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CBBL Rechtsanwalt und Advocaat Prof. Dr. Robin van der Hout, LL.M., Kanzlei Kapellmann und Partner Rechtsanwälte mbB, Brüssel
Prof. Dr. Robin van der Hout, LL.M.
Rechtsanwalt und Advocaat
Kapellmann und Partner Rechtsanwälte mbB, Brüssel

Aktuelles zum Kartellrecht und EU-Recht

Verjährung nationaler Sanktionierungsbefugnisse von Wettbewerbsverstößen

30.03.2021

EuGH-Urteil vom 21.01.2021 – C-308/19 (Consiliul Concurenţei/Whiteland Import Export SRL)

Von unserem deutschsprachigen CBBL-Anwalt in Brüssel, Herrn Rechtsanwalt und Advocaat Prof. Dr. Robin van der Hout, LL.M., vanderhout@cbbl-lawyers.de, Tel. +32 - 2 - 234 11 60, www.kapellmann.de

Der EuGH hat am 21.01.2021 eine Vorlage des obersten rumänischen Gerichtshofs bezüglich der Anwendbarkeit des Art. 25 Abs. 3 der EU-Kartellverfahrens-VO auf eine nationale Vorschrift über die Verjährungshemmung im Fall von Wettbewerbsverstößen durch Unternehmen beantwortet. In der Vorschrift ist geregelt, dass jede Handlung der Kommission oder einer nationalen Wettbewerbsbehörde, die auf die Verhängung einer Geldbuße aufgrund eines Wettbewerbsverstoßes gerichtet ist, die Verjährung hemmt. Dies konfligiert mit einer Regelung des rumänischen Wettbewerbsgesetzes (a.F.), wonach die Entscheidung der Wettbewerbsbehörde zur Verfahrenseröffnung die zeitlich letzte Handlung ist, die die Verjährung unterbrechen kann.

In dem dem Ausgangsverfahren zugrunde liegenden Rechtsstreit ging es um die Verhängung einer Geldbuße gegen das Lebensmittelunternehmen Whiteland Import Export SRL am 14.04.2015. Die Einleitung der Untersuchung geschah jedoch bereits am 07.09.2009, weshalb das Berufungsgericht den Ablauf der Verjährungsfrist auf den 07.09.2014 terminierte. Alle weiteren nach Einleitung der Untersuchung vorgenommenen Handlungen der Wettbewerbsbehörde seien nicht in der Lage, die Verjährung zu hemmen, so das Berufungsgericht. Art. 25 Abs. 3 der EU-Kartellverfahrens-VO sei nur auf die Kommission anwendbar und regele nicht die Verjährungsfristen für die Festsetzung von Geldbußen durch die nationalen Wettbewerbsbehörden.

Der EuGH gab dieser Auffassung Recht und entschied, dass die nationalen Gerichte nicht verpflichtet sind, Art. 25 Abs. 3 der EU-Kartellverfahrens-VO auf die Verjährung von Befugnissen einer nationalen Wettbewerbsbehörde zur Verhängung von Sanktionen wegen Zuwiderhandlungen gegen das Wettbewerbsrecht der Union anzuwenden.

Zur Begründung stellt der Gerichtshof, da der Wortlaut die Tragweite der Norm nicht begrenzt, auf den Kontext der Vorschrift ab, indem er auf Art. 25 Abs. 1 dieser VO hinweist. Dieser Absatz erwähnt ausschließlich die Befugnis der Kommission, Sanktionen zu verhängen. Daraus folgert er, dass Art. 25 insgesamt nicht auf Bestimmungen der nationalen Wettbewerbsbehörden anwendbar ist. Da das System der Durchsetzung der Wettbewerbsvorschriften überdies dezentral ausgestaltet ist, bestünde kein Bedarf, die für die Kommission geltenden Verjährungsregeln heranzuziehen. Vielmehr richteten sich die Verjährungsvorschriften nach nationalem Recht.

Ferner beantwortete der Gerichtshof die Frage, in welchem Fall eine nationale Vorschrift, die eine mehrmalige Hemmung der Verjährungsfrist ausschließt, im Lichte der Art. 4 Abs. 3 und Art. 101 AEUV und dessen effektiver Durchsetzung unionsrechtskonform ausgelegt oder gar unangewendet bleiben muss. Dies ist laut EuGH dann der Fall, wenn sich in Ansehung aller Elemente der in Rede stehenden Verjährungsregelung erweist, dass ein solcher Ausschluss eine systemische Gefahr der Nichtahndung solcher Zuwiderhandlungen birgt. Dies sei vom vorlegenden Gericht zu prüfen.

Zur Begründung zieht der Gerichtshof einen Vergleich zwischen den Zielen Rechtssicherheit und Behandlung der Rechtssachen innerhalb angemessener Frist auf der einen Seite und der tatsächlichen und wirksamen Durchsetzung der Art. 101 und 102 AEUV auf der anderen Seite. Die enge Auslegung der in Rede stehenden nationalen Vorschrift könne sich demnach als Hemmnis für die wirksame Durchsetzung der Wettbewerbsvorschriften der Union durch die nationalen Wettbewerbsbehörden erweisen, da diese Auslegung eine „systemische Gefahr“ der Nichtahndung von Zuwiderhandlungen gegen das Wettbewerbsrecht der Union bergen könnte. All dies sei vom nationalen Gericht zu prüfen.
Abschließend lässt sich hervorheben, dass der EuGH endlich für Klarheit gesorgt hat, indem er entschied, dass Art. 25 EU-Kartellverfahrens-VO in seinem Anwendungsbereich auf die Kommission beschränkt ist. Seine Ausführungen zur konkreten nationalen Regelung haben allerdings nur noch für alte Fälle Bedeutung, da die rumänischen Verjährungsregeln 2015 angepasst wurden und nun auch die Verjährungshemmung durch andere Untersuchungshandlungen zulassen.

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