Arbeitsrecht in Luxemburg
Von unserem deutschsprachigen CBBL-Anwalt in Luxemburg, Herrn Dr. Marcus Peter, LL.M. eur, peter@cbbl-lawyers.de, Tel. +352 - 271 802 50 und mobil +352 - 691 271 312, www.gsk-lux.com
Im Folgenden finden Sie grundlegende Informationen zu allen wesentlichen Aspekten des luxemburgischen Arbeitsrechts: Vom Abschluss und Inhalt des Arbeitsvertrags bis hin zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses mit einem Arbeitnehmer in Luxemburg.
- Welche Arten von Arbeitsverträgen gibt es in Luxemburg?
- Kann ich mit dem in Luxemburg ansässigen Arbeitnehmer einen Arbeitsvertrag nach deutschem Recht abschließen?
- Muss ich die luxemburgischen Tarifverträge beachten?
- Welche Kategorien von Arbeitnehmern gibt es in Luxemburg?
- Was ist die gesetzliche Arbeitszeit in Luxemburg?
- Wie ist die gesetzliche Urlaubsregelung in Luxemburg?
- Gibt es gesetzliche Mindestlöhne in Luxemburg?
- Was versteht ein luxemburgischer Arbeitnehmer unter "Nettolohn"?
- Wie ist die Steuerbelastung für Arbeitnehmer in Luxemburg im Vergleich zu Deutschland?
- Ich bin Grenzgänger, was muss ich beachten und wo werde ich besteuert?
- Wie ist in Luxemburg eine Kündigung aus persönlichen Gründen definiert?
- Was sind grundsätzlich die Voraussetzungen für eine gerechtfertigte (rechtmäßige) Kündigung aus persönlichen Gründen in Luxemburg?
- Wie verläuft das Kündigungsverfahren in Luxemburg?
- Welche Zahlungen sind am Ende des Arbeitsverhältnisses zu leisten?
- Wie lange kann ein Arbeitnehmer gegen eine Kündigung aus persönlichen Gründen klagen?
- Was sind die Folgen einer rechtswidrigen Kündigung in Luxemburg?
- Kann ich das bei Streitigkeiten mit Arbeitnehmern zuständige Gericht vertraglich bestimmen?
Antworten:
1. Welche Arten von Arbeitsverträgen gibt es in Luxemburg?
Der Arbeitsvertrag ist eine vertragliche Vereinbarung, die ein Arbeitsverhältnis regelt und durch welche sich ein Arbeitnehmer dazu verpflichtet, einem Arbeitgeber seine Arbeitskraft gegen eine Vergütung zur Verfügung zu stellen. Der Arbeitnehmer ordnet sich den Weisungen des Arbeitgebers unter und hat diesen Folge zu leisten.
Auch wenn das Gesetz in Luxemburg die Wirksamkeit eines mündlich geschlossenen Vertrages anerkennt, ist es dennoch empfehlenswert, einen schriftlichen Vertrag abzuschließen, der die Art und die Modalitäten des Arbeitsverhältnisses beschreibt und fixiert.
In Luxemburg unterscheidet man zwischen befristeten und unbefristeten Arbeitsverträgen. Nach dem Willen des Gesetzgebers soll ein Arbeitsvertrag in der Regel unbefristet geschlossen werden. Ausnahmsweise sind aber in bestimmten Fällen auch befristete Arbeitsverträge zulässig. Dies gilt z. B. in den Fällen, in denen ein Arbeitnehmer für eine bestimmte (vorhersehbare) Zeit ausfällt und ersetzt werden soll oder wenn es zu einem vorübergehenden Anstieg des Arbeitspensums kommt.
Die Gesamtdauer der Befristung eines Arbeitsvertrages in Luxemburg ist, mitsamt möglichen Verlängerungen, auf 24 Monate beschränkt, bei einem Zeitarbeitsverhältnis auf 12 Monate. Eine Überschreitung dieser Höchstdauer, sei es auch nur für wenige Tage, hat zur Folge, dass der befristete Arbeitsvertrag in einen unbefristeten Arbeitsvertrag umgedeutet wird. Eine Begrenzung dieser Gesamtdauer kennt jedoch folgende drei Ausnahmen: (i) Saisonvertrag, (ii) Verträge per ministerieller Ausnahmegenehmigung und (iii) Verträge für Sportler und Sporttrainer.
Befristete Arbeitsverhältnisse enden in Luxemburg grundsätzlich mit Ablauf der Frist, die im Arbeitsvertrag vereinbart wurde. In Ausnahmefällen kommt auch eine vorherige Beendigung durch eine fristlose Kündigung in Betracht. Daneben ist auch eine Vertragsbeendigung aufgrund der allgemeinen Beendigungsgründe, wie etwa die Beendigung von Rechts wegen oder die einvernehmliche Vertragsauflösung (Aufhebungsvertrag), möglich.
Sowohl in unbefristeten als auch in befristeten Arbeitsverträgen kann eine Probezeit vereinbart werden. Die maximal zulässige Dauer für die Probezeit ist im luxemburgischen Arbeitsgesetzbuch („Code du Travail“) und in den einschlägigen Bestimmungen der Tarifverträge („conventions collectives“) geregelt.
Während einer wirksam vereinbarten Probezeit können sowohl der Arbeitgeber als auch der Arbeitnehmer den Arbeitsvertrag ohne Angabe von Gründen und unter Beachtung einer kürzeren Kündigungsfrist ordentlich kündigen.
Die Befristung eines Arbeitsvertrages ohne Vorliegen eines bestimmten Befristungsgrundes ist in Luxemburg, anders als in Deutschland, dementsprechend nur während der Probezeit möglich.
2. Kann ich mit dem in Luxemburg ansässigen Arbeitnehmer einen Arbeitsvertrag nach deutschem Recht abschließen?
Sie können mit schwerpunktmäßig in Luxemburg tätigen Arbeitnehmern nicht die Verträge verwenden, die Sie normalerweise in Deutschland einsetzen und die nach deutschem Recht ausgestaltet sind.
Bei einem internationalen Arbeitsvertrag stellen sich zwei wichtige rechtliche Fragen:
- welche Rechtsordnung gilt für den internationalen Arbeitsvertrag (= Rechtskollision)
und
- welches Gericht ist im Falle einer Rechtsstreitigkeit in Bezug auf den Abschluss, die Erfüllung und die Beendigung des internationalen Arbeitsvertrags zuständig (= Kompetenzkonflikt zwischen Gerichten verschiedener Staaten; Gerichtsstand).
Der Grundsatz der Vertragsfreiheit der Parteien wurde in die EG-Verordnung Nr. 593/2008 vom 17. Juni 2008 (Rom I) über das auf vertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht aufgenommen. Diese Verordnung ist in allen EU-Mitgliedstaaten (mit Ausnahme Dänemarks) in Kraft getreten und gilt für alle Verträge, die nach dem 17. Dezember 2009 geschlossen wurden bzw. werden.
Obwohl die Vertragsparteien das auf den Arbeitsvertrag anwendbare Recht frei wählen können, darf das gewählte anwendbare Recht nicht dazu führen, dass dem Arbeitnehmer derjenige Schutz entzogen wird, den die Bestimmungen des zwingenden Rechts jener Rechtsordnung garantieren, die zur Anwendung käme, wenn keine Wahl getroffen worden wäre.
Mit anderen Worten: Bei jeder beabsichtigten Rechtswahl im Rahmen eines Arbeitsvertrages sollte zunächst geklärt werden, welches Recht auf den Vertrag ohne Rechtswahlklausel anwendbar wäre. Und die zwingenden Vorschriften eben dieser ermittelten Rechtsordnung gelten dann in jedem Fall auch, wenn im Arbeitsvertrag das Recht einer anderen Rechtsordnung vereinbart wird.
Das luxemburgische Arbeitsrecht bezweckt den Schutz der Arbeitnehmer und ist aus diesem Grund unabdingbar („ordre public“). Dies bedeutet, dass der Arbeitgeber und der Arbeitnehmer nicht im Einvernehmen bestimmte gesetzliche Bestimmungen ausschließen oder abändern können. Das Arbeitsgesetzbuch („Code du Travail“) in Luxemburg sieht ausdrücklich vor, dass die Parteien nur dann berechtigt sind, von den Bestimmungen dieses Gesetzes abzuweichen, wenn die Abweichung für den Arbeitnehmer vorteilhaft ist.
Dieses Prinzip gilt sowohl bei Vertragsschluss als auch während der gesamten Dauer des Arbeitsverhältnisses. Dadurch soll der Arbeitnehmer vor der missbräuchlichen Umgehung der Rechtsvorschriften geschützt werden, die in dem Land gelten, in dem der Arbeitsvertrag vom Arbeitnehmer erfüllt wird. Der Inhalt der am Erfüllungsort des Vertrags geltenden Rechtsvorschriften stellt für den Arbeitnehmer den Mindestschutz dar, welcher durch eine Rechtswahlklausel zugunsten einer anderen Rechtsordnung nicht wirksam aufgehoben werden kann.
Zu diesen Schutzvorschriften gehören insbesondere
- Mindestlohn,
- Arbeitszeitregelung,
- einige Kündigungsvorschriften,
- tarifvertragliche Schutzvorschriften etc.
3. Muss ich die luxemburgischen Tarifverträge beachten?
Der luxemburgische Tarifvertrag („convention collective“) ist ein dem Arbeitsvertrag übergeordnetes Abkommen, welches zwischen Gewerkschaften und einem einzelnen Arbeitgeber oder einer Arbeitgebergemeinschaft ausgehandelt und abgeschlossen wurde.
Der Tarifvertrag erlaubt es den Arbeitnehmern, bestimmte Arbeitsbedingungen auszuhandeln. Im Gegenzug wird für den Arbeitgeber der soziale Frieden im Betrieb gesichert (Friedenspflicht), da das Streikrecht und sonstige kollektive Druckmittel nicht ausgeübt werden dürfen, solange der vereinbarte Tarifvertrag in Kraft ist.
Damit ein Tarifvertrag seine Wirksamkeit entfalten kann, müssen die Parteien, die ihn abgeschlossen bzw. vereinbart haben, hierzu auch berechtigt gewesen sein. Anschließend wird dieser Tarifvertrag beim Gewerbeaufsichtsamt („Inspection du Travail et des Mines“) in ein spezielles Register eingetragen und tritt am Tag nach dieser Eintragung oder an einem späteren im Tarifvertrag vereinbarten Zeitpunkt in Kraft.
4. Welche Kategorien von Arbeitnehmern gibt es in Luxemburg?
In Luxemburg unterscheidet man insbesondere die Kategorien der
- nicht-leitenden Angestellten („salariés non cadres“) und
- leitenden Angestellten („salariés cadres supérieurs“).
Bei den leitenden Angestellten („salariés cadres supériers“) handelt es sich um Angestellte in führenden Funktionen, deren Löhne, unter Beachtung des Zeitrahmens, welcher für die Erfüllung der Aufgaben aufgebracht werden muss, zu bemessen sind.
Dabei sind die Löhne der nicht-leitenden Angestellten („salariés non cadres“), welche dem Tarifvertrag oder einer anderen Lohntabelle unterliegen, wesentlich niedriger als die der leitenden Angestellten. Die höhere Vergütung der leitenden Angestellten wird als Gegenleistung für die Ausübung ihrer tatsächlichen Entscheidungs- und Leistungsrechte („pouvoir de direction“) oder als Ausgleich für eine genau bestimmte Entscheidungsbefugnis („autorité“) gezahlt. Des Weiteren verfügen die leitenden Angestellten über eine weitreichende Unabhängigkeit in Bezug auf ihre Arbeitsgestaltung und Arbeitszeit, insbesondere müssen sie keine Regelarbeitszeit beachten.
Die Unterscheidung zwischen nicht-leitenden Angestellten und leitenden Angestellten ist insbesondere in Bezug auf die Anwendbarkeit von Tarifverträgen und auf die Regeln über die Arbeitszeit von Bedeutung, da beide für leitende Angestellte grundsätzlich nicht gelten.
Die nicht-leitenden Angestellten („salariés non cadres“) sind solche Angestellte, die keinen besonderen eigenverantwortlichen Bereich innehaben und denen üblicherweise keine anderen Arbeitnehmer untergeordnet sind.
5. Was ist die gesetzliche Arbeitszeit in Luxemburg?
Die in Luxemburg gewöhnliche Arbeitszeit eines Arbeitnehmers beträgt 8 Stunden pro Tag, d. h. 40 Stunden pro Woche. Jede Arbeitsstunde, die über die normale Arbeitszeit hinausgeht, gilt als Überstunde („heure supplémentaire“). Überstunden sind gesetzlich und tarifvertraglich begrenzt zulässig und müssen entweder durch eine erhöhte Vergütung oder durch zusätzliche Ruhezeiten ausgeglichen werden.
Die Höchstarbeitszeit im Fall von Überstunden beträgt 10 Stunden pro Tag bzw. 48 Stunden innerhalb einer Woche. In einem Tarifvertrag können jedoch auch niedrigere Höchstgrenzen festgelegt sein.
Um die üblichen Arbeitszeiten zu erweitern und demnach Überstunden in Anspruch nehmen zu können, muss der Arbeitgeber die (geplanten) zu leistenden Überstunden bei der Gewerbeaufsicht melden. Die Vergütung solcher Überstunden ist grundsätzlich in Luxemburg steuerfrei und teilweise sozialbeitragsfrei. Der Arbeitgeber muss der ITM zudem am Ende eines jeden genehmigten Zeitraums eine Aufstellung der geleisteten Überstunden zukommen lassen.
6. Wie ist die gesetzliche Urlaubsregelung in Luxemburg?
Der gesetzliche Urlaubsanspruch beträgt in Luxemburg 26 Werktage pro Jahr, unabhängig vom Alter des Arbeitnehmers. Als Werktage gelten sämtliche Kalendertagemit Ausnahme der Sonntage und der gesetzlichen Feiertage. Wenn ein Arbeitnehmer, der üblicherweise mehr als fünf Tage pro Woche arbeitet, eine ganze Woche Urlaub nimmt, kann diese möglicherweise nur als 5 Tage und nicht als 6 Tage Urlaub verrechnet werden.
Der Anspruch auf Urlaub entsteht nach drei Monaten ununterbrochener Arbeit bei demselben Arbeitgeber.
Für bestimmte Kategorien von Personen wird die Anzahl von 26 Urlaubstagen von Rechts wegen erhöht.
Bei diesen Kategorien handelt es sich um:
- Kriegsversehrte, Arbeitsunfallopfer sowie Personen mit einer körperlichen, geistigen, psychischen, psychosozialen oder sensorischen Behinderung.Diese Personen erhalten zusätzliche 6 Tage Urlaub pro Jahr, wobei die dabei anfallenden Kosten vom Staat übernommen werden.
- Arbeiter im Unter- und Übertagebau.Diesen Personen wird ein zusätzlicher Urlaub von 3 Tagen pro Jahr gewährt.
- Arbeitnehmer, deren Arbeitstätigkeit keine ununterbrochene Ruhezeit von 44 Stunden pro Woche zulässt.Nach einer durchzuführenden Begutachtung durch die Gewerbeaufsicht wird diesen Arbeitnehmern ein zusätzlicher Urlaub von bis zu 6 Tagen pro Jahr gewährt.
Der Arbeitsvertrag oder ein Tarifvertrag kann auch weiterreichende Urlaubsansprüche vorsehen.
Der Urlaub muss grundsätzlich innerhalb des Jahres, in dem der Urlaubsanspruch entsteht, d. h. innerhalb des laufenden Jahres, in Anspruch genommen werden. Es bestehen hierzu jedoch zwei Ausnahmen:
- Wenn die Umstände des Betriebes oder die berechtigten Bedürfnisse anderer Arbeitnehmer es unmöglich machen, dass der Arbeitnehmer den Urlaub bis zum Jahresende nimmt, kann der verbleibende Urlaubsanspruch („Resturlaub“) ausnahmsweise auf das Folgejahr übertragen werden, muss dann jedoch bis spätestens zum 31. März dieses Jahres genommen werden.
- Auf Antrag des Arbeitnehmers (bei seinem Arbeitgeber), der im ersten Jahr im Betrieb beschäftigt ist, kann der Resturlaub, der im laufenden Jahr nicht genommen werden konnte, auf das folgende Jahr übertragen werden. Eine Beschränkung, wann dieser übertragene Urlaub innerhalb des folgenden Jahres zu nehmen ist, besteht nicht.
Letztlich ist daher zu betonen, dass der Arbeitnehmer den Urlaub grundsätzlich innerhalb des dafür vorgesehenen Zeitraums in Anspruch nehmen muss und weiterhin, dass der Arbeitgeber verpflichtet ist, dem Arbeitnehmer den ihm zustehenden Urlaub zu gewähren.
Es gilt zu berücksichtigen, dass der Urlaubsanspruch nicht in Form einer Entschädigung in Geld abgegolten werden darf, da Urlaub bezweckt, die Gesundheit des Arbeitnehmers zu schützen und seine Leistungsfähigkeit aufrecht zu erhalten. Der einzige Ausnahmefall einer zulässigen Urlaubsabgeltung in Geld ist die Vertragsbeendigung innerhalb desselben Jahres.
7. Gibt es gesetzliche Mindestlöhne in Luxemburg?
Es gibt gesetzliche und tarifvertragliche Mindestlöhne in Luxemburg.
Demnach ist es untersagt und wird sogar strafrechtlich geahndet, einem Arbeitnehmer einen Lohn auszuzahlen, welcher geringer ist als der gesetzlich festgelegte soziale Mindestlohn („salaire social minimum“).
Der derzeitige Mindestlohn für
- unqualifizierte Arbeiter über 18 Jahren liegt bei einem monatlichen Bruttolohn von EUR 2.570,93 (ab 1. Januar 2025: EUR 2.637,77) und für
- qualifizierte Arbeiter über 18 Jahren bei einem monatlichen Bruttolohn von EUR 3.085,11.
Neben dem sozialen Mindestlohn können in Luxemburg auch die Renten, die Unfallrenten und das garantierte Mindesteinkommen regelmäßig entsprechend der Entwicklung der nationalen Durchschnittsvergütung angepasst werden.
Wenn die nationale Durchschnittsvergütung im Vergleich zum sozialen Mindestlohn stärker steigt, ist es möglich, den sozialen Mindestlohn ebenfalls zu erhöhen, um diesen Unterschied ganz oder teilweise auszugleichen.
Die Löhne, Gehälter und Sozialleistungen (einschließlich des sozialen Mindestlohns) sind zudem an die Entwicklung der Lebenshaltungskosten gebunden und entsprechend indexiert. Wenn der Verbraucherpreisindex im Laufe des vorhergehenden Halbjahres um 2,5 % steigt oder sinkt, werden die Gehälter in der Regel im gleichen Verhältnis, d. h. ebenfalls um 2,5 %, angepasst. Aufgrund der hohen Inflation seit dem Jahr 2022 wurden die Gehälter im Luxemburg im Jahr 2023 gleich dreimal erhöht. Die nächste Indexierung wird momentan für das Jahr 2025 erwartet, ist aber abhängig von der wirtschaftlichen Entwicklung.
Bei einer Entsendung von Arbeitnehmern nach Luxemburg gilt die Indexierung nur für den Mindestlohn und nicht für solche Löhne, die den Mindestlohn übersteigen.
8. Was versteht ein luxemburgischer Arbeitnehmer unter "Nettolohn"?
Üblicherweise wird im Arbeitsvertrag ein fixer Bruttolohn festgelegt, wobei ein Stunden- oder ein Monatslohn vereinbart wird. Spricht ein luxemburgischer Arbeitnehmer von Nettolohn, so meint er den Bruttolohn nach Abzug der Sozialabgaben und Steuern. Darüber hinaus gibt es in Luxemburg Quellensteuerabzug auf Löhne.
9. Wie ist die Steuerbelastung für Arbeitnehmer in Luxemburg im Vergleich zu Deutschland?
Der progressive Einkommensteuersatz reicht in Luxemburg von 0 % (für Einkommen bis EUR 11.265 als Grundfreibetrag) bis zu 42 % (für Einkommen über EUR 220.788).
Der Beitrag zum Beschäftigungsfonds erhöht die Einkommensteuerbelastung um 7 % für Einkommen, die EUR 150.000 nicht übersteigen (bei der Zusammenveranlagung von Steuerpflichtigen: EUR 300.000) und um 9 % für alle übrigen Einkommen.
(Anmerkung: Der Beschäftigungsfond ist ein Sonderfonds, der u. a. zur Aufgabe hat, den Arbeitgebern des Privatsektors die Arbeitgeber- und Versicherungsanteile der Sozialversicherungsbeiträge zu erstatten, sofern sie Arbeitslose fortgeschrittenen Alters oder Langzeitarbeitslose einstellen, unabhängig davon, ob diese Arbeitslosengeld beziehen oder nicht).
Auch in Luxemburg hängt die Anwendung des progressiven Steuersatzes vom Familienstand des betroffenen Steuerpflichtigen ab.
So profitieren verheiratete Steuerpflichtige, unabhängig vom gewählten Güterstand, von der Steuerklasse 2 und werden unter Anwendung des Splittingverfahrens gemeinsam besteuert.
Hierbei (1) werden die Einkünfte der beiden Ehepartner addiert, (2) dieses Gesamteinkommen wird dann durch 2 geteilt, (3) der progressive Einkommenstarif wird auf jede der beiden Einkommenshälften separat angewendet und (4) die beiden fälligen Steuerbeträge werden anschließend addiert zu einer gemeinsamen Steuerschuld.
Darüber hinaus haben verheiratete oder ledige Steuerpflichtige mit einem Kind oder mehreren Kindern, das/die zu ihrem Haushalt gehört/gehören, Anspruch auf folgende Steuervorteile:
- eine Steuerermäßigung für Kinder in Höhe von EUR 922,50 pro Jahr und Kind, entweder als Kindergeld oder in Form eines Steuernachlasses,
- erhöhte Abzüge von den Steuern, je nach Anzahl der Kinder.
Ein lediger Steuerpflichtiger mit einem Kind oder mehreren Kindern, das/die zu seinem Haushalt gehört/gehören, wird in die Steuerklasse 1A eingestuft und erhält für alle Kinder eine Steuerermäßigung.
Der ledige Steuerpflichtige hat außerdem Anspruch auf eine Steuergutschrift für Alleinerziehende in Höhe von mindestens EUR 750 pro Jahr. Die Höhe richtet sich nach dem Jahreseinkommen.
Des Weiteren kann ein Steuerpflichtiger, der für die Pflege und die Erziehung seiner Kinder, die nicht zu seinem Haushalt gehören, aufkommt (z. B. durch Unterhaltsleistungen), von seinen steuerpflichtigen Einkünften einen Freibetrag von bis zu EUR 3.480 pro Jahr und Kind absetzen.
Der Pauschalbetrag für Werbungskosten liegt in Luxemburg bei EUR 540.
10. Ich bin Grenzgänger, was muss ich beachten und wo werde ich besteuert?
Grenzgänger, also Arbeitnehmer, die in einem anderen Land, z. B. in Deutschland wohnhaft sind, aber in Luxemburg arbeiten, haben bestimmte Besonderheiten zu berücksichtigen.
Nach den Regeln des Doppelbesteuerungsabkommens Deutschland-Luxemburg gilt für die Besteuerung des Gehalts von Grenzgängern grundsätzlich das Tätigkeitsortsprinzip, sodass dem Staat, in dem die Tätigkeit ausgeübt wird, das Besteuerungsrecht zusteht. Tätigkeiten, die in Luxemburg ausgeübt werden, werden demgemäß grundsätzlich in Luxemburg versteuert.
Für Grenzgänger gilt zu berücksichtigen: Auch Tätigkeiten, die außerhalb von Luxemburg ausgeübt werden, z. B. Telearbeit/ Home Office in Deutschland oder in einem Drittstaat, ändern nichts am alleinigen Besteuerungsrecht Luxemburgs, sofern diese Tätigkeiten unterhalb der Freigrenze von 34 Tagen bleiben oder lediglich geringfügig sind (unter 30 Minuten). Sobald diese Freigrenze überschritten wird, ist die außerhalb Luxemburg verbrachte Arbeitszeit im Wohnsitzstaat (z.B. Deutschland) steuerpflichtig.
11. Wie ist in Luxemburg eine Kündigung aus persönlichen Gründen definiert?
Ein Arbeitgeber kann einen unbefristeten Arbeitsvertrag in Luxemburg aus verschiedenen Gründen kündigen. Diese Gründe können in der Person oder im Verhalten des Arbeitnehmers liegen (Kündigung aus persönlichen Gründen) oder aber in betrieblichen Erfordernissen des Unternehmens (betriebsbedingte Kündigung).
12. Was sind grundsätzlich die Voraussetzungen für eine gerechtfertigte (rechtmäßige) Kündigung aus persönlichen Gründen in Luxemburg?
Wird der Arbeitsvertrag vom Arbeitgeber gekündigt, muss die Kündigung immer begründet werden (gegebenenfalls auf Anfrage des Arbeitnehmers). Der Arbeitnehmer kann das Arbeitsverhältnis hingegen ohne Angabe von irgendwelchen Gründen kündigen.
Diejenige Vertragspartei, die einen unbefristeten Arbeitsvertrag kündigt, muss eine Kündigungsfrist einhalten, deren Länge von der Dauer der Betriebszugehörigkeit des Arbeitnehmers abhängt. Im Falle einer groben Pflichtverletzung kann der Arbeitsvertrag von jeder Partei fristlos gekündigt werden (außerordentliche Kündigung).
13. Wie verläuft das Kündigungsverfahren in Luxemburg?
Bei einer ordentlichen Kündigung durch den Arbeitgeber muss grundsätzlich dem Arbeitnehmer die Beendigung des Arbeitsverhältnisses schriftlich mitgeteilt werden. Das Kündigungsschreiben kann
- entweder als postalisches Einschreiben mit Rückschein dem Arbeitnehmer zugestellt werden
oder
- dem Arbeitnehmer persönlich übergeben werden, wobei der Arbeitnehmer den Erhalt durch seine Unterschrift auf einer Kopie des Kündigungsschreibens bestätigt.
Verstößt der Arbeitgeber gegen diese Formvorschriften und kündigt dem Arbeitnehmer z. B. lediglich mündlich, ist die Kündigung rechtswidrig.
Das Arbeitsverhältnis endet nicht in dem Moment, da der Arbeitnehmer die Kündigung erhält, sondern erst nach Ablauf einer bestimmten Frist, die von der Dauer der Betriebszugehörigkeit des Arbeitnehmers abhängt (Kündigungsfrist). So muss der Arbeitgeber folgende Kündigungsfristen beachten:
- 2 Monate bei einer Betriebszugehörigkeit von weniger als 5 Jahren,
- 4 Monate bei einer Betriebszugehörigkeit von 5 bis (ausschließlich) 10 Jahren,
- 6 Monate bei einer Betriebszugehörigkeit von 10 Jahren und mehr.
Die Kündigungsfrist beginnt am 15. des Monats zu laufen, sofern die Kündigung vor dem 15. des Monats zugestellt wurde.
Wird die Kündigung zwischen dem 15. und dem letzten Tag des Monats zugestellt, beginnt die Frist ab dem 1. des Folgemonats zu laufen.
Die Gründe, die eine ordentliche Kündigung rechtfertigen können, sind:
- Gründe in der Person des Arbeitnehmers,
- Gründe im Verhalten des Arbeitnehmers,
- betriebliche Erfordernisse.
Mit dem Kündigungsschreiben wird dem Arbeitnehmer nur die Beendigung des Arbeitsverhältnisses als solche mitgeteilt. Die Gründe für diese Beendigung müssen nur auf Antrag des Arbeitnehmers mitgeteilt werden. Diesen Antrag kann der gekündigte Arbeitnehmer innerhalb eines Monats nach Zugang der Kündigung per Einschreiben stellen. Erhält der Arbeitgeber einen solchen Antrag auf Begründung der ausgesprochenen Kündigung, so muss er innerhalb eines Monats eine Antwort verfassen und sie dem Arbeitnehmer per Einschreiben zusenden. Wahrt er diese Frist nicht oder antwortet er gar nicht, gilt die Kündigung als rechtsmissbräuchlich und der Arbeitnehmer kann Schadensersatz vom Arbeitgeber fordern.
Mit einer fristlosen Kündigung (außerordentliche Kündigung) beendet der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis mit sofortiger Wirkung aufgrund einer groben Pflichtverletzung des Arbeitnehmers. Diese Beendigung ist sofort wirksam, d. h. das Arbeitsverhältnis ist mit Zugang der Kündigung beendet.
Als grobe Pflichtverletzung wird ein Verhalten bezeichnet, welches die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses sofort und endgültig unmöglich macht, da die Vertrauensbasis zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer zerstört ist.
Im Gegensatz zur ordentlichen Kündigung müssen im Kündigungsschreiben die Pflichtverletzungen, die dem Arbeitnehmer zur Last gelegt werden, genau und detailliert beschrieben werden. Anderenfalls gilt die Kündigung als rechtsmissbräuchlich und begründet verschiedene Gegenansprüche des Arbeitnehmers (z.B. auf eine Ausgleichszahlung für die nicht gewahrte Kündigungsfrist und auf Schadensersatz für den erlittenen materiellen und immateriellen Schaden).
14. Welche Zahlungen sind am Ende des Arbeitsverhältnisses zu leisten?
Einem Arbeitnehmer, dessen Betriebszugehörigkeit bei Ablauf der Kündigungsfrist mindestens 5 Jahre beträgt, steht bei einer ordentlichen Kündigung eine Abfindung zu.
Die Höhe der Abfindung richtet sich in Luxemburg nach der Dauer der Betriebszugehörigkeit (BZ):
- BZ = 5 bis 10 Jahre 1 Monatslohn
- BZ = 10 bis 15 Jahre 2 Monatslöhne
- BZ = 15 bis 20 Jahre 3 Monatslöhne
- BZ = 20 bis 25 Jahre 6 Monatslöhne
- BZ = 25 bis 30 Jahre 9 Monatslöhne
- BZ = 30 Jahre und länger 12 Monatslöhne
Des Weiteren ist der Arbeitgeber verpflichtet, dem Arbeitnehmer eine Arbeitsbescheinigung auszuhändigen, falls dieser einen entsprechenden Antrag stellt. Diese Verpflichtung besteht unabhängig vom Beendigungsgrund.
Nach der Beendigung des Vertrages können die Vertragsparteien eine Ausgleichsquittung („reçu pour solde de tous comptes“) erstellen.
(Anmerkung: Eine Ausgleichsquittung ist eine Bescheinigung, die bei der Beendigung oder beim Ablauf eines Arbeitsvertrages ausgestellt wird und in welcher der Arbeitnehmer erklärt, dass er von seinem Arbeitgeber sämtliche Löhne, Gehälter oder Entschädigungen erhalten hat. Dies ist jedoch nicht zwingend erforderlich, sondern stellt nur eine Option für die Parteien dar. Die Abschlussquittung kann sowohl nach einer Kündigung als auch nach jeder Art der Vertragsbeendigung erfolgen.)
15. Wie lange kann ein Arbeitnehmer in Luxemburg gegen eine Kündigung aus persönlichen Gründen klagen?
Der Arbeitnehmer kann innerhalb von 3 Monaten Klage einreichen. Diese Frist beginnt zu laufen
- ab der Zustellung der Kündigung im Falle einer fristlosen Kündigung,
- ab der Zustellung der ordentlichen Kündigung, wenn der Arbeitnehmer die Gründe für seine Kündigung nicht angefordert hat,
- ab der Mitteilung der Gründe im Falle einer ordentlichen Kündigung, sofern dem Arbeitnehmer auf dessen Anfrage die Gründe dafür innerhalb der gesetzlichen monatlichen Frist mitgeteilt wurden,
- im Falle einer ordentlichen Kündigung: nach Ablauf der Monatsfrist, innerhalb deren der Arbeitgeber die Anfrage des Arbeitnehmers nach den Kündigungsgründen hätte beantworten müssen, jedoch nicht innerhalb der gesetzlichen Frist beantwortet hat.
Die dreimonatige Frist wird unterbrochen, wenn der Arbeitnehmer bei seinem Arbeitgeber eine schriftliche Beschwerde einreicht und seine Kündigung anficht. In diesem Fall beginnt eine neue Frist von einem Jahr.
16. Was sind die Folgen einer nicht rechtsmäßigen (rechtswidrigen) Kündigung in Luxemburg?
Zu unterscheiden ist zwischen der materiellen und der formellen Rechtswidrigkeit einer Kündigung:
Eine Kündigung kann rechtswidrig sein, wenn ausreichende Kündigungsgründe fehlen (materielle Rechtswidrigkeit) oder wenn Form- und Verfahrensvorschriften nicht beachtet wurden (formelle Rechtswidrigkeit).
Eine Kündigung wird nicht allein dadurch unrechtmäßig, dass die vorgeschriebene Kündigungsfrist nicht beachtet wurde; dies hat lediglich eine Kündigungsentschädigung zur Folge.
Wenn ein Arbeitsgericht in Luxemburg feststellt, dass eine Kündigung nicht rechtmäßig ist, verpflichtet es den Arbeitgeber, Schadensersatz zu leisten. Alternativ und auf Antrag kann das Arbeitsgericht dem Arbeitgeber auch empfehlen, den gekündigten Arbeitnehmer wiedereinzustellen. Dieser Empfehlung muss der Arbeitgeber aber nicht Folge leisten, er muss dann aber ggf. Schadenersatz zahlen, falls er ihr nicht nachkommt.
17. Kann ich das bei Streitigkeiten mit Arbeitnehmern zuständige Gericht vertraglich bestimmen?
Falls im Rahmen des Arbeitsverhältnisses kein Auslandsbezug besteht, finden auch keine internationalen Bestimmungen oder Abkommen Anwendung, sondern lediglich das luxemburgische Zivilprozessrecht. In diesem Fall ist grundsätzlich das Gericht des Arbeitsortes zuständig.
Falls das Verfahren vom Arbeitnehmer eingeleitet wird, kann dieser wählen zwischen
- dem Gericht des Staates, in welchem der Arbeitgeber seinen Wohnsitz oder seine Niederlassung hat und
- dem Gericht des Ortes, an dem der Arbeitnehmer gewöhnlich seine Arbeit verrichtet.
Falls der Arbeitnehmer seine Arbeit gewöhnlich nicht an einem bestimmten Ort verrichtet hat, kann er das Gericht am Ort der Niederlassung des Arbeitgebers, bei welchem er eingestellt wurde, anrufen.
Der Arbeitnehmer kann nicht vertraglich verpflichtet werden, anstelle dieser gesetzlich festgelegten Zuständigkeit des Gerichts ein anderes Gericht anrufen zu müssen. Dieses Verbot dient dem Schutz des Arbeitnehmers, da es Gerichtsstandsvereinbarungen dem Arbeitnehmer faktisch erschweren können, seine Ansprüche gerichtlich geltend zu machen.
Falls das Verfahren vom Arbeitgeber eingeleitet wird, muss er das Gerichtsverfahren vor den Gerichten des Wohnsitzes des Arbeitnehmers einleiten.
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Stand der Bearbeitung: Dezember 2024