichgesetzt werden. In diesem Fall würden auf diese von Unternehmen im Ausland gegen Devisen vergüteten Dienstleistungen keine PIS- und COFINS-Sozialabgaben auf den Umsatz anfallen. Würden sie als Vergütung für erbrachte Dienstleistungen betrachtet, würden in jedem Fall Körperschaftssteuer (IRPJ) und Sozialabgabe auf den Nettogewinn (CSLL) anfallen und von der zuständigen Gemeinde könnte Dienstleistungssteuer (ISS) auf diese Dienstleistung verlangt werden.

3. Eventuelle Risiken und Mechanismen bei der Minimierung/Eliminierung von in Brasilien anfallenden Steuern

Wie gesagt, gibt es noch keine gefestigte Position des Bundesfinanzamtes zur Nichtbesteuerung geteilter und erstatteter Kosten und Aufwendungen. Eine der Folgen ist, dass bei den Operationen von Überweisungen ins Ausland in der Regel der Nachweis der Abführung der Steuern durch die Finanzinstitution verlangt wird.

Besteht die Absicht zu erreichen, dass die Operation nicht besteuert wird, ist für die Minimierung oder sogar Eliminierung eventueller Risiken die adäquate Formalisierung der durchgeführten Operationen wichtig. Es muss möglich sein, durch überzeugende Belege zu demonstrieren, dass die von der verbundenen Partei erhaltenen (oder an sie gezahlten) Beträge sich auf die Deckung von zugunsten des anderen entstandener Kosten beziehen und dadurch keine Erträge/Einkünfte bei demjenigen entstehen, der sie erhält.

Die Verträge müssen detailliert sein, um die Erfüllung der notwendigen Voraussetzungen für die Charakterisierung der Erstattung, mit der daraus folgenden Nichtbesteuerung zu belegen. Die gesamte dies stützende Dokumentation muss aufbewahrt werden.

Eine Alternative für eine Position des brasilianischen Bundesfinanzamtes ist, im Prinzip und vorzugsweise in Richtung der Nichtbesteuerung eine formelle Anfrage, um die auf den Fall anwendbare Auslegung in Erfahrung zu bringen.

Spezifisch für die Operationen der Überweisungen ins Ausland von Beträgen bezüglich der geteilten Kosten und Aufwendungen ist es allerdings möglich, dass die Finanzinstitution selbst dann nicht bereit ist, die Überweisung ohne Einbehalt der Steuern durchzuführen, wenn die betreffenden Unternehmen der Gruppe einen entsprechenden Vertrag abgeschlossen, die gesamte, diese Operation stützenden Dokumentation vorgelegt und beim brasilianischen Bundesfinanzamt eine formelle Anfrage eingereicht haben.

Es kann der Finanzinstitution ferner eine Erklärung vorgelegt werden, in welcher sich das Absenderunternehmen verpflichtet, unverzüglich über die Antwort des brasilianischen Bundesfinanzamtes auf die formelle Anfrage zu informieren, sobald eine solche vorliegt, sowie, sofern zutreffend, die Steuern auf die Operation abzuführen.

Aus unserer Sicht ist es bei Erfüllung der oben genannten Voraussetzungen dementsprechend möglich, die betreffenden Risiken zu minimieren bzw. zu beseitigen.

Sie haben weitere Fragen zum Cost Sharing in Brasilien? Sprechen Sie uns an!

Unser deutschsprachiger CBBL-Anwalt Herr Gustavo Stüssi Neves und sein Team in São Paulo stehen Ihnen gerne zur Verfügung: stussi.sp@cbbl-lawyers.de, Tel. +55 - 11 - 309 366 12