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CBBL Attorney at Law, Certified Tax Expert, Partner Samuel Dürr, Kanzlei Walder Wyss Rechtsanwälte, Bern, Genf, Lugano
Samuel Dürr
Attorney at Law, Certified Tax Expert, Partner, Walder Wyss Rechtsanwälte
Bern, Genf, Lugano


Arbeitsrecht in der Schweiz

Von unserer deutschsprachigen CBBL-Anwältin in Bern, Frau Michelle Sollberger, MLaw Rechtsanwältin, sollberger@cbbl-lawyers.de, Tel. +41 58 658 20 00, www.walderwyss.com


Grundlegende Informationen zum Arbeitsrecht in der Schweiz mit Hinweisen für ausländische Unternehmen, die Arbeitnehmer in der Schweiz beschäftigen.

Ein Überblick über die wichtigsten Vorschriften des schweizerischen Arbeitsrechts, vom Abschluss des Arbeitsvertrags in der Schweiz bis zu seiner Kündigung.

  1. Rechtliche Rahmenbedingungen des Arbeitsrechts in der Schweiz
  2. Abschluss eines Arbeitsverhältnisses mit einem Arbeitnehmer in der Schweiz
  3. Lohn für Arbeitnehmende in der Schweiz
  4. Vorschriften zur Arbeitszeit in der Schweiz
  5. Kündigung des schweizerischen Arbeitsvertrages
  6. Mutterschafts- und Vaterschaftsurlaub nach dem Arbeitsrecht in der Schweiz

Antworten:

1. Rechtliche Rahmenbedingungen des Arbeitsrechts in der Schweiz

Das Arbeitsrecht in der Schweiz stützt sich hauptsächlich auf das schweizerische Obligationenrecht (OR), das Arbeitsgesetz und dessen Verordnungen sowie auf Gesamtarbeitsverträge (sofern anwendbar), Einzelarbeitsverträge, Lehre und Rechtsprechung ab.

2. Abschluss eines Arbeitsverhältnisses mit einem Arbeitnehmer in der Schweiz

Ein Arbeitsvertrag kann in der Schweiz mündlich, schriftlich oder auch konkludent (mit einigen Ausnahmen, wie bspw. der Lehrvertrag, der schriftlich abgeschlossen werden muss) abgeschlossen werden. Es gibt jedoch diverse Bestimmungen, die schriftlich abgeschlossen werden müssen, wenn die Parteien von den Bestimmungen des schweizerischen Obligationenrechts abweichen wollen.

Arbeitgeber sind zudem verpflichtet, bei Arbeitsverhältnissen die für mehr als einen Monat oder unbefristet abgeschlossen wurden, Arbeitnehmer schriftlich über folgende Informationen zu informieren:

  • Namen der Vertragsparteien;
  • Beginns des Arbeitsverhältnisses;
  • Funktion des Arbeitnehmers;
  • Lohn und allfällige Lohnzuschläge;
  • Wöchentliche Arbeitszeit.

Der Abschluss eines schriftlichen Arbeitsvertrages wird jedoch für sämtliche Einzelarbeitsverträge empfohlen, einerseits im Interesse der Rechtssicherheit und andererseits da von diversen gesetzlichen Bestimmungen nur schriftlich abgewichen werden kann. Dabei ist zu beachten, dass in der Schweiz «schriftlich» voraussetzt, dass der Einzelarbeitsvertrag eigenhändig unterzeichnet wird oder eine qualifiziert elektronische Unterschrift aufweist (wobei viele der gängigen elektronischen Unterschriften, den gesetzlichen Erfordernissen der qualifiziert elektronischen Unterschrift nicht genügen).

3. Lohn für Arbeitnehmende in der Schweiz

Die Arbeitgebenden haben den Arbeitnehmenden den Lohn zu entrichten, der verabredet oder üblich oder durch Normalarbeitsvertrag (NAV) oder Gesamtarbeitsvertrag (GAV) bestimmt ist (Art. 322 Abs. 1 OR). In der Schweiz gibt es keine generellen gesetzlichen Mindestlöhne, es ist aber zu beachten, dass zwischenzeitlich fünf Kantone (Neuenburg, Jura, Genf, Tessin und Basel-Stadt) gesetzliche Mindestlöhne vorschreiben. Zudem gibt es viele NAVs und GAVs, die einen Mindestlohn vorsehen.

In Bezug auf Bonuszahlungen ist zudem zu beachten, dass der Bonus im schweizerischen Arbeitsrecht nicht definiert ist. Je nach Ausgestaltung handelt es sich bei einer Bonuszahlung um Lohn oder um eine Gratifikation. Die Gratifikation ist eine freiwillige Sondervergütung und wird meist zu bestimmten Anlässen wie Weihnachten oder Abschluss des Geschäftsjahres ausbezahlt. Falls jedoch die Höhe einer Gratifikation zum Voraus vertraglich festgelegt wurde und der Arbeitgeberin kein Ermessensspielraum zusteht, liegt gemäss bundesgerichtlicher Rechtsprechung keine Gratifikation, sondern Lohn vor. Die Unterscheidung, ob im konkreten Fall eine Gratifikation oder ein Lohnbestandteil vorliegt, ist von zentraler Bedeutung, denn ein Rechtsanspruch auf die Zahlung besteht nur bei Lohn. Zudem knüpfen diverse weitere wichtige Rechtfolgen an diese Grundqualifikation. So besteht bspw. bei Lohn ein pro-rata Anspruch bei unterjährigem Ausscheiden und die Bedingung des ungekündigten Arbeitsverhältnisses unzulässig.

4. Vorschriften zur Arbeitszeit in der Schweiz

Die Arbeitszeitregelungen sind im schweizerischen Arbeitsgesetz enthalten. Das Arbeitsgesetz sieht eine strenge Verpflichtung zur Aufzeichnung der Arbeitszeiten der Arbeitnehmenden vor. Eine Befreiung von der Pflicht zur Arbeitszeiterfassung ist rechtlich möglich, wenn die betroffenen Arbeitnehmenden mehr als 120'000 Franken pro Jahr verdienen und eine hohe Selbstständigkeit in ihrer Arbeit, insbesondere in Bezug auf die Arbeitszeit, aufweisen. Für die Befreiung von der Pflicht zur Arbeitszeiterfassung ist zudem ein Gesamtarbeitsvertrag erforderlich.

Das schweizerische Arbeitsgesetz regelt auch die wöchentliche Höchstarbeitszeit, wobei zwischen zwei Kategorien von Arbeitnehmenden unterschieden wird: Einerseits die Kategorie der Arbeitnehmenden in industriellen Betrieben sowie Büropersonal, technische und andere Angestellte, mit Einschluss des Verkaufspersonals in Großbetrieben des Detailhandels. Für diese Kategorie beträgt die Höchstarbeitszeit 45 Stunden pro Woche. Für alle anderen Arbeitnehmer (insbesondere Angestellte des Baugewerbes, Handwerker, Handelsangestellte und Verkaufspersonal kleiner Einzelhandelsunternehmen) beträgt die Höchstarbeitszeit 50 Stunden pro Woche.

In der Schweiz ist zudem Nachtarbeit generell verboten. Nur bestimmte Betriebe und bestimmte Gruppen von Arbeitnehmenden dürfen nachts arbeiten. Ansonsten ist für die Arbeit zwischen 23 Uhr und 6 Uhr eine Sonderbewilligung erforderlich.

5. Kündigung des schweizerischen Arbeitsvertrages

5.1. Ordentliche Kündigung eines Arbeitsvertrags in der Schweiz

Nach schweizerischem Recht kann ein auf unbestimmte Zeit abgeschlossener Arbeitsvertrag unter Einhaltung der vertraglichen oder (wenn keine vertragliche Kündigungsfrist vereinbart wurde) gesetzlichen Kündigungsfrist einseitig von der Arbeitgeberin oder vom Arbeitnehmer aus beliebigen Gründen gekündigt werden. Die Kündigungsfrist kann im Arbeitsvertrag schriftlich festgelegt werden, muss aber mindestens einen Monat betragen. Die Kündigung ist zudem auf Verlangen schriftlich zu begründen.

Nach Ablauf der Probezeit bestehen zudem gewisse sog. Sperrfristen, während derer die Arbeitgebenden das Arbeitsverhältnis nicht kündigen dürfen. So darf das Arbeitsverhältnis bei einer Arbeitsunfähigkeit wegen Krankheit oder Unfalls während den folgenden Sperrfristen nicht gekündigt werden:

  • 30 Tage im ersten Anstellungsjahr,
  • 90 Tage vom zweiten bis zum fünften Anstellungsjahr,
  • 180 Tage ab dem sechsten Anstellungsjahr.

Die Arbeitgeberin darf auch während einer Schwangerschaft und in den 16 Wochen nach der Geburt eines Kindes das Arbeitsverhältnis nicht kündigen. Erfolgt eine Kündigung während der Sperrfrist, ist diese nichtig. Eine Kündigung, die vor einer Sperrfrist ausgesprochen wurde ist dagegen gültig, jedoch steht die Kündigungsfrist während der Sperrfrist still und läuft erst nach Ablauf der Sperrfrist weiter.

5.2. Fristlose Kündigung eines Arbeitsvertrages in der Schweiz

Wenn eine Vertragspartei einen «wichtigen Grund» hat, kann sie den Vertrag jederzeit fristlos kündigen. Ein wichtiger Grund ist dann gegeben, wenn dem Kündigenden die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses nach Treu und Glauben nicht mehr zugemutet werden kann (Art. 337 OR). Wichtig ist zudem, dass nach einem Vorfall, der Anlass für eine fristlose Entlassung geben könnte, umgehend reagiert wird und die Kündigung innerhalb von zwei bis drei Arbeitstagen ausgesprochen wird. Kündigt aber eine Arbeitgeberin ein Arbeitsverhältnis ohne triftigen Grund mit sofortiger Wirkung, schuldet sie dem Arbeitnehmer Ersatz des entstandenen Schadens (insb. Ersatz des Lohnes, den er verdient hätte, wenn das Arbeitsverhältnis unter Einhaltung der Kündigungsfrist beendet worden wäre) sowie eine Entschädigung von bis zu sechs Monatslöhnen.

5.3. Missbräuchliche Kündigung von Arbeitsverträgen in der Schweiz

Die in der Schweiz geltende Kündigungsfreiheit findet ihre Grenze jedoch am Missbrauchsverbot. Das schweizerische Gesetz definiert in Art. 336 OR Gründe, aufgrund derer Kündigungen als missbräuchlich gelten. Diese Aufzählung ist jedoch nicht abschließend und es besteht eine weitreichende Rechtsprechung zu weiteren Gründen, die eine missbräuchliche Kündigung darstellen. Ist eine Kündigung missbräuchlich erfolgt, löst dies Entschädigungsansprüche von bis zu sechs Monatslöhnen aus. Eine missbräuchliche Kündigung bleibt jedoch weiterhin gültig und ein Anspruch auf Wiedereinstellung besteht nicht.

5.4. Massenentlassung nach schweizerischem Arbeitsrecht

Massenentlassungen sind nach schweizerischem Recht Entlassungen, die Arbeitgebende innerhalb von 30 Tagen in einem Unternehmen aus Gründen vornehmen, die in keinem Zusammenhang mit der Person des Arbeitnehmers stehen und je nach Betriebsgröße eine bestimmte Anzahl Arbeitnehmende betreffen. Wenn in einem Unternehmen Massenentlassungen geplant sind, muss die Arbeitgeberin die Arbeitnehmervertretung oder, falls keine solche besteht, die Arbeitnehmenden direkt konsultieren und die beabsichtige Massenentlassung an das kantonale Arbeitsamt melden. Hält sich die Arbeitgeberin nicht an die im OR festgelegten Verfahrensregeln, gelten Massenentlassungen als missbräuchliche Kündigungen und können Schadensersatz- und Lohnnachzahlungsansprüche nach sich ziehen.

6. Mutterschafts- und Vaterschaftsurlaub nach dem Arbeitsrecht in der Schweiz

Das Gesetz gewährt Müttern einen Mutterschaftsurlaub von 14 Wochen. Während dieser 14 Wochen erhalten sie eine gesetzliche Mutterschaftsentschädigung, die 80 Prozent des vor der Geburt bezogenen Lohnes entspricht, höchstens aber 196 Franken pro Tag.
Der Anspruch auf Mutterschaftsentschädigung entsteht, wenn die Anspruchsberechtigte während neun Monate unmittelbar vor der Geburt des Kindes im Sinne des AHV-Gesetzes obligatorisch versichert war und in dieser Zeit mindestens fünf Monate lang eine Erwerbstätigkeit ausgeübt hat.

Väter dagegen haben Anspruch auf einen bezahlten Urlaub von zwei Wochen (14 Taggelder). Die Vaterschaftsentschädigung beträgt 80 Prozent des Lohnes, jedoch maximal 196 Franken pro Tag. Anders als der Mutterschaftsurlaub ist der Vaterschaftsurlaub flexibel. Es kann am Stück oder als einzelne Tage bezogen werden (aber innerhalb von 6 Monaten nach der Geburt des Kindes).
Damit ein Mann Anspruch auf Vaterschaftsurlaub hat, muss er der rechtliche Vater des Kindes sein, in den neun Monaten vor der Geburt des Kindes bei der AHV versichert gewesen sein und während der Schwangerschaft der Mutter während mindestens fünf Monaten gearbeitet haben.

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Unser deutschsprachiger CBBL-Anwalt in Bern, Herr Rechtsanwalt Samuel Dürr, steht Ihnen gerne zur Verfügung: duerr@cbbl-lawyers.de, Tel. +41 58 658 20 00


Stand der Bearbeitung: Januar 2023