Ihre deutschsprachige Rechtsanwaltskanzlei in Polen
CBBL Rechtsanwalt Daniel Gößling, Kanzlei BSJP bnt attorneys in CEE, Warschau
Daniel Gößling
Rechtsanwalt
BSJP bnt attorneys in CEE
Warschau


Arbeitsrecht in Polen

Von unserem deutschsprachigen CBBL-Anwalt in Warschau, Herrn Daniel Gößling, goessling@cbbl-lawyers.de, Tel. +48 - 22 - 279 31 00, www.bnt.eu


Finden Sie nachfolgend ausführliche Informationen zu Fragen des Arbeitsrechts für ausländische Arbeitgeber in Polen:

  1. Gesetzliche Arbeitszeit in Polen
  2. Urlaubstage und Urlaubsgewährung in Polen
  3. Regelung der Arbeit im Home Office in Polen (Fernarbeit)


1. Gesetzliche Arbeitszeit in Polen

Die wöchentliche Arbeitszeit und Überstunden sind in Polen gesetzlich geregelt.

Die gesetzliche Arbeitszeit in Polen beträgt grundsätzlich 8 Stunden pro Tag in einer durchschnittlichen 5-Tage-Woche, in Summe also durchschnittlich 40 Stunden pro Woche.

Dieser Durchschnitt muss sich innerhalb eines bestimmen Ausgleichszeitraums ergeben, der im Normallfall bis zu vier Monate beträgt, mindestens jedoch vier Wochen und maximal 12 Monate.

Grundsätzlich wird nach Ablauf des Abrechnungszeitraums ermittelt, ob der Arbeitnehmer in dieser Zeit mehr oder weniger als 40 Stunden pro Woche gearbeitet hat, wobei üblicherweise eine Fünf-Tage-Woche zu Grunde gelegt wird. Zusätzliches Gehalt wegen Überstunden, die sich aus der Überschreitung der Tagesnorm von 8 Stunden ergeben, soll grundsätzlich zusammen mit dem Monatsgehalt für den Monat, in dem die Überstunden entstanden sind, ausgezahlt werden. In anderen Fällen ist dies jedoch erst am Ende des Ausgleichszeitraums möglich (s.u.).

Für Arbeit, die der Mitarbeiter an einem an sich arbeitsfreien Tag leistet (also z.B. an einem Samstag, wenn der Mitarbeiter üblicherweise nur von Montag bis Freitag arbeitet), soll er als Ausgleich einen bezahlten freien Tag erhalten (Freizeitausgleich), der in Abstimmung zwischen Arbeitgeber und Mitarbeiter bis zum Ende des Abrechnungszeitraums erteilt werden sollte.

Führt die Arbeit an einem an sich freien Tag jedoch zu einer Überschreitung der maximalen wöchentlichen Arbeitszeit (Beispiel: ein Mitarbeiter arbeitet in der letzten Woche des Ausgleichszeitraums 44 statt der erlaubten 40 Stunden), so hat der Arbeitnehmer Anspruch auf eine zusätzliche Vergütung, die mit dem Monatsgehalt nach dem Ende des Abrechnungszeitraums ausgezahlt wird, denn in diesem Fall kann der Arbeitgeber erst nach Ablauf des Ausgleichszeitraums feststellen, ob die wöchentliche Arbeitszeit überschritten wurde.

Stellt sich hingegen am Ende des Abrechnungszeitraums heraus, dass der Mitarbeiter weniger als die durchschnittlichen 40 Stunden pro Woche gearbeitet hat, geht dies zu Lasten des Arbeitgebers: weder bei Überschreitung noch bei Unterschreitung der zulässigen Arbeitszeit pro Abrechnungszeitraum findet also eine Übertragung von Mehr- oder Minderstunden in den nächsten Abrechnungszeitraum statt.

Statt einer Überstundenvergütung für die Überschreitung der täglichen Arbeitszeit kann der Arbeitnehmer auch bei seinem Arbeitgeber beantragen, dass ihm arbeitsfreie Zeit in gleichem Umfang gewährt wird (Freizeitausgleich).

In bestimmten Fällen bietet das polnische Arbeitsrecht eine einfache Alternative zur komplexen Berechnung der Regelarbeitszeit an, nämlich das Arbeitszeitmodell der sogenannten „aufgabenbezogenen Arbeitszeit“.

Diese kann vertraglich vereinbart werden mit Arbeitnehmern, die ihre Aufgaben überwiegend selbstständig ausüben und ihre Arbeitszeit dabei in gewissem Umfang frei gestalten können. In diesem Arbeitszeitmodell muss keine Aufzeichnung der tatsächlich geleisteten Arbeitszeiten (Arbeitszeitevidenz) geführt werden. Voraussetzung dafür ist aber, dass die dem Arbeitnehmer übertragenen Aufgaben so gestaltet sind, dass ihre Erfüllung innerhalb der o. g. maximal zulässigen Arbeitszeiten (maximal 8 Stunden pro Tag und durchschnittlich maximal 40 Stunden pro Woche) möglich ist.

2. Urlaubstage und Urlaubsgewährung in Polen

Jeder Arbeitnehmer in Polen hat einen unverzichtbaren Anspruch auf bezahlten Urlaub.

Die Anzahl der Urlaubstage in Polen folgt der Grundregel, nach der ein Arbeitnehmer,

  • der weniger als 10 Jahre beschäftigt ist, einen Anspruch auf 20 Tage Urlaub hat, und ein Arbeitnehmer,
  • der mehr als 10 Jahre beschäftigt ist, einen Anspruch auf 26 Tage Urlaub hat.

Bei der Ermittlung der Beschäftigungsdauer (Betriebszugehörigkeit) werden bestimmte Ausbildungszeiten auch mit angerechnet. So wird z. B. ein Hochschulabschluss mit 8 Jahren Beschäftigung gleichgesetzt.

Der Urlaub muss vom Arbeitnehmer beim Arbeitgeber beantragt werden.

Dem Urlaubswunsch des Arbeitnehmers soll dabei nach Möglichkeit entsprochen werden. Der Urlaubsantrag in Polen darf jedoch abgelehnt werden, wenn der beantragte Urlaub mit den betrieblichen Erfordernissen nicht vereinbar ist. Eine Ausnahme davon, d. h. kein Ablehnungsrecht des Arbeitgebers, ist der sogenannte „Urlaub auf Abruf“, der aus besonderen Anlässen im Umfang von bis zu 4 Tagen genehmigt werden muss.

Der Arbeitgeber kann den Arbeitnehmer grundsätzlich nicht „zwingen“ einen Urlaubsantrag zu stellen. Zur Urlaubssteuerung steht dem Arbeitgeber hingegen das Instrument des Urlaubsplans zur Verfügung: Der Urlaubsplan wird vom Arbeitgeber mit den Arbeitnehmern abgestimmt, so dass die Urlaube der verschiedenen Mitarbeiter dann grundsätzlich zu der jeweils vereinbarten Zeit genommen und gewährt werden.

Der Arbeitnehmer darf sich seinen Urlaubsanspruch grundsätzlich nicht abgelten lassen (Urlaubsabgeltung). Eine Ausnahme hiervon gilt nur bei der Beendigung des Arbeitsverhältnisses: In diesem Fall ist dem Arbeitnehmer ein Geldersatz für den beim Verlassen des Unternehmens nicht in Anspruch genommenen Urlaub zu zahlen.

3. Regelung der Arbeit im Home Office in Polen (Fernarbeit)

Die Erfahrungen der Pandemie haben auch in Polen zu einer Modernisierung des Arbeitsrechts geführt. Seit April 2023 gibt es ausführliche Regelungen zur so genannten Fernarbeit, die in der Regel im Home Office stattfindet.

Die Arbeit im Home Office ist in Polen auf der Grundlage einer Vereinbarung zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer möglich. Diese Vereinbarung kann entweder im Arbeitsvertrag enthalten sein oder sie wird in einer Zusatzvereinbarung zum Arbeitsvertrag getroffen.

In besonderen Fällen kann die Fernarbeit bzw. Arbeit im Home Office auch einseitig durch den Arbeitgeber angeordnet werden. Das ist möglich im Falle eines Notstands, z. B. eines epidemischen Notstands oder einer epidemischen Notlage, oder wenn der Arbeitgeber aufgrund höherer Gewalt nicht in der Lage ist, angemessene Arbeitsbedingungen im Firmengebäude zu gewährleisten.

Schließlich kann ein Arbeitnehmer in Polen die Möglichkeit zur Arbeit im Homeoffice auch eigeninitiativ bei seinem Arbeitgeber beantragen und hat bei Vorliegen bestimmter Gründe sogar einen Anspruch darauf. Ein solcher Rechtsanspruch besteht etwa für die Eltern eines Kindes, das unheilbar erkrank ist oder eine Behinderung hat, für eine schwangere Arbeitnehmerin oder für eine Arbeitnehmerin, die ein Kind unter vier Jahren zu erziehen hat oder die eine Person mit einer Behinderung pflegt.

Die Einführung von Arbeitsmöglichkeit im Home Office setzt voraus, dass bestimmte damit zusammenhängende Fragen zuvor allgemein und verbindlich geregelt werden.

Dazu gehören Regelungen

  • zum Kostenersatz für Aufwendungen, die dem Arbeitnehmer bei der Tätigkeit im Home Office entstehen (Strom, Telekommunikation, ggf. Ausstattung und Verbrauchsmaterialien etc.),
  • zum Schutz personenbezogener Daten,
  • zum Ort, von dem aus die Home Office-Tätigkeit geleistet werden darf und
  • zur Durchführung von Kontrollen am Arbeitsort.

Die Art und Weise, wie diese allgemeinen Regelungen umgesetzt werden, hängt von den Gegebenheiten des jeweiligen Betriebs ab. Besteht eine betriebliche Gewerkschaftsorganisation, sollen diese Regelungen in einer Vereinbarung mit der Gewerkschaft umgesetzt werden. Ist eine solche Gewerkschaftsorganisation nicht vorhanden, können die Regeln in die betriebliche Arbeitsordnung aufgenommen werden. Alternativ wäre es dann aber auch möglich, diese Regeln jeweils in einer individuellen Vereinbarung mit dem jeweiligen Arbeitnehmer zu vereinbaren.

In jedem Fall erfordert die Einführung der Fernarbeit die Erstellung bestimmter Dokumente, wie z. B.

  • einer zusätzlichen Gefährdungsbeurteilung für die Home Office-Arbeitsstätte,
  • einer Erklärung des Arbeitnehmers, dass der Ort, an dem er die Home Office-Arbeit erbringt, die Anforderungen für die Erbringung dieser Art von Arbeit erfüllt und
  • einer Bestätigung darüber, dass der Arbeitnehmer die Gefährdungsbeurteilung gelesen hat.

Es sollte an die vorsorgliche Erstellung von Mustern für den Antrag des Arbeitnehmers auf Arbeit im Home Office und für die Anordnung von Home Office-Arbeit durch den Arbeitgeber im Falle einer Epidemie/höherer Gewalt gedacht werden, um ggf. auf solche Bedürfnisse vorbereitet zu sein.

Auch wenn der Arbeitgeber in seinem Betrieb in Polen nicht generell die Home Office-Arbeit einführt, kann Arbeitnehmern auf ihren Antrag hin gestattet werden, bis zu 24 Tage im Kalenderjahr im Home Office zu arbeiten. Der Arbeitgeber ist jedoch nicht verpflichtet, einem solchen Antrag des Arbeitnehmers zuzustimmen. Insbesondere muss er dann nicht zustimmen, wenn die Art der Arbeit unmöglich im Home Office erbracht werden kann, was z. B. für Arbeitsplätze in der Produktion regelmäßig zutreffend sein wird.

Sie haben weitere Fragen zum Arbeitsrecht in Polen? Sprechen Sie uns an!

Unser deutschsprachiger CBBL-Anwalt in Warschau, Herr Daniel Gößling, berät Sie gerne: goessling@cbbl-lawyers.de, Tel. +48 - 22 - 279 31 00



Stand der Bearbeitung: September 2024