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CBBL Anwalt in Brasilien, Gustavo Stüssi Neves, Kanzlei Stüssi-Neves Advogados
Gustavo Stüssi Neves
Advogado
Stüssi-Neves Advogados
São Paulo

Aktuelles zum brasilianischen Wirtschaftsrecht

Die einseitige Kündigung befristeter Dienstleistungsverträge in Brasilien

10.01.2022

Jeden Tag werden Verträge über die Erbringung von Dienstleistungen abgeschlossen. Es gibt dafür zahllose Musterverträge, die von den Unternehmen im Tagesgeschäft verwendet werden.

Von unserem deutschsprachigen CBBL-Anwalt in São Paulo, Herrn Charles Wowk, Partner der Zivilrechtsabteilung, wowk@cbbl-lawyers.de, Tel. +55 - 11 - 309 366 00www.snasp.com.br

Gerade weil diese Verträge so häufig vorkommen, werden immer wieder Musterverträge oder bereits angepasste Verträge als Grundlage für oft spezifische Bedürfnisse jedes Geschäfts verwendet. Nicht selten führt dies jedoch mit der Zeit zu Verzerrungen und Ungenauigkeiten, die wiederum bestimmte Risiken mit sich bringen, die bei der Unterzeichnung solcher Verträge nicht absehbar waren.

Einer dieser Fälle, der recht häufig auftritt, ist die Regelung der Möglichkeit einer einseitigen Kündigung ohne Kündigungsgrund ohne Vertragsstrafe. So gibt es Klauseln, die das jederzeitige Recht einer Partei vorsehen, die Beziehung ohne Vertragsstrafe durch eine Mitteilung ihrer Entscheidung an die andere Partei zu beenden, häufig unter Beachtung lediglich einer Kündigungsfrist und nicht der ursprünglich festgelegten Laufzeit.

Diese Art von Vertragsbestimmung kann jedoch für die Parteien eine Falle darstellen, weil der Eindruck entsteht, dass der Vertrag ohne Konsequenzen einseitig gekündigt werden kann. Viele Juristen sind der Auffassung, dass die vorzeitige Beendigung ohne Kündigungsgrund nach Artt. 602 und 603 Zivilgesetzbuch zur Entstehung eines Schadensersatzanspruchs der Partei, die die Kündigung nicht zu vertreten, führt:

Art. 602. Der Dienstleister, der einen befristeten Vertrag oder ein Vertrag über ein bestimmtes Werk abgeschlossen hat, darf der Dienstleistung ohne wichtigen Grund nicht fernbleiben und diese nicht abbrechen, bevor die Laufzeit nicht beendet bzw. das Werk nicht abgeschlossen ist.
Einziger Absatz. Bricht er die Dienstleistung ohne wichtigen Grund ab, hat er Anspruch auf die fällige Gegenleistung, haftet aber für Schäden und Verluste. Dasselbe gilt für den Abbruch aus wichtigem Grund.
Art. 603. Wird der Dienstleister ohne wichtigen Grund von seiner Dienstleistung entbunden, ist die andere Partei verpflichtet, ihm die vollständige bereits fällige Gegenleistung sowie die Hälfte der Gegenleistung zu zahlen, die ihm bis zum rechtmäßigen Ende der Laufzeit zustehen würde.

Die brasilianische Rechtsprechung vertritt bei diesem Thema noch keine einheitliche Position. Der Superior Tribunal de Justiça (STJ - bras. BGH) diskutiert, (i) ob eine Klausel in einem befristeten Dienstleistungsvertrag zulässig ist, die die Möglichkeit der einseitigen Kündigung des Vertrages nach vorheriger Mitteilung an die andere Partei vorsieht und (ii) ob die Partei, die diese Art von Rechtsgeschäft abschließt und der Klausel des ausdrücklichen Verzichts auf den Schadenersatzanspruch zustimmt, im Fall der vorzeitigen Kündigung ohne Kündigungsgrund nicht wegen widersprüchlichen Verhaltens gegen den Grundsatz von Treu und Glauben verstößt, wenn er wegen der Kündigung gerichtlich einen Schadenersatzanspruch geltend macht.

Es gibt Gerichtsentscheidungen, nach welcher die Partei, die sich dazu entschlossen hat, die Beziehung vorzeitig zu beenden, selbst dann zum Schadenersatz verpflichtet ist, wenn der Vertrag jegliche Strafe bzw. jeglichen Schadenersatz ausdrücklich ausschließt.

Wie man sieht, können sich hinter vermeintlich einfachen Lösungen wichtige Eventualverbindlichkeiten verstecken.

Solange es keine einheitliche Position unserer Gerichte gibt, empfehlen wir den Parteien im Moment des Vertragsschlusses besondere Aufmerksamkeit und die Bewertung potenzieller Risiken aufgrund einer eventuellen Beendigung befristeter Verträge.

Eine Alternative könnte die Formalisierung von befristeten Verträgen mit einer Bestimmung einer Beendigung durch Erfüllung einer einfachen, von beiden Parteien definierten Kündigungsfrist sein, womit die Zahlung das Risiko der Zahlung von Schadenersatz wegen der Beendigung beseitigt werden könnte. Die Durchführbarkeit dieser Alternative sollte in jedem konkreten Fall mit anwaltlicher Orientierung geprüft werden, weil selbst die unbefristeten Verträge zu zusätzlichen Pflichten führen können, wenn die Kündigungsfrist bspw. mit den zu Beginn des Vertrages oder der Investition der Parteien geschaffenen Erwartungen vereinbar ist.

Die Frage der Beendigung unbefristeter Verträge wird in einem späteren Artikel behandelt.

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Unser deutschsprachiger CBBL-Anwalt Herr Gustavo Stüssi Neves und sein Team in São Paulo stehen Ihnen gerne zur Verfügung: stussi.sp@cbbl-lawyers.de, Tel. +55 - 11 - 309 366 00