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CBBL Rechtsanwalt und Advocaat Prof. Dr. Robin van der Hout, LL.M., Kanzlei Kapellmann und Partner Rechtsanwälte mbB, Brüssel
Prof. Dr. Robin van der Hout, LL.M.
Rechtsanwalt und Advocaat
Kapellmann und Partner Rechtsanwälte mbB, Brüssel

Aktuelles zum Kartellrecht und EU-Recht

Eine neue Ära des Verbraucherschutzes:
Wie Wirtschaftsakteure und Online-Marktplätze durch die neue EU-ProdSVO in die Pflicht genommen werden

16.06.2025

Von unserem deutschsprachigen CBBL-Anwalt in Brüssel, Herrn Rechtsanwalt und Advocaat Prof. Dr. Robin van der Hout, LL.M., vanderhout@cbbl-lawyers.de, Tel. +32 - 2 - 234 11 60, www.kapellmann.de


Am 13. Dezember 2024 trat die neue EU-Produktsicherheitsverordnung 2023/988 (EU-ProdSVO) in Kraft und läutete einen entscheidenden Wandel für den Verbraucherschutz ein. Sie ersetzte die bisherige Richtlinie 2001/95/EG und ist für Unternehmen aller Branchen und Größenordnungen von Bedeutung.

Die Verordnung wurde insbesondere im Hinblick auf den wachsenden Online-Handel und die damit verbundenen neuen Technologien angepasst. Sie zielt darauf ab, Hersteller, Importeure, Einführer, Bevollmächtigte und Fulfillment-Dienstleister stärker in die Pflicht zu nehmen, um die Bereitstellung sicherer Verbraucherprodukte auf dem Markt zu gewährleisten. Dabei sind bestimmte Produkte, wie Arznei-, Lebens- und Futtermittel, Beförderungsmittel, Luftfahrzeuge oder Verbraucherprodukte mit etwaigen Spezialvorschriften ausgenommen. Die ProdSVO erweitert dahingehend den Geltungsbereich auf neue Akteure, wie Fulfillment-Dienstleister und Online-Marktplätze.

Im Zuge dieser Erweiterung ergeben sich für die unterschiedlichen Wirtschaftsakteure teils neue oder strengere Anforderungen. Eine bedeutende Neuerung betrifft die Pflichten der Hersteller. Diese sind unter anderem dazu verpflichtet, für jedes Produkt bereits in der Entwicklungsphase eine interne Risikoanalyse durchzuführen. Dies stellt sicher, dass potenzielle Gefährdungen frühzeitig erkannt und entsprechend berücksichtigt werden. Darüber hinaus müssen Hersteller ein technisches Dossier anfertigen, das die sicherheitsrelevanten Eigenschaften des Produkts beinhaltet und folglich die Einhaltung der vorgeschriebenen Sicherheitsstandards bzw. Sicherheitsvorkehrungen nachweist.

Zusätzlich wird die Herstellerkennzeichnung um die E-Mail-Adresse oder Internetadresse des Herstellers erweitert, um mehr Transparenz und eine einfachere Kontaktaufnahme zu gewährleisten.

Auch die Pflichten für Händler und Importeure wurden durch die ProdSVO verschärft. Während die grundlegenden Verantwortlichkeiten der Händler weitgehend unverändert bleiben, wird nun verstärkt darauf geachtet, dass sämtliche Produkte vor dem Verkauf alle erforderlichen Kennzeichnungen, Konformitätsanforderungen und Produktinformationen aufweisen. Dazu gehört auch die Verbraucher über mögliche Gefahren aufzuklären sowie die korrekte Nutzung der Produkte zu vermitteln.

Importeure müssen darüber hinaus sicherstellen, dass Hersteller ihrer Pflicht der umfassenden Risikoanalyse, der Erstellung technischer Unterlagen sowie ihren Identifizierungs- und Kennzeichnungspflichten nachkommen. Im Falle einer potenziellen Gefährdung durch ein Produkt, sind Importeure künftig dazu verpflichtet, sowohl den Hersteller als auch die Verbraucher zu benachrichtigen und die Marktüberwachungsbehörde über das Schnellwarnsystem „Safety-Business-Gateway“ informieren. Ein solches Produkt darf nicht in Umlauf gebracht werden – eine Regelung, die ebenfalls für die Hersteller gilt.

Außerdem sehen die Bestimmungen der ProdSVO Meldepflichten für alle Wirtschaftsakteure vor. Sollten Unfälle mit Produkten zu Todesfällen oder gesundheitlichen Beeinträchtigungen führen, müssen diese umgehend gemeldet werden. Darüber hinaus sind sie dazu angehalten, eigenverantwortlich eine systematisches Produkt-Compliance in ihre Produktions- oder Vermarktungstätigkeiten zu integrieren, um die Einhaltung der einschlägigen Anforderungen der Verordnung sicherzustellen.

Im Zusammenhang mit den erweiterten Pflichten der genannten Wirtschaftsakteure, dürfen auch die Betreiber von Online-Marktplätzen nicht ungeachtet bleiben. Auch wenn die Plattformen nicht unmittelbar als Wirtschaftsakteure zu klassifizieren sind, unterliegen sie dennoch spezifischen Verpflichtungen. Die Anbieter von Online-Marktplätzen müssen sicherstellen, dass die auf der Plattform angebotenen Produkte den geltenden Sicherheitsstandards entsprechen und die Plattform derart konzipiert ist, dass Anbieter Angaben zur Herstellerkennzeichnung hinterlegen können. Zudem sind sie bei Rückrufaktionen verpflichtet, relevante Informationen sowohl an die Anbieter als auch an die Verbraucher weiterzuleiten und eine zentrale Kontaktstelle zu benennen. Diese Anpassung im Hinblick auf Online-Marktplätze soll sicherstellen, dass die gleichen Sicherheitsstandards wie im stationären Einzelhandel gewährleistet werden.

Im Einklang mit diesen erweiterten Pflichten, enthält die neue ProdSVO klare Vorgaben für die Durchführung von Rückrufaktionen. Wirtschaftsakteure sowie gegebenenfalls Anbieter von Online-Marktplätzen, müssen die ihnen zur Verfügung stehenden Kundendaten nutzen, um Verbraucher rechtzeitig über mögliche Risiken eines Produkts zu informieren. Die Rückrufmodalitäten selbst sollten für die Verbraucher unkompliziert gestaltet sein, sodass die Abhilfemaßnahmen, wie Reparatur, Ersatz oder Erstattung des Produktwertes, effektiv, kostenfrei und zeitnah umgesetzt werden können.

Für bereits auf dem Markt befindliche Produkte gilt grundsätzlich Bestandsschutz. Ihre Bereitstellung darf von den Mitgliedstaaten nicht behindert werden. Allerdings müssen Produkte, die zwar vor dem 13. Dezember 2024 hergestellt, aber noch nicht auf dem Markt erhältlich waren, den neuen Bestimmungen der ProdSVO entsprechen.

Diese umfassenden Neuerungen sind nicht nur im allgemeinen Wirtschaftsverkehr, sondern auch im Online-Handel zu berücksichtigen. Durch erhöhte Kennzeichnungs- und Informationspflichten wird weiterhin ein hoher Sicherheitsstandard für Verbraucher garantiert, wodurch die ProdSVO einen wichtigen Beitrag zum Schutz der Konsumenten leistet.

Sie haben weitere Fragen zum Verbraucherschutz und neuen EU-ProdSVO und was das für Wirtschaftsakteure und Online-Marktplätzebedeutet? Sprechen Sie uns an!

Unser deutschsprachiger CBBL-Anwalt in Brüssel, Herr Rechtsanwalt und Advocaat Prof. Dr. Robin van der Hout, LL.M., berät Sie gerne: vanderhout@cbbl-lawyers.de, Tel. +32 - 2 - 234 11 60, www.kapellmann.de