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Aktuelles zum Kartellrecht und EU-Recht

Streit um Louboutins berühmte rote Sohle: Amazon muss sich Markenrechtsverletzung von Drittanbietern zurechnen lassen, so der EuGH

27.04.2023

Von unserem deutschsprachigen CBBL-Anwalt in Brüssel, Herrn Rechtsanwalt und Advocaat Prof. Dr. Robin van der Hout, LL.M., vanderhout@cbbl-lawyers.de, Tel. +32 - 2 - 234 11 60, www.kapellmann.de


Christian Louboutin, ein französischer Designer für Luxusmode, feiert gleich zwei Erfolge vor dem EuGH in Luxemburg. Louboutins wohl bekanntestes Design sind High-Heels mit einer rotgefärbten Außensohle. Die rote Farbe dieser Außensohle ist als Unionsmarke geschützt.

Der Plattformbetreiber Amazon bietet unterschiedlichste Waren an, die sowohl im eigenen Namen und für eigene Rechnung als auch auf dem dafür bereitgestellten Online-Marktplatz von Händlern angeboten werden. Amazon bietet Drittanbietern verschiedene Unterstützungsleistungen wie die Übernahme der Lagerung oder des Versandes an.
In der ersten Rechtssache (C-148/21) begehrte Louboutin die Feststellung der Verantwortlichkeit von Amazon für die Markenrechtsverletzung und in der zweiten (C-184/21) die Unterlassung der Benutzung seiner Marke sowie Schadensersatz. Der Designer warf Amazon vor, ein mit seiner Marke identisches Zeichen im Geschäftsverkehr genutzt zu haben. Zudem sei Amazon im Besitz der Ware mit dem geschützten Zeichen gewesen. Den Besitz an dieser Ware hatte Amazon dadurch, weil es für die betroffene Ware die Versandleistung für einen Händler übernommen hatte.

Louboutin vertrat vor Gericht die Ansicht, dass obwohl Amazon nicht der Verkäufer der betroffenen Ware war, die begangene Verletzungshandlung dennoch zuzurechnen ist. Amazon habe eine aktive Rolle gespielt und die Drittanbieter bei der Präsentation der Ware unterstützt und sei daher kein neutraler Vermittler.

Dem entgegnete Amazon, dass der EuGH in der Vergangenheit Plattformenbetreibern wie eBay das Handeln von Online-Marktplatzhändlern nicht zugerechnet habe. Amazon vertrat die Ansicht, dass durch die Einbindung des eigenen Logos in die Werbeanzeigen von Dritthändlern kein „sich zu eigen machen“ der Anzeigen vorliege. Auch rechtfertigten die Nebenleistungen, wie z.B. der Versand, nicht die Annahme, dass Amazon eine etwaige Rechtsverletzung des jeweiligen Händlers zuzurechnen ist.

Die vorlegenden Gerichte sahen jedoch einen Unterschied in der Struktur des Amazon Online-Marktplatzes und anderen Online-Marktplätzen darin, dass Amazon auf seiner Webseite die angezeigte Werbung eigener sowie fremder Ware bündelt, einheitlich präsentiert und mit seinem Logo versieht. In Anknüpfung an Art. 9 Abs. 2 der Verordnung 2017/1001 legten die nationalen Gerichte daher mehrere Fragen dem EuGH vor, um zu klären, ob Rechtsverletzungen Dritter Amazon auf Grund der Besonderheiten der Plattform zugerechnet werden können.

Der EuGH verband die o.g. Rechtssachen und beantwortete die Vorlagefragen gemeinsam in seiner Entscheidung vom 22.12.2022.
Zunächst stellte der EuGH fest, dass Art. 9 Abs. 2 lit. a der Verordnung 2017/1001 dem Unionsmarkeninhaber das Recht verleiht, Dritten zu verbieten, im geschäftlichen Verkehr ein mit dieser Marke identisches Zeichen für Waren oder Dienstleistungen zu benutzen und, dass der Begriff des „Benutzens“ in der Verordnung nicht näher definiert sei. Der EuGH erläuterte sodann, dass der Begriff ein aktives Verhalten und eine unmittelbare oder mittelbare Herrschaft über die Benutzungshandlung voraussetze. Daher könne ein Unionsmarkeninhaber nur gegen einen Dritten vorgehen, der tatsächlich in der Lage ist, die Benutzung und somit die Rechtsverletzung zu beenden. Zudem müsse die Benutzung im Rahmen der „eigenen kommerziellen Kommunikation“ erfolgen.

Eigene kommerzielle Kommunikation

Eine eigene kommerzielle Kommunikation sei dann gegeben, wenn die Benutzung eines Zeichens aus Sicht Dritter darauf schließen lässt, dass sie als fester Bestandteil der Kommunikation und somit als Tätigkeit des Unternehmens gewertet werden kann. Dies sei zu bejahen, wenn zu erwarten ist, dass ein normal informierter und angemessen aufmerksamer Nutzer eine Verbindung zwischen den Dienstleistungen des Plattformbetreibers und der Verwendung des betreffenden Zeichens herstellt. Es komme insbesondere auf die Art und Weise an, in der die Anzeigen auf der Plattform präsentiert werden.

In diesem Zusammenhang wies der EuGH auch auf das Transparenzgebot hin und stellte klar, dass Anzeigen auf Plattformen grundsätzlich so präsentiert werden müssen, dass Verbraucher zwischen den Anzeigen des Plattformenbetreibers selbst und Anzeigen von Drittanbietern unterscheiden können.

Bei der Art und Weise wie Amazon die Anzeigen präsentiert, sei eine solche Erkennbarkeit für den Verbraucher jedoch nicht gewährleistet. Es könne der Eindruck entstehen, dass der Betreiber derjenige ist, in dessen Namen und auf dessen Rechnung die Waren zum Verkauf angeboten werden.

Präsentierweise - auch von Drittanbietern

Insbesondere eine Präsentierweise, nach der die verschiedenen Angebote – die eigenen und die von Drittanbietern – in der Weise gebündelt werden, dass sie nach Kategorien wie „Bestseller“, „am häufigsten gewünscht“ oder „am häufigsten geschenkt“ sortiert und ohne Angabe der Herkunft angezeigt werden, könne bei einem Durchschnittsverbraucher diesen Eindruck noch verstärken. Das Gleiche gelte für den Fall, dass ein Plattformbetreiber umfangreiche Dienstleistungen an Drittanbieter erbringt, wie z.B. Übernahme des Versands oder der Lagerung sowie Bearbeitung von Fragen der Nutzer zu den Waren. Sind die betroffenen Waren mit einem geschützten Zeichen versehen, so kann der Verbraucher daher den Eindruck gewinnen, dass der Plattformenbetreiber für dessen Verwendung verantwortlich ist.

Zwar betonte der EuGH, dass es grundsätzlich die Sache der vorlegenden Gerichte sei zu entscheiden, ob eine Zurechnung eines Rechtsverstoßes durch Drittanbieter einem Plattformbetreiber zugerechnet werden kann. Dabei sei insbesondere auf die Besonderheiten des Einzelfalls Rücksicht zu nehmen. Jedoch deutete der EuGH eine starke Tendenz an, Amazon einen solchen Rechtsverstoß – auf Grund der oben beschriebenen Besonderheiten seines Online-Marktplatzes – zurechnen zu wollen.

Fazit

Als Online-Marktplatzbetreiber ist es daher ratsam, die Präsentation auf der eigenen Plattform kritisch zu überprüfen, um der Zurechnung von Rechtsverletzungen Dritter vorzubeugen.

Sie haben weitere Fragen zu Markenrechtsverletzungen von Drittanbietern nach EU-Recht? Sprechen Sie uns an!

Unser deutschsprachiger CBBL-Anwalt in Brüssel, Herr Rechtsanwalt und Advocaat Prof. Dr. Robin van der Hout, LL.M., berät Sie gerne: vanderhout@cbbl-lawyers.de, Tel. +32 - 2 - 234 11 60, www.kapellmann.de