Aktuelles zum Wirtschaftsrecht in Hong Kong
“Todesstoß“ für die Anordnung von Sicherheitsleistungen durch Gerichte in Hong Kong in Bezug auf Kostenbeschlüsse gegen Kläger aus Festlandchina?
01.10.2024
Von unserem deutschsprachigen CBBL-Anwalt in Hong Kong, Herrn Rechtsanwalt Stefan Schmierer, schmierer@cbbl-lawyers.de, Tel. +852 2388 3899, www.rs-lawyers.com.hk
Am 29. Januar 2024 ist die Einführung der Festland-Urteile bezüglich der Verordnung zur gegenseitigen Vollstreckbarkeit in Zivil- und Handelssachen (“REO” – Reciprocal Enforcement Ordinance) in Kraft getreten. Dadurch wurde der Anwendungsbereich der Anerkennung und Vollstreckung von Urteilen in Zivil- und Handelssachen zwischen Hong Kong und Festlandchina erweitert.
Im Fall Du Guorong gegen Bank of China International Limited wurde behandelt, inwieweit dieser erweiterte Anwendungsbereich der Anerkennung und Vollstreckung von Urteilen gemäß der REO zu einer einfacheren und direkteren Vollstreckung eines Hong Konger Urteils in Festlandchina führt. Einhergehend wurde geprüft, ob für einen Beklagten (oder eine Partei in der Position eines Beklagten) die Notwendigkeit besteht, gegen einen Kläger in Festlandchina die Anordnung einer Sicherheitsleistung zu erlangen.
Im Fall von Du Guorong entschied das Gericht, dass bei der Prüfung eines Antrags auf Sicherheitsleistung gegen einen ausländischen Kläger in Festlandchina die „leichte“ Vollstreckbarkeit eines Hong Konger Kostenbeschlusses in Festlandchina nur einer von mehreren Faktoren ist, die das Gericht berücksichtigt. Trotz des erweiterten Anwendungsbereichs der Anerkennung und Vollstreckung gemäß der REO bleibt die praktische Haltung der Hong Konger Gerichte unverändert. Das bedeutet, dass sie die Vollstreckung von Hong Konger Gerichtsentscheidungen in Festlandchina weiterhin als schwierig einstufen.
Position des Klägers
Der Fall basiert auf dem Widerspruch des Klägers gegen die vom Beklagten geforderte zusätzliche Sicherheitsleistung in Höhe von 12 Mio. HK$ für die Zeit bis zum Ende des Verfahrens, sowohl in Bezug auf die Haftung als auch auf die Höhe. Obwohl der Kläger bereits zweimal Sicherheitsleistungen in dem Verfahren erbracht hatte, argumentierte er, dass es unter dem erweiterten Anwendungsbereich der REO wenig Schwierigkeiten bei der Vollstreckung eines Hong Konger Kostenbeschlusses in Festlandchina geben würde. Dies würde die Notwendigkeit einer weiteren Sicherheitsleistung für den Beklagten überflüssig machen, falls der Kläger etwaige Kostenbeschlüsse nicht erfüllen könnte.
Entscheidung des Hong Konger Gerichts
Zum Zeitpunkt der Entscheidung des Gerichts war die REO noch nicht in Kraft. Das Gericht befand jedoch, dass das Argument des Klägers und die diesbezügliche Entscheidung des Gerichts die Veröffentlichung einer schriftlichen Entscheidung rechtfertigen.
Das Gericht stellte fest, dass im Gegensatz zu den Common-Law-Rechtsordnungen, mit denen die Hong Konger Gerichte vertraut sind und in denen ein Urteil einer anderen Common-Law-Rechtsordnung einfach registriert und dann vollstreckt werden kann, detaillierte Regeln der REO hierzu erst noch bestimmt werden müssten.
Der Kläger hat die Ansicht vertreten, dass das Gericht einen Antrag auf Sicherheitsleistung für Kostenbeschlüsse ablehnen müsse, wenn ein Beklagter nicht nachwesen kann, dass es bei der Vollstreckung des Kostenbeschlusses in der ausländischen Gerichtsbarkeit Schwierigkeiten geben werde. Das Gericht war jedoch der Meinung, dass in diesem Zusammenhang gleichwohl zwischen der Vollstreckung eines Urteils in Common-Law-Ländern und der Vollstreckung in Festlandchina unterschieden werden müsse.
Wenn die Vollstreckung eines Hong Konger Kostenbeschlusses in einer ausländischen Gerichtsbarkeit wie z.B. Singapur erfolgt und dabei dem Reciprocal Enforcement of Foreign Judgment Act unterliegt, ist das Hong Konger Gericht mit dem Registrierungsprozess, der Zeit und den damit verbundenen Kosten gut vertraut. Etwas anderes gilt, wenn es sich bei der betreffenden ausländischen Gerichtsbarkeit um Festlandchina handelt. In diesem Fall vertreten die Hong Konger Gerichte in der Praxis die Position, dass es durchaus Schwierigkeiten bei der Vollstreckung eines Hong Konger Gerichtsbeschlusses in Festlandchina geben kann.
Folglich lehnte das Gericht, ohne näher auf die Details der Umsetzung der Anerkennung und Vollstreckung eines Hong Konger Kostenbeschlusses gemäß der REO einzugehen und ohne entsprechende Beweise zu diesem Thema zu erheben, das Argument des Klägers ab und gab dem Antrag des Beklagten auf Anordnung einer Sicherheitsleistung für Kosten statt.
Schlussfolgerung
Da der Fall Du Guorong vor der Umsetzung der REO entschieden wurde, bleibt abzuwarten, wie die Position der Hong Konger Gerichte in Bezug auf Anträge auf Sicherheitsleistung gegen einen Kläger in Festlandchina künftig, d.h. nach der Umsetzung der REO, aussehen wird.
Obwohl sich die Haltung der Hong Konger Gerichte vor diesem Hintergrund gegenüber Festlandchina ändern könnte, kann dieser Fall als Warnung für künftige Parteien eines gerichtlichen Verfahrens dienen.
Bevor die Hong Konger Gerichte bei der Entscheidung über die Anordnung einer Sicherheitsleistung ihr Ermessen ausüben, werden sie – trotz des erweiterten Anwendungsbereichs der neuen REO Regeln – weiterhin alle Umstände des konkreten Einzelfalles berücksichtigen und nicht nur auf die generelle „Leichtigkeit oder Schwierigkeit“ der Vollstreckung eines Hong Konger Urteils in Festlandchina abstellen.
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Unser deutschsprachiger CBBL-Anwalt in Hong Kong, Herr Rechtsanwalt Stefan Schmierer, berät Sie gerne: schmierer@cbbl-lawyers.de, Tel. +852 2388 3899