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Prof. Dr. Robin van der Hout, LL.M.
Rechtsanwalt und Advocaat
Kapellmann und Partner Rechtsanwälte mbB, Brüssel

Aktuelles zum Kartellrecht und EU-Recht

EuGH: Online-Händler muss nicht telefonisch erreichbar sein

29.07.2019

Der EuGH entschied am 09.07.2019, dass Online-Plattformen wie Amazon nicht zwingend telefonisch erreichbar sein müssen. Ausreichend sei die Bereitstellung eines Kommunikationsmittels, über das mit dem Händler in Kontakt getreten werden kann (EuGH, Urt. v. 10.07.2019, Az. C-649/17).

Von unserem deutschsprachigen CBBL-Anwalt in Brüssel, Herrn Rechtsanwalt und Advocaat Prof. Dr. Robin van der Hout, LL.M., vanderhout@cbbl-lawyers.de, Tel. +32 - 2 - 234 11 60, www.kapellmann.de

Zu der Entscheidung kam es infolge einer Klage der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) gegen Amazon in Deutschland, die bis in die letzte Instanz ging. Der Bundesgerichtshof legte dem EuGH die Frage vor, ob die Richtlinie über die Rechte der Verbraucher (Verbraucherrechterichtlinie 2011/83/EU) einer nationalen Regelung entgegensteht, die den Unternehmer verpflichtet, vor Abschluss eines Vertrages mit einem Verbraucher im Fernabsatz oder außerhalb von Geschäftsräumen stets seine Telefonnummer anzugeben.

Die deutsche Norm, die zum Gegenstand der Vorlagefrage wurde, ist Art. 246a § 1 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 EGBGB. Danach sind unter anderem Online-Händler verpflichtet, eine Telefonnummer, gegebenenfalls Fax-Nummer und E-Mail-Adresse zur Kontaktaufnahme zur Verfügung zu stellen.

Der EuGH kam in dem Urteil zum Ergebnis, dass die Verbraucherrechte-Richtlinie der nationalen Regelung entgegensteht. Unternehmen könnten nicht dazu verpflichtet werden, einen Telefonanschluss oder ein E-Mail-Konto neu einzurichten, damit Verbraucher stets Kontakt mit dem Händler aufnehmen können. Nur wenn der Online-Händler bereits über ein derartiges Kommunikationsmittel verfügt, ist er verpflichtet, die Telefon- oder Faxnummer bzw. E-Mail-Adresse auf der Online-Plattform zu platzieren.

Nach der Richtlinie seien die Unternehmer nur gehalten, dem Verbraucher ein Kommunikationsmittel zur Verfügung zu stellen, das eine „direkte und effiziente“ Kommunikation gewährleistet. Welches Kommunikationsmittel dabei gewählt wird, stellt der Gerichtshof den Unternehmern anheim. Ausreichend seien in etwa auch die Bereitstellung eines elektronischen Kontaktformulars, eines Internet-Chats sowie eines Rückrufsystems.

Voraussetzung ist gleichwohl, dass die Informationen zur Erreichbarkeit des Unternehmers dem Verbraucher klar und verständlich zugänglich gemacht werden. Dass eine Telefonnummer erst nach ein paar „Klicks“ auf der Homepage zu finden ist, mache die Information zur Erreichbarkeit allerdings nicht von vornherein unklar oder missverständlich.

Die Richtlinie bezwecke zwar in erster Linie die Gewährleistung des Verbraucherschutzes, ziele aber auch darauf ab, ein Gleichgewicht zwischen einem hohen Verbraucherschutzniveau und der Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen herzustellen. Die unternehmerische Freiheit solle dabei gewahrt werden.

Letztlich betont der Gerichtshof, dass es Sache der nationalen Gerichte sei, zu beurteilen, ob die dem Verbraucher vom Online-Händler zur Verfügung gestellten Kommunikationsmittel zur schnellen und effizienten Kontaktaufnahme ausreichend seien. Der Bundesgerichtshof muss jetzt auf dieser europarechtlichen Grundlage abschließend entscheiden, ob die im konkreten Fall von Amazon zur Verfügung gestellten Kommunikationsmittel ausreichen und ob die Informationen leicht zugänglich sind.