Verrechnungspreise in Italien
Von unserem deutschsprachigen CBBL Steuerberater in Mailand, Herrn Massimo Petrucci, petrucci@cbbl-lawyers.de, Tel. +39 02 25060760, www.bureauplattner.com
Der italienische Regulierungsrahmen für Verrechnungspreise (Transfer Pricing oder TP) ist in Artikel 110 Absatz 7 des italienischen Einkommensteuergesetzes (TUIR) geregelt, der vorschreibt, dass Transaktionen mit ausländischen Unternehmen unter Einhaltung des Fremdvergleichsgrundsatzes (sog. arm’s length principle) durchgeführt werden müssen.
Ein korrekter und fundierter Ansatz im Bereich der Verrechnungspreise bietet mehrere Vorteile:
- Risikoprävention: Minimierung steuerlicher Risiken durch eine korrekte und marktgerechte Festlegung konzerninterner Verrechnungspreise im Einklang mit dem Fremdvergleichsgrundsatz
- Schutz vor Sanktionen: Inanspruchnahme der Sanktionsschutzregelung, die Steuerpflichtige vor verwaltungstechnischen Sanktionen schützt
- effizientes Managementinstrument: Verrechnungspreisstrategien und die dazugehörige Dokumentation dienen als zentrale Steuerungsinstrumente zur Optimierung von Geschäftsprozessen, indem sie die Transparenz und steuerliche Konformität des Konzerns in verschiedenen Steuerhoheitsgebieten gewährleisten
- Informationsgrundlage und strategische Planung: eine sorgfältig erstellte Verrechnungspreisdokumentation ist ein wesentliches Element im steuerlichen Risikomanagement eines Unternehmens. Darüber hinaus bildet sie die Grundlage für mögliche einseitige oder bilaterale Advance Pricing Agreements (APAs) mit Steuerbehörden anderer Jurisdiktionen.
Ein Überblick
- Rechtlicher Rahmen zu Verrechnungspreisen in Italien
- Vorhalten und Vorlegen von TP-Dokumentationen in Italien
- Inanspruchnahme der Sanktionsschutzregelungund und Frist
- Abschließende Überlegungen – Vorteile in der Praxis
1. Rechtlicher Rahmen zu Verrechnungspreisen in Italien
1.1 Steuerliche Rechtsgrundlagen für Transferpreise in Italien
Die steuerliche Behandlung von Verrechnungspreisen in Italien ist in Artikel 110, Absatz 7 des Präsidialerlasses Nr. 917/1986, im Körperschaftssteuergesetz (TUIR), geregelt.
Der in der oben genannten Vorschrift enthaltene Grundsatz sieht vor, dass Einkünfte aus Transaktionen mit ausländischen Gesellschaften,
- die eine italienische Gesellschaft direkt oder indirekt kontrollieren oder
- die von ihr kontrolliert werden oder
- die von derselben Gesellschaft kontrolliert werden, die auch die italienische Gesellschaft kontrolliert,
unter Bezugnahme auf die Bedingungen und Preise ermittelt werden, die zwischen voneinander unabhängigen Marktteilnehmern unter vergleichbaren wirtschaftlichen Rahmenbedingungen vereinbart worden wären, sofern sich hieraus eine Erhöhung des steuerpflichtigen Einkommens ergibt.
Bis zu den Änderungen durch das Gesetzesdekret Nr. 50 vom 24. April 2017 wurde auf das Konzept des "Normalwerts" (gemäß Artikel 9 Absatz 3 Nummer 4 des TUIR) Bezug genommen statt auf die Formulierung "zu marktüblichen Bedingungen".
Seit der Reform durch das Gesetzesdekret Nr. 50 vom 24. April 2017 wird in Artikel 110 Absatz 7 des TUIR auf den Fremdvergleichsgrundsatz verwiesen, mit dem erklärten Ziel, die nationale italienische Gesetzgebung mit den OECD-Verrechnungspreis-Leitlinien in Einklang zu bringen.
Darüber hinaus wurde durch Artikel 26 des Gesetzesdekrets Nr. 78/2010 (umgewandelt in das Gesetz Nr. 122/2010) eine Pflicht zur Verrechnungspreisdokumentation eingeführt, um die Steuerpflichtigen vor Verwaltungsstrafen im Falle von TP-Anfechtungen durch die Steuerbehörden zu schützen (sog. Strafenschutzregelung).
1.2 Verordnung und Rundschreiben
Die italienischen Steuerbehörden erließen im Jahr 1980 mit Rundschreiben Nr. 32/2267 vom 22. September 1980 umfassende Vorschriften zu Verrechnungspreisen in Italien.
Am 29. September 2010 veröffentlichte die italienische Steuerbehörde die Vorschrift Nr. 137654/2010, die Anweisungen zur Dokumentation der Verrechnungspreise sowie zum Strafschutzsystem enthält.
Weitere Durchführungsbestimmungen wurden mit dem Ministerialdekret vom 14. Mai 2018 erlassen. Dieses Dekret enthält wesentliche Grundsätze zur Umsetzung der in der überarbeiteten Fassung des TUIR festgelegten Regelung, mit dem Ziel, die italienischen Verrechnungspreisvorschriften an internationale Standards anzupassen. Dabei wurden insbesondere das OECD-Vorhaben zur Bekämpfung der Gewinnverkürzung und Gewinnverlagerung (Base Erosion and Profit Shifting, BEPS) und die OECD-Leitlinien von 2017 berücksichtigt. Das Dekret befasst sich ausschließlich mit Grundsatzfragen, während die italienischen Steuerbehörden operative und praktische verfahrenstechnische Anleitungen herausgegeben haben.
Nach den Änderungen durch das Gesetzesdekret Nr. 50 vom 24. April 2017 sowie durch die neuen Durchführungsbestimmungen des Ministerialdekrets vom 14. Mai 2018 müssen die italienischen Steuerbehörden neue Vorschriften erlassen, die die bestehenden Regelungen teilweise ersetzen oder ergänzen:
- Die Vorschrift Nr. 0360494 des Direktors der italienischen Steuerbehörden vom 23. November 2020 über die Anforderungen an die Verrechnungspreisdokumentation wurde erlassen, um die in Artikel 8 des Ministerialdekrets vom 14. Mai 2018 festgelegten Dokumentationsanforderungen zu ergänzen sowie die Anforderungen des Master File und des Local File der BEPS-Aktion 13 vollständig in den italienischen Rechtsrahmen umzusetzen.
- Die Vorschrift Nr. 0360494 vom 23. November 2020 hat die frühere Vorschrift Nr. 137654 des Direktors der italienischen Steuerbehörden vom 29. September 2010 über die Anforderungen an die Verrechnungspreisdokumentation ersetzt.
- Das Rundschreiben Nr. 16 der italienischen Steuerbehörden vom 24. Mai 2022 wurde herausgegeben, um die korrekte Definition des Fremdvergleichs für Verrechnungspreiszwecke gemäß Artikel 6 des Ministerialdekrets vom 14. Mai 2018 zu präzisieren.
- Der Beschluss Nr. 68665/2024 der italienischen Steuerverwaltung, veröffentlicht am 28. Februar 2024, enthält die TP-Leitlinien für die Ermittlung der Vergütung von Vermögensverwaltern.
2. Vorhalten und Vorlegen von TP-Dokumentationen in Italien
Die Vorlage einer ordnungsgemäßen TP-Dokumentation ist nicht verpflichtend, sondern fakultativ und zielt darauf ab, im Falle einer Steuerprüfung in Italien eine Nichtanwendung von verwaltungsrechtlichen Strafen zu erreichen.
Seit dem 1. September 2024 belaufen sich diese Strafen auf 70 % der zusätzlichen Steuer, wobei der Mindestbetrag der Strafe Euro 150 beträgt (vorher lagen die Strafen zwischen 90 % und 180 % der zusätzlichen Steuer, ohne Mindestbetrag).
Die für die Inanspruchnahme der Sanktionsschutzregelung erforderlichen Unterlagen umfassen folgende:
- ein Dokument mit der Bezeichnung “Masterfile”, das Informationen über die multinationale Unternehmensgruppe enthält, entsprechend der Struktur und dem Inhalt, die in Absatz 2.2 der von der Steuerverwaltung erlassenen Verordnung Nr. 360494/2020 festgelegt sind und
- ein Dokument mit der Bezeichnung "Local File", das Informationen zu den konzerninternen Transaktionen enthält, an denen die nationale Einheit beteiligt ist, und eine Beschreibung zu deren Struktur und Inhalt gemäß Absatz 2.3 der oben genannten Bestimmung.
3. Inanspruchnahme der Sanktionsschutzregelung in Italien und Frist
Um in den Genuss des (fakultativen) Schutzes vor Verwaltungssanktionen zu kommen, muss die Verrechnungspreisdokumentation, bestehend aus dem Master File der Gruppe und dem Local File der italienischen Einheit, zusammen mit den darin erwähnten Anlagen, vor der Einreichung der entsprechenden Steuererklärung (deren Einreichungsfrist am letzten Tag des zehnten Monats nach Abschluss des Steuerjahres abläuft) elektronisch signiert und mit einem qualifizierten Zeitstempel versehen werden.
Konkret sind folgende Maßnahmen erforderlich:
- Erklärung Vorhandenseins der TP-Dokumentation in der Steuererklärung durch Ankreuzen des Kästchens "Besitz der Dokumentation" in Zeile RS106
- Übermittlung der ordnungsgemäß elektronisch unterzeichneten und mit einem qualifizierten Zeitstempel versehenen TP-Dokumentation (die digitale Unterschrift und der Zeitstempel müssen vor der Einreichung der entsprechenden Steuererklärung angebracht werden) im Falle einer Anforderung im Rahmen einer steuerlichen Prüfung.
In der Praxis ist eine Fristverlängerung um bis zu 90 Tage möglich, wenn die Verrechnungspreisdokumentation nicht innerhalb der vorgesehenen Frist fertiggestellt werden kann. In diesem Fall wird die Steuererklärung innerhalb der ursprünglichen Frist eingereicht, ohne das Kästchen betreffend den Besitz der TP-Dokumentation anzukreuzen, und anschließend wird innerhalb der zusätzlichen 90-Tage-Frist, nach Fertigstellung und Unterzeichnung der TP-Dokumentation, eine korrigierte Steuererklärung mit einem Haken im entsprechenden Kästchen (Erklärung des Besitzes der TP-Dokumentation) eingereicht.
4. Abschließende Überlegungen – Vorteile in der Praxis
Die Vorteile, die sich aus einem korrekten und effizienten Verrechnungspreis-Management ergeben, sind bedeutend:
- Risikovermeidung: Reduzierung des steuerlichen Risikos durch ordnungsgemäße Festsetzung der Verrechnungspreise für konzerninterne Transaktionen unter Beachtung des Fremdvergleichsgrundsatzes.
- Schutz vor Sanktionen: Inanspruchnahme der Sanktionsschutzregelung zur Vermeidung von Verwaltungssanktionen.
- Managementinstrument: Die Verrechnungspreise und die zugehörige Dokumentation sind wesentliche Mechanismen zur Optimierung der eigenen Geschäftsaktivität und gewährleisten Transparenz bei der Einhaltung der Steuervorschriften in den verschiedenen Ländern, in denen die Gruppe aktiv ist.
- Sensibilisierung und Transparenz: Eine ordnungsgemäß erstellte Verrechnungspreisdokumentation ist ein wesentlicher Bestandteil der Risikoprävention im Unternehmen. Sie bildet auch die Grundlage für mögliche unilaterale oder bilaterale Advance Pricing Agreements (APAs) mit Steuerbehörden anderer Staaten.
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Unser deutschsprachiger CBBL Steuerberater in Mailand, Herr Massimo Petrucci, berät Sie gerne: petrucci@cbbl-lawyers.de, Tel. +39 02 25060760
Stand der Bearbeitung: März 2025