Ihre deutschsprachige Rechtsanwaltskanzlei zu Kartellrecht und EU-Recht
CBBL Rechtsanwalt und Advocaat Prof. Dr. Robin van der Hout, LL.M., Kanzlei Kapellmann und Partner Rechtsanwälte mbB, Brüssel
Prof. Dr. Robin van der Hout, LL.M.
Rechtsanwalt und Advocaat
Kapellmann und Partner Rechtsanwälte mbB, Brüssel


EU-Außenhandelsrecht

Von unserem deutschsprachigen CBBL-Anwalt in Brüssel, Herrn Rechtsanwalt und Advocaat Prof. Dr. Robin van der Hout, LL.M., vanderhout@cbbl-lawyers.de, Tel. +32 - 2 - 234 11 60, www.kapellmann.de

Ich habe Fragen zum Außenhandelsrecht (Zölle, Dumping, Subventionen etc.).

  1. Ich bin Hersteller von Produkten im Europäischen Binnenmarkt und werde durch möglicherweise „gedumpte“ oder subventionierte Importe aus Drittstaaten in meiner Marktposition beeinträchtigt. Was kann ich dagegen tun?
  2. Ich bin Importeur von Produkten aus Drittstaaten und diese sind von handelspolitischen Maßnahmen der EU zu meinem Nachteil betroffen. Was kann ich tun?
  3. Handelspolitische Maßnahmen der EU wie z.B. Antidumping- oder Antisubventions-Zölle schützen meine Marktposition gegenüber Herstellern aus Drittstaaten. Können diese Handelsmaßnahmen verlängert werden?
  4. Handelspolitische Maßnahmen der EU, die mich in meiner Marktposition gegenüber Herstellern aus Drittstaaten schützen sollen, erweisen sich als ineffektiv. Wie kann man dagegen vorgehen und eine Verschärfung erreichen?
  5. Ich bin EU-Produzent. Meine Marktposition in einem Drittstaat wird dort durch lokale Handelshemmnisse beeinträchtigt. Wie kann ich dagegen vorgehen?

1. Ich bin Hersteller von Produkten im Europäischen Binnenmarkt und werde durch möglicherweise „gedumpte“ oder subventionierte Importe aus Drittstaaten in meiner Marktposition beeinträchtigt. Was kann ich dagegen tun?

Die Europäische Union ist bestrebt, die Industrie in den Mitgliedstaaten vor unlauteren Handelspraktiken von Drittstaaten, wie z.B. Dumping oder bestimmten Formen der Subventionierung, zu schützen („Trade Defence“).

Ist eine natürliche oder juristische Person oder eine Vereinigung ohne Rechtspersönlichkeit, die im Namen eines Wirtschaftszweigs in der EU handelt, wie z.B. ein Unternehmen oder eine Interessenvereinigung (Verband), der Auffassung, dass sie durch Dumping von Unternehmen oder durch Subventionspraktiken der Regierungen aus Drittstaaten bedeutend geschädigt wird, kann sie bei der Europäischen Kommission eine Antidumping- oder Antisubventionsbeschwerde einreichen. Eine individuelle Beschwerde eines Unternehmens ist nicht ausreichend, vielmehr muss der Antrag im Namen der dahinterstehenden Unionsindustrie gestellt werden. Dazu muss der Antrag von Unionsherstellern unterstützt werden, auf die mindestens 25 % der Unionsproduktion der Ware entfällt, die Gegenstand des Dumpings oder der Subventionierung ist. Bevor also die Antragsstellung in Erwägung gezogen werden kann, sollte mit den Produzenten in den anderen EU-Mitgliedstaaten und dem nationalen oder europäischen Dachverband des jeweiligen Wirtschaftszweiges Verbindung aufgenommen werden, um Unterstützung zu suchen. Das ist auch deshalb ratsam, um die Erfolgsaussichten der Beschwerde beurteilen zu können. Diese wird nämlich dann keinen Erfolg haben, wenn ihr Unionshersteller entgegentreten, die insgesamt eine größere Unionsproduktion als die Beschwerdeführer aufweisen.

Im Falle eines Antrags auf Einleitung einer Antidumpinguntersuchung sollte der Antrag insbesondere Beweise für das Vorliegen von Dumping und für eine ursächlich damit zusammenhängende Schädigung enthalten. Niedrige Preise bedeuten nicht unbedingt, dass die Einfuhren „gedumpt“ sind. Eine Ware gilt als gedumpt, wenn ihr Preis bei der Ausfuhr in die Union niedriger ist als der vergleichbare Preis einer zum Verbrauch im Ausfuhrland bestimmten gleichartigen Ware im normalen Handelsverkehr (Artikel 1 Abs. 2 VO (EU) 2016/1036). Beweise für das Vorliegen von Dumping kann man z.B. durch Warenrechnungen, schriftliche Angebote, Veröffentlichungen in der Fachpresse, offizielle Statistiken etc. liefern. Eine Schädigung kann z.B. durch einen Marktanteilsverlust, einen Preis- oder Umsatzrückgang etc. nachgewiesen werden. Als Nachweis für den ursächlichen Zusammenhang zwischen Dumping und Schädigung des jeweiligen Wirtschaftszweiges gilt in der Regel das zeitliche Zusammenfallen des Anstiegs der Einfuhren zu sinkenden Preisen mit der Verschlechterung der Lage der Antragsteller.

Im Falle eines Antrags auf Einleitung einer Ausgleichszolluntersuchung („Antisubventionsbeschwerde“) sollte der Antrag insbesondere Beweise für das Vorliegen von „anfechtbaren“ Subventionen und für eine ursächlich damit zusammenhängende Schädigung enthalten. Anfechtbar sind solche Subventionen, die in Art. 4 Abs. 2-4 VO (EU) 2016/1036 als sog. „spezifische“ Subventionen aufgelistet sind. Dazu gehören insbesondere Ausfuhrsubventionen und solche Subventionen, die ausdrücklich für ein bestimmtes Unternehmen, einen bestimmten Wirtschaftszweig oder eine bestimmte Gruppe von Unternehmen oder Wirtschaftszweigen bestimmt sind. Dabei gelten als Subventionen im Übrigen nicht nur Zuschüsse und Kapitalzufuhren, sondern z.B. auch Kreditbürgschaften und der Verzicht einer Regierung auf normalerweise zu entrichtende Abgaben (z.B. Steueranreize wie Steuergutschriften). Der Begriff der Subvention ist in Art. 3 VO (EU) 2016/1036 umfassend geregelt.

Beide Arten von Anträgen können in einer vertraulichen Version (confidential version) übermittelt werden. In diesem Fall muss aber zusätzlich eine nicht vertrauliche Fassung (non-confidential version) eingereicht werden, da nach einer Einleitung des Verfahrens allen interessierten Parteien auf Anforderung eine nicht vertrauliche Abschrift des Antrags übermittelt wird. Liegt eine solche nicht vor, wird die vertrauliche Fassung offengelegt.

Die Kommission hat nach Eingang eines zulässigen Antrags 45 Tage Zeit, diesen zu prüfen und zu entscheiden, ob ausreichende Beweise vorliegen, die eine förmliche Antidumping- oder Antisubventionsuntersuchung rechtfertigen. Gelangt sie zum Ergebnis, dass ein Untersuchungsverfahren gerechtfertigt ist, wird der entsprechende Eröffnungsbeschluss der Kommission im Amtsblatt der Europäischen Union bekanntgemacht.

Im Rahmen einer Antidumpinguntersuchung wird über die Einführung von Antidumpingzöllen entschieden. Dies ist der Fall, wenn Dumping vorliegt, die Hersteller in der Union durch die gedumpten Einfuhren geschädigt werden und eine etwaige Einführung von Antidumpingmaßnahmen dem allgemeinen wirtschaftlichen Interesse Europas nicht zuwiderläuft (Union interest). Ein Antidumpingzoll kann auf jede Ware eingeführt werden, die Gegenstand eines Dumpings ist und deren Überführung in den zollrechtlich freien Verkehr in der Union eine Schädigung verursacht (Art. 1 Abs. 1 VO (EU) 2016/1036). Die zuständigen Beamten der EU-Kommission holen mit Hilfe von Fragebögen, Auskunftsersuchen bei den Mitgliedstaaten und Kontrollbesuchen vor Ort die für die Untersuchung erforderlichen Daten ein. Auch Dritte können eine Beiziehung zum Verfahren beantragen und als sog. interessierte Parteien angehört werden.

Im Rahmen einer Ausgleichszolluntersuchung wird über die Einführung eines Ausgleichszolls entschieden. Ein Ausgleichszoll kann auch eingeführt werden, um eine Subvention auszugleichen, die mittelbar oder unmittelbar für die Herstellung, die Produktion, die Ausfuhr oder die Beförderung einer Ware gewährt wird (sog. „spezifische Subvention“, zum Begriff siehe oben), deren Überführung in den zollrechtlich freien Verkehr in der Union eine Schädigung verursacht (Art. 1 Abs. 1 VO (EU) 2016/1037).

Noch während ein Untersuchungsverfahren läuft, können der betroffenen Ware vorläufige Maßnahmen auferlegt werden, dies jedoch frühestens 60 Tage und spätestens 9 Monate nach förmlicher Einleitung des Untersuchungsverfahrens. Innerhalb von 12 Monaten nach Einleitung der jeweiligen Untersuchung soll ein endgültiger Beschluss über die Einführung von Antidumping- oder Ausgleichszöllen gefasst werden. Bei Antidumpingzöllen muss die Untersuchung spätestens 15 Monate nach ihrer Einleitung abgeschlossen sein, bei Ausgleichszöllen bereits nach 13 Monaten. Ein endgültiger Antidumping- oder Ausgleichszoll bleibt nur so lange und in dem Umfang in Kraft, wie dies notwendig ist, um das schädigende Dumping bzw. die schädigende anfechtbare Subvention unwirksam zu machen. Der Unionsgesetzgeber geht von einer Laufzeit von fünf Jahren aus, im Einzelfall lassen sich aber auch kürzere Laufzeiten begründen. Ohnehin sind die getroffenen Zollmaßnahmen regelmäßig zu untersuchen und die Mitgliedstaaten und die Kommission haben über die Auswirkungen der getroffenen Maßnahmen in regelmäßigen Abständen Bericht darüber zu erstatten.

Die Kommission stellt in einen „Leitfaden für Antidumping-Anträge“ zur Verfügung, der ausführliche Erklärungen zur Stellung von Anträgen zur Einleitung von Antidumpinguntersuchungen beinhaltet. Der Leitfaden ist in allen EU-Sprachen abrufbar. Im Zusammenhang mit Antidumping- und Ausgleichszollanträgen kann man sich unter folgender Anschrift an die Kommission wenden:

European Commission, Directorate-General for Trade, Directorate H, (Office N-105 09/66), Rue de la Loi 200, B-1049 Brüssel, Tel.: +32 2 298 7873, Fax: +32 2 295 6505, trade-defence-complaints@ec.europa.eu.

[Rechtsquellen: Leitfaden für Antidumping-Anträge: Guide On How To Draft An Anti-Dumping Complaint ;Hinweise zu Antisubventionsanträgen: Anti-subsidy complaints; Verordnung (EU) 2016/1036 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 08.06.2016 über den Schutz gegen gedumpte Einfuhren aus nicht zur Europäischen Union gehörenden Ländern, ABl. Nr. L 176 vom 30.06.2016, S. 21 ff.; Verordnung (EU) 2016/1037 des Europäischen Parlaments und des Rats vom 8. Juni 2016 über den Schutz gegen subventionierte Einfuhren aus nicht zur Europäischen Union gehörenden Ländern, ABl. Nr. L 176 vom 30.06.2016, S. 55ff.; Konsolidierte Fassungen der Gesetzestexte finden sich auf der Eur-Lex Webseite (vgl. "Ich möchte wissen, wo ich EU-relevante Informationen finde" (5. Frage));]

2. Ich bin Importeur von Produkten aus Drittstaaten und diese sind von handelspolitischen Maßnahmen der EU zu meinem Nachteil betroffen. Was kann ich tun?

Leitet die Europäische Kommission eine Antidumping- oder Ausgleichzolluntersuchung ein, so veröffentlicht sie hierüber eine Bekanntmachung im Amtsblatt der Europäischen Union.

In dieser Bekanntmachung wird eine Frist festgesetzt, innerhalb derer interessierte Parteien ihren Standpunkt schriftlich darlegen und Informationen unterbreiten können, wenn solche Standpunkte und Informationen während der Untersuchung berücksichtigt werden sollen. Zusätzlich wird in der Bekanntmachung eine Frist festgesetzt, innerhalb derer interessierte
Parteien bei der Kommission einen Antrag auf Anhörung stellen können. Um auf die erstmalige Einführung einer Zollmaßnahme Einfluss nehmen zu können, sollte ein betroffener Importeur also aktiv werden und innerhalb der im Amtsblatt festgesetzten Frist eine schriftliche Stellungnahme abgeben und/oder eine mündliche Anhörung beantragen.

Ist eine Antidumping- oder Antisubventionsmaßnahme bereits in Kraft, ist der Importeur von Produkten aus Drittstaaten, die von dieser Maßnahme betroffen sind, allerdings nicht nur darauf beschränkt, sich gegen eine Verlängerung oder Verschärfung der Maßnahme in einem von der Unionsindustrie angestrengten Verfahren zu wehren. Bei Antidumpingzöllen wie bei Ausgleichszöllen besteht ferner die Möglichkeit, einen Antrag auf eine Interimsüberprüfung („Interim Review“) zu stellen, sobald seit deren Einführung mindestens ein Jahr vergangen ist. Dazu müssen ausreichende Beweise dafür geliefert werden, dass die Aufrechterhaltung der Maßnahme zum Ausgleich des Dumpings oder der anfechtbaren Subvention nicht mehr notwendig ist und/oder dass die Schädigung im Fall der Aufhebung oder Änderung der Maßnahme wahrscheinlich nicht anhalten oder erneut auftreten würde (Art. 11 Abs. 3 VO (EU) 2016/1036 und Art. 19 VO (EU) 2016/1037). Einem Einführer wird es allerdings schwerfallen, die notwendigen Daten für den Antrag zu erhalten; die Zusammenarbeit mit einem Ausführer im Drittstaat bietet sich insoweit an.

Leitet die Kommission daraufhin ein Verfahren ein, so gelten die gleichen Verfahrensvorschriften wie bei Antidumping- bzw. der Ausgleichszolluntersuchung. Kommt die Kommission am Ende des Verfahrens zu dem Ergebnis, dass der Antidumping- oder Ausgleichszoll nicht (mehr) notwendig ist, wird sie diesen aufheben. Die Überprüfung soll in der Regel innerhalb von 12 Monaten abgeschlossen sein; sie muss jedoch spätestens 15 Monate nach Verfahrenseinleitung beendet sein.

Wenn z.B. der Kommission oder dem Rat während der Untersuchung Verfahrensfehler unterlaufen sind oder die Fakten nicht richtig bewertet wurden, kann Nichtigkeitsklage (Artikel 263 AEUV) gegen die Verordnung, welche den Antidumping- bzw. Ausgleichszoll eingeführt hat, vor dem EuG erhoben werden. Dies setzt allerdings voraus, dass der Kläger von der allgemein geltenden Verordnung ausnahmsweise unmittelbar und individuell im Sinne von Artikel 263 Absatz 4 AEUV betroffen ist. Dies kann z.B. der Fall sein, wenn der Kläger an der Antidumping- oder Ausgleichszolluntersuchung, welche zur Einführung der Antidumping- bzw. Antisubventionsmaßnahmen geführt hat, beteiligt war. Ein Verfahren vor dem EuG ist allerdings aufwändig und dauert in der Regel rund zwei Jahre. Zudem muss die Klage binnen zwei Monaten nach Veröffentlichung der Maßnahmen im Amtsblatt der Europäischen Union erhoben werden. Wenn die Verordnung, die den Importeur treffenden Antidumping- oder Ausgleichszoll einführt, also bereits länger als zwei Monate und zehn Tage (Entfernungsfrist) im Amtsblatt veröffentlicht ist, besteht keine Klagemöglichkeit mehr. Verfahrensfehler können dann nicht mehr geltend gemacht werden, bei Veränderung der tatsächlichen Umstände kann aber ein Überprüfungsverfahren eingeleitet werden (siehe oben).

[Rechtsquellen: Verordnung (EU) 2016/1036 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 08.06.2016 über den Schutz gegen gedumpte Einfuhren aus nicht zur Europäischen Union gehörenden Ländern, ABl. Nr. L 176 vom 30.06.2016, S. 21ff. Verordnung (EU) 2016/1037 des Europäischen Parlaments und des Rats vom 8. Juni 2016 über den Schutz gegen subventionierte Einfuhren aus nicht zur Europäischen Union gehörenden Ländern, ABl. Nr. L 176 vom 30.06.2016, S. 55ff. Konsolidierte Fassungen der Gesetzestexte finden sich auf der Eur-Lex Webseite (vgl. "Ich möchte wissen, wo ich EU-relevante Informationen finde" (5. Frage)).]

3. Handelspolitische Maßnahmen der EU wie z.B. Antidumping- oder Antisubventions-Zölle schützen meine Marktposition gegenüber Herstellern aus Drittstaaten. Können diese Handelsmaßnahmen verlängert werden?

Antidumping- bzw. Antisubventionszölle treten fünf Jahre nach ihrer Einführung oder fünf Jahre nach dem Datum der letzten Überprüfung außer Kraft, es sei denn, in einer Überprüfung bei Auslaufen der Maßnahme (expiry review) wird festgestellt, dass das Dumping bzw. die Subventionierung und die Schädigung bei einem Auslaufen der Maßnahme wahrscheinlich anhalten oder erneut auftreten würden. Eine solche Überprüfung kann ein Hersteller allerdings nur mit Erfolg beantragen, wenn die Unterstützung einer Anzahl von Unionsherstellern vorliegt, auf die mindestens 25 % der Unionsproduktion der Ware entfällt, die Gegenstand des Dumpings bzw. der Subventionierung ist (vgl. "Ich habe Fragen zum EU-Außenhandelsrecht" (1. Frage)).

Eine Bekanntmachung über das bevorstehende Auslaufen der Maßnahmen wird im Amtsblatt der Europäischen Union im letzten Jahr der Geltungsdauer der Maßnahmen veröffentlicht. Danach sind die Unionshersteller bis spätestens drei Monate vor Ablauf des Fünfjahreszeitraums berechtigt, einen Antrag auf Verlängerung der Maßnahmen zu stellen.

Der Antrag muss genügend Beweise dafür enthalten, dass das Dumping bzw. die spezifische Subventionierung sowie die Schädigung bei einem Auslaufen der Maßnahme wahrscheinlich anhalten oder erneut auftreten würden. Dazu müssen beispielsweise Beweise für die Fortdauer des Dumpings bzw. der Subventionierung sowie der Schädigung vorgelegt werden oder Beweise dafür, dass die Beseitigung der Schädigung teilweise oder ausschließlich auf den geltenden Maßnahmen beruht, oder Beweise dafür, dass die Gegebenheiten bei den Ausführern oder die Marktbedingungen darauf hindeuten, dass das schädigende Dumping bzw. die schädigende Subventionierung wahrscheinlich anhalten wird.

Leitet die Kommission daraufhin eine Untersuchung ein, versendet sie wie bei der Einführungsuntersuchung Fragebögen an alle bekannten Produzenten, Exporteure und Importeure. Bei berechtigtem Interesse wird ein solcher Fragebogen auch auf Anforderung zur Verfügung gestellt. Das Verfahren soll in der Regel innerhalb von 12 Monaten abgeschlossen sein; es muss jedoch spätestens 15 Monate nach Verfahrenseinleitung beendet sein.

Es ist zu beachten, dass im Verfahren des Expiry Review die bestehenden Antidumping- bzw. Antisubventionsmaßnahmen lediglich in ihrem aktuellen Ausmaß aufrechterhalten oder aber vollständig aufgehoben werden können (zur Möglichkeit einer Verschärfung, vgl. unter: "Ich habe Fragen zum EU-Außenhandelsrecht" (4. Frage)).

Da die Zollmaßnahmen, die im Zeitpunkt der Einleitung der Untersuchung in Kraft sind, bis zu 15 Monate nach Einleitung der Untersuchung in Kraft bleiben, führt die Einleitung einer Expiry Review in jedem Fall zu einer Verlängerung der Maßnahmen über den ursprünglichen Zeitpunkt des Außerkrafttretens hinaus, auch wenn die Kommission nach Abschluss des Verfahrens eine Verlängerung der Maßnahmen ablehnt. Diese Möglichkeit kann daher dazu genutzt werden, um auch bei nicht hinreichenden Beweisen die Maßnahmen noch zu verlängern.

[Rechtsquellen: Verordnung (EU) 2016/1036 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 08.06.2016 über den Schutz gegen gedumpte Einfuhren aus nicht zur Europäischen Union gehörenden Ländern, ABl. Nr. L 176 vom 30.06.2016, S. 21ff.; Verordnung (EU) 2016/1037 des Europäischen Parlaments und des Rats vom 08.06.2016 über den Schutz gegen subventionierte Einfuhren aus nicht zur Europäischen Union gehörenden Ländern, ABl. Nr. L 176 vom 30.06.2016, S. 55ff. Konsolidierte Fassungen der Gesetzestexte finden sich auf der Eur-Lex Webseite (vgl. "Ich möchte wissen, wo ich EU-relevante Informationen finde" (5. Frage)).]

4. Handelspolitische Maßnahmen der EU, die mich in meiner Marktposition gegenüber Herstellern aus Drittstaaten schützen sollen, erweisen sich als ineffektiv. Wie kann man dagegen vorgehen und eine Verschärfung erreichen?

Liegen Beweise dafür vor, dass die Antidumping- oder Ausgleichszölle nicht oder nicht mehr ausreichen, um das schädigende Dumping bzw. die schädigende Subventionierung effektiv zu bekämpfen, stehen verschiedene Möglichkeiten zur Verfügung, dies vor der Europäischen Kommission geltend zu machen.

(1) Für den Fall, dass ein Antidumpingzoll zu keiner oder nur zu einer unzureichenden Erhöhung der Weiterverkaufspreise oder der späteren Verkaufspreise in der Union geführt hat, besteht die Möglichkeit der Wiederaufnahme der Untersuchung durch die Kommission („anti-absorption re-investigation“) Der Grund für eine fehlende oder unzureichende Erhöhung der Verkaufspreise kann z.B. darin liegen, dass ein Exporteur seine Exportpreise reduziert, um den Antidumpingzoll zu „absorbieren“, d.h. selbst zu tragen. In diesem Fall kann ein Weiterverkauf des betroffenen Produkts durch die Importeure trotz des Antidumpingzolls weiterhin zu (annähernd) gleichem Preis erfolgen, so dass der Antidumpingzoll sein anvisiertes Schutzziel einer Preiserhöhung nicht erreicht. Eine anti-absorption re-investigation kann daher zur Verhängung eines höheren Antidumpingzolls führen.

Antragsberechtigt für eine Wiederaufnahme der Untersuchung durch die Kommission ist auch eine andere interessierte Partei. Leitet die Kommission daraufhin ein Verfahren ein, muss dieses spätestens nach neun Monaten abgeschlossen sein.

(2) Stellt sich heraus, dass Antidumping- oder Ausgleichszölle umgangen werden, kann eine Ausweitung der Maßnahmen auf Drittländer oder auf vergleichbare Waren im Verfahren des sog. Anti-Circumvention Investigation beantragt werden. Eine Umgehung kann darin liegen, dass die Montage der Produkte erst kurz vor der Einleitung der Antidumping- bzw. Ausgleichszolluntersuchung aus dem Ursprungsland in einen Drittstaat oder in die EU verlagert wird, die verwendeten Teile aber überwiegend aus dem Ursprungsland stammen. Oft werden Güter auch über Drittländer verschifft und ihr wahrer Ursprung dadurch verschleiert.

Ein solcher Antrag auf Ausweitung der Maßnahmen kann auf Antrag eines Mitgliedstaats oder einer interessierten Partei gestellt werden. Im Antrag muss dargelegt werden, dass die Veränderung des Handelsgefüges zwischen der Union und den Drittländern ausschließlich in der Einführung des Antidumping- bzw. Ausgleichszolls liegt und die Abhilfewirkung der Zollmaßnahme untergraben wird und weiterhin Dumping vorliegt bzw. die Waren weiterhin spezifisch subventioniert werden. Leitet die Kommission daraufhin eine Untersuchung ein, muss sie innerhalb von neun Monaten entscheiden, ob die Maßnahmen auf das betreffende Drittland oder auf gleichwertige Waren ausgeweitet werden.

Die Kommission kann bereits mit der Einleitung des Verfahrens die Zollbehörden anweisen, die Einfuhren zu registrieren. Dann können ggf. nachträglich Zölle auf die registrierten Einfuhren erlassen werden.

(3) Für alle anderen Fälle, in denen eine Verschärfung der Antidumping- bzw. Antisubventionsmaßnahmen erreicht werden soll, besteht für eine interessierte Partei die Möglichkeit der Beantragung einer Interimsüberprüfung durch die Kommission (interim review). Darüber hinaus hat die Kommission, wie in allen Überprüfungsverfahren im EU-Außenwirtschaftsrecht, die Möglichkeit, von sich aus das Verfahren einzuleiten. Es kann sich z.B. eine wesentliche Änderung der Marktlage ergeben haben, die eine Verschärfung der Ausgleichszölle rechtfertigt.

Ein Antrag im Namen der Unionshersteller kann frühestens ein Jahr nach Einführung einer endgültigen Maßnahme gestellt werden. Eine Interimsprüfung kann zu einer Bestätigung der bestehenden Maßnahmen, zu ihrer Abänderung oder ihrer vollständigen Aufhebung führen. Eine Interimsprüfung kann auch zusammen mit der expiry review (hierzu unter: "Ich habe Fragen zum EU-Außenhandelsrecht" (3. Frage)) beantragt werden. Nur so kann zugleich eine Änderung der Maßnahmen herbeigeführt werden.

Gelangt die Kommission am Ende der Interimsüberprüfung zu der Ansicht, dass die bestehenden Maßnahmen nicht (mehr) effektiv sind, wird sie diese für gewöhnlich verschärfen. Das Verfahren soll in der Regel innerhalb von 12 Monaten abgeschlossen sein; es muss jedoch spätestens 15 Monate nach Verfahrenseinleitung beendet werden.

Die Interimsüberprüfung kann auf Teile der Zollmaßnahme beschränkt werden, z.B. auf die Frage ob überhaupt ein Dumping oder eine spezifische Subvention vorliegt oder darauf, ob eine Schädigung vorliegt. Des Weiteren ist es beispielsweise möglich, anzuregen, die Produktdefinition weiter zu fassen, um eine größere Anzahl von Importen zu erfassen.

Weitere Informationen bietet das Kommissionsdokument „Reviews“, abrufbar hier: https://trade.ec.europa.eu/doclib/docs/2013/april/tradoc_151019.pdf.

[Rechtsquellen: Verordnung (EU) 2016/1036 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 08.06.2016 über den Schutz gegen gedumpte Einfuhren aus nicht zur Europäischen Union gehörenden Ländern, ABl. Nr. L 176 vom 30.06.2016, S. 21ff.; Verordnung (EU) 2016/1037 des Europäischen Parlaments und des Rats vom 08.06.2016 über den Schutz gegen subventionierte Einfuhren aus nicht zur Europäischen Union gehörenden Ländern, ABl. Nr. L 176 vom 30.06.2016, S. 55ff. Konsolidierte Fassungen der Gesetzestexte finden sich auf der Eur-Lex Webseite (vgl. "Ich möchte wissen, wo ich EU-relevante Informationen finde" (5. Frage)).]

5. Ich bin EU-Produzent. Meine Marktposition in einem Drittstaat wird dort durch lokale Handelshemmnisse beeinträchtigt. Wie kann ich dagegen vorgehen?

Wenn meine Marktchancen in einem Nicht-EU-Land (Drittstaat) durch Handelshemmnisse beeinträchtigt werden, können mir möglicherweise internationale Handelsregeln helfen. Solche beschränken oftmals die Möglichkeiten, lokale Handelshemmnisse einzuführen oder beizubehalten, welche die Öffnung des lokalen Marktes zugunsten von Exporteuren erschweren. Internationale Handelsregeln sind in erster Linie im Recht der WTO (Welthandelsorganisation) oder in bilateralen Abkommen zwischen der EU mit einem Drittstaat enthalten. Nach WTO-Recht ist es z.B. grundsätzlich untersagt, mengenmäßige Einfuhrbeschränkungen einzuführen oder ausländische Erzeugnisse mit Steuern oder Abgaben zu belasten. In vielen Fällen wird es aber nur durch Hinzuziehung von fachkundigen Spezialisten möglich sein, festzustellen, ob ein lokales Handelshemmnis gegen internationale Handelsregeln verstößt.

Gegen lokale Handelshemmnisse kann direkt im Drittstaat vorgegangen werden. Da man sich vor den dortigen Gerichten aber grundsätzlich nicht auf internationale Handelsregeln berufen kann, hat solch ein Vorgehen selten Aussicht auf Erfolg.

Verstöße gegen das WTO-Recht können durch WTO-Mitgliedstaaten im WTO-Streitbeilegungsmechanismus geltend gemacht werden. Industrievertreter versuchen daher, die staatlichen Stellen davon zu überzeugen, ein WTO-Verfahren anzustrengen. Sowohl die EU-Mitgliedstaaten als auch die Europäische Union selbst sind Mitglieder der WTO. Allerdings liegt im internen Verhältnis der EU gegenüber ihren Mitgliedstaaten die Kompetenz im Bereich der gemeinsamen Handelspolitik bei der Union, weshalb auf WTO-Ebene in der Regel die Union tätig wird.

Es ist daher für Unternehmen und Industrieverbände zumeist empfehlenswert, sich direkt an die Europäische Kommission zu wenden, die sich eines speziellen Verfahrens bedienen kann, wenn der Zugang zu einem ausländischen Markt durch lokale Handelshemmnisse erschwert wird (Verfahren nach der Handelshemmnis-VO („trade-barriers-regulation – TBR“). Ein Antrag auf Verfahrenseinleitung gemäß der TBR kann ein Unternehmen stellen, wenn es von Handelshemmnissen betroffen ist, die in einem Drittland beispielsweise in Form eines Gesetzes oder einer Verordnung bestehen. Im Gegensatz zu einem Antrag auf Einleitung einer Antidumping- oder Ausgleichszolluntersuchung muss der Antrag nicht von einem bestimmten Teil des betroffenen EU-Wirtschaftszweigs unterstützt werden: Der Antrag auf Verfahrenseinleitung kann sowohl im Namen eines Wirtschafszweigs der Union als auch im Namen von Unternehmen der Union gestellt werden, im letzteren Fall muss jedoch persönliche Betroffenheit infolge des Handelshemmnisses vorliegen (Artikel 3 und Artikel 4 VO (EU) 2015/1843). Bevor allerdings eine offizielle Beschwerde eingereicht werden kann, empfiehlt es sich, Kontakt mit der Kommission aufzunehmen.

Der TBR-Antrag muss ausreichende Beweise für das Vorliegen von Handelshemmnissen und dadurch verursachte Schäden enthalten. Bei der Prüfung des Schadens oder der handelsschädigenden Auswirkungen berücksichtigt die Kommission bestimmte Faktoren wie das Volumen der betreffenden Ein- oder Ausfuhren, Preise der Konkurrenten, Steigerungsrate der Ausfuhren auf dem Markt, auf dem die Unionswaren im Wettbewerb stehen, im Ursprungs- oder Ausfuhrland bereits bestehende oder in vorhersehbarer Zukunft entstehende Ausfuhrkapazitäten usw.

Die Kommission muss innerhalb von 45 Tagen nach Antragstellung entscheiden, ob sie ein offizielles Untersuchungsverfahren einleitet (Artikel 5 Absatz 4 VO (EU) 2015/1843). Auf Antrag oder mit Zustimmung des Antragstellers kann diese Frist unterbrochen werden, um zusätzliche Informationen einzuholen.

Gelangt die Kommission zu dem Schluss, dass genügend Beweise für die Einleitung einer Untersuchung vorliegen, so gibt sie die Einleitung des Untersuchungsverfahrens im EU-Amtsblatt bekannt, um alle von dem Handelshemmnis betroffenen Parteien – einschließlich des Landes, das dieses Hemmnis eingeführt hat – zu unterrichten und ihnen die Möglichkeit zur Stellungnahme zu geben. Die Kommission versucht die Stellungnahmen aller betroffenen Parteien einzuholen und sucht den Kontakt mit den zuständigen Behörden des betreffenden Drittlandes, um möglichst schon auf diesem Wege eine Aufhebung der Handelshemmnisse zu bewirken. Die Untersuchung dauert normalerweise nicht länger als fünf Monate ab Bekanntmachung der Verfahrenseinleitung. Bei besonders komplizierten Sachverhalten kann die Kommission eine Untersuchung auf sieben Monate verlängern.

Ergreift das Drittland nach Einleitung des Verfahrens von sich aus zufriedenstellende Schritte zur Beseitigung des Handelshemmnisses oder wird eine formelle Vereinbarung zur Beseitigung des Handelshemmnisses zwischen der EU und dem Drittland getroffen, stellt die Kommission das Verfahren in der Regel ein. Die Kommission kann dann ein Monitoring-Verfahren einleiten, um sicherzustellen, dass die Handelshemmnisse nicht wieder auftreten.

Wird keine zufriedenstellende Lösung gefunden und bestätigt die Untersuchung die Behauptungen, kann ein WTO-Streitbeilegungsverfahren (oder ein Verfahren im Rahmen eines anderen geeigneten internationalen Mechanismus) durch die Europäische Union angestrengt werden. Fällt die Entscheidung des WTO-Streitbeilegungsgremiums zugunsten der EU aus, muss das betroffene Drittland das Ergebnis akzeptieren und das Handelshemmnis beseitigen. Tut es das nicht, kann die Europäische Union Gegenmaßnahmen ergreifen, wie z.B. die Aussetzung von Zugeständnissen, die Anhebung von Zöllen oder die Einführung mengenmäßiger Beschränkungen. Diese Gegenmaßnahmen führen zwar nicht direkt zu der von mir angestrebten Beseitigung des lokalen Handelshemmnisses; sie sollen den Drittstaat aber dazu anhalten, die Behinderung zu beseitigen.

Das Kommissionsdokument „Leitfaden Exporteure“ bietet weiterführende Informationen zu diesem Fragenkomplex an.

Daneben hat die Europäische Kommission im November 2020 ein neues Beschwerdesystem eingeführt, mit dessen Hilfe sowohl Marktzugangshindernisse als auch Verstöße gegen Verpflichtungen im Bereich Handel und nachhaltige Entwicklung gemeldet werden können, die im Rahmen der EU-Handelsabkommen und des Allgemeinen Präferenzsystems bestehen. Dieses Beschwerdeverfahren steht den Mitgliedstaaten, einzelnen Unternehmen, Unternehmens-/Handelsverbänden, Organisationen der Zivilgesellschaft sowie auch Bürgerinnen und Bürger der EU offen. Beim Einreichen der Beschwerde werden eine detaillierte sachliche Beschreibung des betreffenden Problems und eine Auflistung der bereits ergriffenen Abhilfemaßnahmen verlangt.

Nachdem die Beschwerde übermittelt wurde, wird die beschwerdeführende Partei informiert, ob von der Kommission Durchsetzungsmaßnahmen ergriffen werden. Insbesondere wird die Kommissionsdienststelle die Partei über den Inhalt des Aktionsplans informieren, der neben den geeigneten Schritten zur Lösung der beschwerdegegenständlichen Probleme unter Umständen auch Zeitpläne für konkrete Maßnahmen enthalten kann.

Die genannten Beschwerdeformulare können über die Webseite der Generaldirektion Handel (hier) eingereicht werden.

[Rechtsquellen: Verordnung (EU) 2015/1843 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 06.10.2015 zur Festlegung der Verfahren der Union im Bereich der gemeinsamen Handelspolitik zur Ausübung der Rechte der Union nach internationalen Handelsregeln, insbesondere den im Rahmen der Welthandelsorganisation vereinbarten Regeln. Eine konsolidierte Fassung dieses Gesetzestextes findet sich auf der Eur-Lex Webseite (vgl. "Ich möchte wissen, wo ich EU-relevante Informationen finde" (5. Frage)).]

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Stand der Bearbeitung: April 2023