Ihre deutschsprachige Rechtsanwaltskanzlei in Indien
CBBL Rechtsanwalt Dr. Jörg Schendel, Kanzlei Suman Khaitan & Co., Delhi
Dr. Jörg Schendel
Rechtsanwalt
Suman Khaitan & Co.
Delhi


Arbeitsrecht in Indien

Von unserem deutschsprachigen CBBL-Anwalt in Delhi, Herrn Rechtsanwalt Dr. Jörg Schendel, schendel@cbbl-lawyers.de, Tel. +91 11 49 50 15 00, www.sumankhaitanco.in


Überblick zum Arbeitsrecht in Indien mit wichtigen Hinweisen für ausländische Arbeitgeber:

  1. Was sollte in Indien im Arbeitsrecht beachtet werden?
  2. Wie kommt das Arbeitsverhältnis mit einem Arbeitnehmer in Indien zustande?
  3. Welche Regelungen gibt es im indischen Arbeitsrecht zu Lohn und Gehalt?
  4. Welche Regelungen gibt es im indischen Recht zu den Arbeitszeiten?
  5. Wie wird das Arbeitsverhältnis mit einem Arbeitnehmer in Indien beendet?
  6. Welche Sozialleistungen sind in Indien gesetzlich vorgesehen?
  7. Gibt es in Indien spezielle Regelungen für ausländische Arbeitnehmer?

1. Was sollte in Indien im Arbeitsrecht beachtet werden?

Die meisten Inder arbeiten in informalen Arbeitsverhältnissen, also außerhalb des Arbeits-, Sozial- und Steuerrechts. Viele indische Arbeitgeber können es sich in gewissem Maße leisten, unliebsame Regeln zu ignorieren, was ausländischen Firmen nicht zu empfehlen ist, weil sie stets exponiert sind und die Behörden daher recht schnell eingreifen oder die Presse vermeintliche Missstände aufgreift.

Das indische Arbeitsrecht ist recht zersplittert, eher fragmentarisch, und die Gesetze sind oft recht alt. Ein Arbeitsgesetzbuch gibt es in Indien nicht. Es wurden vom indischen Parlament jedoch vier Gesetzbücher verabschiedet, die nach Erlass der Durchführungsverordnungen der Bundesländer alsbald in Kraft treten sollen:

  • der Code on Wages, 2019 (teilweise bereits seit Dezember 2020 in Kraft);
  • der Industrial Relations Code, 2020;
  • der Code on Social Security, 2020; und
  • der Occupational Safety, Health and Working Conditions Code, 2020.

Bereits jetzt existieren in Indien eine Reihe von Gesetzen auf Bundes- und Landesebene mit hohem Schutzniveau. Dies gilt insbesondere für Arbeitnehmer, die wenig verdienen, und für das klassische produzierende Gewerbe (Industrial Disputes Act, 1947; Factories Act, 1948). Eine ganze Reihe von Regelungen, die strenggenommen nur für Arbeitnehmer bis zu einer Gehaltshöchstgrenze gelten, werden standardmäßig vertraglich auch auf Arbeitnehmer mit höheren Einkommen erstreckt. Viele indische Gesetze betreffen nur Betriebe mit einer gewissen Mindestzahl an Arbeitnehmern (i.d.R. 10-20). Eine wichtige Rechtsquelle sind die „Shops and Establishment Acts“ der Bundesländer. Industriebetriebe mit mindestens 100 Werktätigen müssen die betrieblichen Arbeitsbedingungen (standing orders) schriftlich niederlegen.

2. Wie kommt das Arbeitsverhältnis mit einem Arbeitnehmer in Indien Zustande?

Außerhalb der gesetzlichen Regelungen herrscht nach indischem Recht weitgehende Vertragsfreiheit. Der Arbeitsvertrag mit einem Arbeitnehmer in Indien sollte unbedingt schriftlich und in englischer Sprache abgeschlossen werden und alle relevanten Themen abdecken.

Nachvertragliche Wettbewerbsverbote sind regelmäßig unzulässig und unwirksam. Umso wichtiger sind Regeln zu Vertraulichkeit und Geheimhaltung sowie Abwerbeverbote.

3. Welche Regelungen gibt es im indischen Arbeitsrecht zu Lohn und Gehalt?

Das Lohnniveau liegt in Indien deutlich niedriger als in Europa. Die gesetzlich festgeschriebenen Mindestlöhne unterscheiden sich je nach Bundesland und Branche. Wenn der Code on Wages, 2019, vollständig in Kraft ist, wird es der indischen Bundesregierung möglich sein, indienweite Mindestlöhne festzusetzen.

Angestelltengehälter bestehen regelmäßig aus einem Grundgehalt sowie einem hohen Anteil von steuerfreien Zulagen.

Auch in unteren Gehaltsklassen ist ein 13. Monatsgehalt verbreitet. Es besteht eine gesetzliche Vorgabe (Payment of Bonus Act, 1965), die besagt, dass Unternehmen mit mindestens 20 Mitarbeitern, die älter sind als fünf Jahre und einen Jahresgewinn erzielt haben, mindestens 8,33 % (= ein Zwölftel) Zulage zahlen müssen. Üblicherweise wird der Bonus um die Feiertage im Herbst herum ausgezahlt.

4. Welche Regelungen gibt es im indischen Recht zu den Arbeitszeiten?

Zulässig und in Indien auch üblich ist eine Sechstagewoche. Die regelmäßige Arbeitszeit beträgt dabei, je nach Bundesland, acht bis neun Stunden pro Tag bzw. 48 Stunden pro Woche. Überstunden sind mit dem doppelten Gehalt zu vergüten. Die Zahl der zulässigen Überstunden ist in verschiedenen Arbeitsgesetzen begrenzt.

Vorgeschrieben sind ein arbeitsfreier Tag pro Woche und bezahlter Mindesturlaub nach einem Jahr Betriebszugehörigkeit, sowie arbeitsfreie Tage aus sonstigen Gründen. Die Zahl variiert stark nach Bundesland und Branche, mindestens 20 Tage pro Jahr muss man aber einkalkulieren.

Auch gibt es in Indien bestimmte gesetzliche Feiertage, wobei oft auf Betriebsebene entschieden wird, welche Bundes- oder Landesfeiertage gegeben werden und welche nicht. Die wichtigsten Feiertage in Indien sind der Tag der Republik (26. Januar), der Unabhängigkeitstag (15. August) und Gandhis Geburtstag (2. Oktober). Daneben werden, mit unterschiedlichen regionalen Schwerpunkten, die Feiertage verschiedener Religionsgruppen eingehalten. Am wichtigsten sind Holi im Frühjahr sowie Dusshera und Diwali im Herbst. Die Daten ändern sich von Jahr zu Jahr, sollten aber im Auge behalten werden, da sich dann viele Inder frei nehmen, um ihre Familie zu besuchen.

5. Wie wird das Arbeitsverhältnis mit einem Arbeitnehmer in Indien beendet?

Die betrieblichen Arbeitsbedingungen (standing orders) unter dem Industrial Employment Act, 1946, sehen als Probezeit drei Monate vor, in welchen beide Seiten den Arbeitsvertrag mit sofortiger Wirkung künden können. Parteien, die nicht unter das Gesetz fallen, können die Probezeit vertraglich vereinbaren.

Werktätige genießen in Indien gemäß dem Industrial Disputes Act, 1947, einen Kündigungsschutz. Der Begriff des “Werktätigen“ schließt den “Arbeiter“ nach deutschem Verständnis ein, darüber hinaus aber auch Angestellte mit einfachen Tätigkeiten. Die Abgrenzung muss im Einzelfall sorgfältig geprüft werden. Ein Werktätiger kann nach indischem Recht nur bei Vorliegen eines Kündigungsgrundes gekündigt werden, und dieser ist gerichtlich überprüfbar. Zudem ist er zu einer Entschädigung berechtigt. Die Kündigung wegen Verfehlung des Werktätigen bedarf einer Anhörung und eines fairen Verfahrens, was ebenfalls gerichtlich überprüft wird.

Außerhalb des Industrial Disputes Act, 1947, richtet sich die Kündigung nach dem Arbeitsvertrag, wobei die „Shops and Establishments Acts“ der Bundesländer Mindestregelungen vorgeben. Eine ordentliche Kündigung ist nach indischem Recht regelmäßig unter Einhaltung der vereinbarten Kündigungsfrist bzw. Entrichtung des auf die Kündigungsfrist entfallenden Gehaltes ohne Angabe von Gründen möglich.

6. Welche Sozialleistungen sind in Indien gesetzlich vorgesehen?

Gesetzlich vorgesehen sind in Indien eine Altersversorgung und eine Krankenversicherung. In der Praxis spielt die Krankenversicherung keine große Rolle, da diese nur bis zu einer gewissen Gehaltsschwelle (INR 21.000, entspricht etwa EUR 235/CHF 230) verpflichtend ist und die meisten formal beschäftigten Arbeitnehmer diese überschreiten. Arbeitsvertraglich vereinbarte Arbeitgeberzuschüsse zu einer privaten Krankenversicherung sind meist attraktiver. Auch bei der staatlichen Altersversorgung („Provident Fund“) besteht eine Gehaltsschwelle (INR 15.000, entspricht etwa EUR 170/CHF 165), viele Arbeitgeber treten aber freiwillig der staatlichen Altersversorgung bei und entrichten auch Beiträge für Arbeitnehmer mit höheren Gehältern.

Ausländer können in Indien versicherungspflichtig werden; die Versicherungspflichtgrenze in der staatlichen Altersversorgung gilt für sie nicht. Aus Deutschland nach Indien entsandte Arbeitnehmer bleiben gemäß deutsch-indischem Sozialversicherungsabkommen für vier Jahre in der deutschen Rentenversicherung und werden von der indischen Rentenversicherungspflicht befreit; eine Verlängerung ist möglich.

Seit 2017 besteht Anspruch auf 26 Wochen bezahlten Mutterschaftsurlaubs, wovon maximal 8 Wochen vor der Geburt genommen werden können.

Anspruch auf eine Abfindung („gratuity“) hat ein Arbeitnehmer nach indischem Arbeitsrecht, wenn er nach mindestens fünf Jahren Beschäftigung, egal aus welchem Grund, ausscheidet. Es sind 15 Tageslöhne pro Beschäftigungsjahr zu zahlen.

7. Gibt es in Indien spezielle Regelungen für ausländische Arbeitnehmer?

Für Manager, Geschäftsleute und Spezialisten aus der D-A-CH Region kommen für Indien im Wesentlichen drei Visatypen in Betracht: das Arbeitsvisum (employment visa), das Geschäftsvisum (business visa) und das Projektvisum (project visa, in den Bereichen Energie und Stahl). Voraussetzungen für ein Arbeitsvisum sind eine hohe Qualifikation in Tätigkeiten, für die keine qualifizierten Inder zur Verfügung stehen, und ein Mindestgehalt von INR 1.625 Mio. (ca. EUR 18.000/CHF 17.500) pro Jahr. Ein Geschäftsvisum ist grundsätzlich für kürzere, auch häufigere Reisen gedacht, in jüngster Zeit wird dies jedoch zunehmend flexibler gehandhabt.

Im Land ist oft eine Registrierung bei der Ausländerbehörde erforderlich. Maßgeblich ist eine Schwelle von 180 Tagen, wobei es je nach Visumstyp auf die Gesamtdauer des Visums, ununterbrochenen Aufenthalt in Indien oder Gesamtaufenthaltsdauer während eines Jahres ankommt. Nach Indien entsandte Arbeitnehmer, die mehr als die Hälfte des Jahres in Indien verbringen (183 Tage), können ab dem dritten Jahr voll steueransässig werden und mit ihrem weltweiten Einkommen veranlagt werden.

Für dauerhafte Aufenthalte in Indien gibt es unter gewissen Voraussetzungen seit 2016 eine permanent residency für Investoren, die Einbürgerung (unter Abgabe des D-A-CH Passes) oder die Möglichkeit, ein sog. „Auslandsinder“ (Overseas Citizen of India) zu werden – allerdings nur bei Eheschließung.

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Unser deutschsprachiger CBBL-Anwalt in Delhi, Herrn Rechtsanwalt Dr. Jörg Schendel, berät Sie gerne: schendel@cbbl-lawyers.de, Tel. +91 11 49 50 15 00


Stand der Bearbeitung: Juli 2023