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CBBL Rechtsanwalt und Advocaat Prof. Dr. Robin van der Hout, LL.M., Kanzlei Kapellmann und Partner Rechtsanwälte mbB, Brüssel
Prof. Dr. Robin van der Hout, LL.M.
Rechtsanwalt und Advocaat
Kapellmann und Partner Rechtsanwälte mbB, Brüssel

Aktuelles zum Kartellrecht und EU-Recht

EU verabschiedet Gesetz über digitale Märkte (DMA)

12.10.2022

Als Teil des Pakets zur Schaffung eines Rechtsrahmens für digitale Dienste hat der EU-Gesetzgeber das Gesetz über digitale Märkte (englisch „Digital Markets Act“, kurz „DMA“) verabschiedet*.

Von unserem deutschsprachigen CBBL-Anwalt in Brüssel, Herrn Rechtsanwalt und Advocaat Prof. Dr. Robin van der Hout, LL.M., vanderhout@cbbl-lawyers.de, Tel. +32 - 2 - 234 11 60, www.kapellmann.de

Der DMA tritt am 01. November 2022 in Kraft und gilt – vorbehaltlich von einzelnen Übergangsbestimmungen – ab dem 02. Mai 2023. Er gilt als Verordnung unmittelbar in den Mitgliedstaaten und bedarf keiner weiteren Umsetzung.

Der DMA reguliert den digitalen Markt auf EU-Ebene, indem Gebote und Verbote für Betreiber zentraler Plattformdienste (sog. „Gatekeeper“) begründet werden. Bei diesen wird vermutet, dass sie aufgrund ihrer Marktstellung die Macht haben zu entscheiden, welche Produkte und Inhalte sie ihren Nutzern anzeigen, nur erschwert zugänglich machen oder gar vorenthalten. Durch den DMA soll das nun verhindert und ein faires digitales Umfeld geschaffen werden.

Die Regelungen des DMA ergänzen die bereits geltenden wettbewerbsrechtlichen Vorschriften. Im Unterschied zu Art. 102 AEUV gelten die Regeln des DMA ex ante mit Erlangen der Gatekeeper-Stellung und ungeachtet einer marktbeherrschenden Stellung des Gatekeepers oder der tatsächlichen, möglichen oder vermuteten Auswirkungen des Verhaltens eines Gatekeepers auf den relevanten Markt.

An wen richtet sich der DMA?

Der DMA richtet sich an Betreiber einer oder mehrerer zentraler Plattformdienste. Hierzu gehören Online-Vermittlungsdienste (z.B. die App Stores von Google und Apple und Amazon Marketplace), Online-Suchmaschinen, Online-Dienste sozialer Netzwerke (z.B. Facebook, Instagram), Video-Sharing-Plattform-Dienste (z.B. YouTube/Google), nummernabhängige interpersonelle Kommunikationsdienste (z.B. WhatsApp), Betriebssysteme, Cloud-Computing-Dienste, Werbedienste, Webbrowser und virtuelle Assistenten (z.B. Apples Siri-Assistent). Die Gatekeeper-Stellung wird bei solchen Unternehmen vermutet, die entweder in der EU einen Jahresumsatz von mindestens EUR 7,5 Mrd. oder eine Marktkapitalisierung von mindestens EUR 75 Mrd. erzielen sowie mindestens 45 Mio. monatliche aktive Endnutzer und 10.000 jährlich aktive gewerbliche Nutzer haben. Dies dürfte insbesondere für Google/Alphabet, Amazon, Facebook/Meta, Apple und Microsoft zutreffen. Erreicht ein Unternehmen diese Schwellenwerte, hat es dies der Europäischen Kommission unverzüglich mitzuteilen. Die Europäische Kommission entscheidet dann über die Einstufung als Gatekeeper. Die Europäische Kommission kann auch von Amts wegen die Gatekeeper-Stellung prüfen.

Welche Pflichten legt der DMA den Gatekeepern auf?

Die sich aus dem DMA für Gatekeeper ergebenden Pflichten sind umfangreich und zum Teil auch noch nicht abschließend bestimmt. Art. 5 DMA begründet eine Reihe von unmittelbar geltenden Verboten bzw. Verpflichtungen. Insbesondere gilt:

  • Gatekeeper dürfen personenbezogene Daten aus zentralen Plattformdiensten nicht mit solchen Daten mischen, die aus anderen eigenen Diensten der Gatekeeper oder von Dritten herrühren.
  • Gatekeeper dürfen keine automatische Anmeldung für andere Dienste des Gatekeepers vorsehen, außer Endnutzer haben nach den Kriterien der DSGVO zugestimmt.
  • Gatekeeper müssen den gewerblichen Nutzern erlauben, Endnutzern ihre Produkte auf anderen Online-Vertriebskanälen anzubieten und dürfen dabei keine Vorgaben zu dortigen Preisen und Bedingungen machen.
  • Gewerbliche Nutzer müssen die kostenfreie Möglichkeit haben, den Endnutzern über den zentralen Plattformdienst oder über andere Kanäle Angebote zu unterbreiten und Verträge mit diesen abzuschließen, ohne dass es darauf ankommt, ob hierfür der Plattformdienst genutzt wurde.
  • Gatekeeper dürfen nicht verlangen, dass Endnutzer oder gewerbliche Nutzer einen bestimmten Identifizierungs- oder Zahlungsdienst verwenden.
  • Gewerbliche Nutzer und Endkunden dürfen nicht gezwungen werden, bei der Nutzung eines zentralen Plattformdienstes einen weiteren zentralen Plattformdienst des Gatekeepers ebenfalls zu nutzen.
  • Wer Werbedienste des Gatekeepers in Anspruch nimmt, hat einen besonderen Auskunftsanspruch.

Art. 6 DMA enthält weitere Vorgaben, die jedoch vor der Umsetzung von der Europäischen Kommission im Dialog mit dem Gatekeeper noch konkretisiert werden müssen. Dazu gehören insbesondere:

  • Gatekeeper dürfen die Daten ihrer gewerblichen Nutzer – inklusive der Daten ihrer Kunden – nicht im Wettbewerb mit gewerblichen Nutzern verwenden.
  • Endnutzer müssen die Möglichkeit haben, vorinstallierte Anwendungen zu entfernen und eigene Programme von Drittanbietern zu installieren und nutzen.
  • Gatekeepern ist es verboten, eigene Dienste zu bevorzugen, beispielsweise beim Ranking in einer Suchergebnisliste. Das Ranking hat anhand fairer und nichtdiskriminierender Bedingungen zu erfolgen.

Für nummernunabhängige interpersonelle Kommunikationsdienste gibt Art. 7 DMA besondere Interoperabilitätspflichten vor.

Die Europäische Kommission ist befugt, die in dem DMA geregelten Pflichten zu ergänzen, um auf etwaige von den Gatekeepern neu entwickelte Geschäftspraktiken reagieren zu können.

Wie werden die Pflichten aus dem DMA durchgesetzt?

Die Überwachung und Durchsetzung der Einhaltung der Pflichten aus dem DMA obliegt allein der Europäischen Kommission. Hierbei arbeitet sie aber mit den für die Durchsetzung von Wettbewerbsvorschriften zuständigen nationalen Behörden der Mitgliedstaaten zusammen.

Verstößt ein Gatekeeper gegen die ihm obliegenden Pflichten, erlässt die Europäische Kommission einen Nichteinhaltungsbeschluss, in welchem sie den Verstoß feststellt und dem Gatekeeper eine Frist zum Abstellen des Verhaltens setzt. In dringenden Fällen, wenn die Gefahr eines schweren und irrreversiblen Schadens für gewerbliche Nutzer droht, kann die Europäische Kommission einstweilige Maßnahmen anordnen.

Ferner hat die Europäische Kommission die Möglichkeit, die Einhaltung der sich aus dem DMA ergebenden Pflichten durch Geldbußen und Zwangsgelder durchzusetzen. Bei vorsätzlichen oder fahrlässigen Verstößen kann eine Geldbuße von bis zu 10 % (im Wiederholungsfall bis zu 20 %) des im vorausgegangenen Geschäftsjahr weltweit erzielten Gesamtumsatzes des Unternehmens verhängt werden.

Worauf sollten Unternehmen und Wirtschaftsverbände jetzt achten?

Auch für Unternehmen, die selbst keine Gatekeeper sind, aber Geschäftsbeziehungen zu einem oder mehreren unterhalten, ist der DMA von Relevanz. Im Rahmen der Untersuchungsverfahren kann die Europäische Kommission von Unternehmen oder Wirtschaftsverbänden Auskünfte verlangen. Die Beantwortung der Fragebögen der Europäischen Kommission ist verpflichtend. Unrichtige, unvollständige oder irreführende Auskünfte können mit Geldbußen von bis zu 1 % des im Vorjahr weltweit erzielten Gesamtumsatzes belegt werden.

Sie haben weitere Fragen zum neuen EU-Gesetz über digitale Märkte? Sprechen Sie uns an!

Unser deutschsprachiger CBBL-Anwalt in Brüssel, Herr Rechtsanwalt und Advocaat Prof. Dr. Robin van der Hout, LL.M., berät Sie gerne: vanderhout@cbbl-lawyers.de, Tel. +32 - 2 - 234 11 60, www.kapellmann.de