Wettbewerbs- und Kartellrecht in Argentinien
Von unserem deutschsprachigen CBBL-Anwalt in Buenos Aires, Herrn Federico Guillermo Leonhardt, leonhardt@cbbl-lawyers.de, Tel. +54 - 11 3221 9650, www.leodi.com.ar
Das Wettbewerbs- und Kartellrecht in Argentinien wurde am 24. Mai 2018 neu geregelt. Die Behörde, die für die Untersuchung von wettbewerbswidrigen Handlungen zuständig ist, ist die Nationale Behörde für die Verteidigung des Wettbewerbs (Autoridad Nacional de Defensa de la Competencia). Diese neue Behörde schließt das Nationale Gericht für die Verteidigung des Wettbewerbs, das Sekretariat für wettbewerbswidrige Handlungen und das Sekretariat für wirtschaftliche Zusammenschlüsse ein.
1. Schwere wettbewerbswidrige Handlung. Kronzeugenprogramm. Strafen
Das neue Gesetz hält das generelle Verbot wettbewerbswidriger Handlungen bei, benennt aber eine spezielle Kategorie von absolut wettbewerbswidrigen Handlungen, bei denen man davon ausgeht, dass sie das allgemeine wirtschaftliche Interesse schädigen. Handlungen dieser Kategorie gelten ab initio als null und nichtig. Diese Handlungen, die international als “harte wettbewersbwidrige Handlungen” oder hard core cartels bekannt sind, schließen ein:
- Absprachen über Kauf- und Verkaufspreise von Produkten und Gütern,
- die Verpflichtung, nur eine bestimmte, beschränkte Anzahl von Gütern und/oder Leistungen zu produzieren, zu verarbeiten, zu verkaufen oder zu kaufen;
- Märkte, Kunden oder Versorgungsquellen aufzuteilen, zu verteilen oder zuzuordnen;
- bei Ausschreibung oder Versteigerungen gewisse Verhaltensregeln zu vereinbaren.
Um die Feststellung dieses wettbewerbswidrigen Verhaltens zu ermöglichen, begründet das Gesetz die so genannten Kronzeugenprogramme. Im Falle, dass eine Person als erster Denunziant einer schweren wettbewerbswidrigen Handlung eine kooperative Verhaltungsweise beibehält und die Vernichtung von Beweisen verhindert, erlaubt das Gesetz den zuständigen Behörden, Strafen zu verringern oder direkt zu erlassen.
Die Strafen für wettbewerbswidrige Handlungen sind wesentlich erhöht worden und können im Höchstmaß (i) 30% des Volumens des Geschäftes mit den Gütern und Leistungen, die von der Handlung betroffen sind, multipliziert mit der Zahl der Jahre, die dieselbe gedauert hätte (wobei die Strafe 30% des Volumens der konsolidierten Geschäfte auf lokaler Ebene der Gruppen, zu der die Organisationen gehören, nicht überschreiten darf), oder (ii) 200% des Gewinns der in Frage kommenden Parteien betragen.
Auf der anderen Seite hat man die ausdrücklich festgelegt, dass die zuständige Behörde Durchsuchungsbefehle mit Einverständnis des zu Untersuchenden oder mit richterlicher Genehmigung - die der Richter innerhalb eines Tages erteilen muss – durchführen kann.
2. Wirtschaftliche Konzentrationen
Bezüglich der wirtschaftlichen Konzentrationen waren die größten Nachteile der vorherigen gesetzlichen Bestimmung hauptsächlich zwei: Einmal, dass die Mitteilung über die Entstehung einer Konzentration nur bis zu einer Woche nach Abschluss derselben erfolgen konnte. Dies bedeutete, dass die zuständige Behörde nach der betreffenden Transaktion keine realen Möglichkeiten mehr hatte, Einschränkungen vorzunehmen.
Dies hatte zur Folge, dass die Untersuchungen sich hauptsächlich auf verhältnismäßig veraltete Operationen beschränkten und keine Möglichkeit bestand, effektive Einschränkungen vorzunehmen.Der andere wesentliche Nachteil waren die verhältnismäßig geringen Schwellenwerte der zu beanstandenden Transaktionen. Die Schwellenwerte wurden im Jahre 1999 festgelegt. Durch die Entwertung der lokalen Währung wurden diese erheblich tangiert, bis sie vollkommen an Bedeutung verloren haben und man gezwungen war, auch geringfügige Vorgänge mitzuteilen.
Die neuen Schwellenwerte werden in Einheiten (UVIs) festgelegt und periodisch angepasst. Die Schwellenwerte, die schon gültig sind, legen fest, dass eine Transaktion zwischen einer Käufergruppe und einer lokal erworbenen Firma bei Überschreitung eines Wertes von UVIs 100 Millionen (also derzeit circa 2000 Millionen argentinische Pesos oder 80 Millionen USD) als wirtschaftliche Konzentration angezeigt werden muss.
Ausgenommen davon sind Anzeigen von Transaktionen, bei denen der Wert des Geschäftes oder der übertragenen Aktiva, die sich in Argentinien befinden, 20 Millionen UVIs (also derzeit circa argentinische 400 Millionen Pesos oder 16 Millionen USD) nicht überschreitet.
Eine Ausnahme ist das sogenannte first landing, das für Firmen gilt, die zuvor noch keine Investitionen in Argentinien getätigt haben und für die innerhalb ihrer Gruppe denen eine ausdrückliche Referenz auf Exporte nach Argentinien festgelegt wurde. Voraussetzung ist, dass die betreffenden Firmen in den letzten 36 Monaten keine bedeutenden oder wiederholten Investitionen getätigt haben.
Eine wichtige Änderung ist, dass Transaktionen angezeigt werden müssen, bevor sie vollzogen werden und von der vorherigen Genehmigung durch die Wettbewerbs-Behörde abhängen. Diese Änderung tritt ein Jahr nach Benennung der neuen Wettbewerbs-Behörde in Kraft.
Um einen nichtautorisierten Austausch zwischen den Firmen, die zur Konzentration gehören (gun-jumping) zu vermeiden, wird eine tägliche Strafe von 0,1% des Volumens der Geschäfte der betroffenen Unternehmen festgelegt. Sollte keine Schätzung möglich sein, wird eine Strafe in Höhe von 750.000 UVIs (also derzeit circa 15 Millionen argentinische Pesos oder 600.000 USD) festgelegt. Diese Strafe wird verhängt, wenn die Parteien die Mitteilung an die Behörde verzögern oder Geschäfte abwickeln, bevor sie die notwendige Genehmigung haben.
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Unser deutschsprachiger CBBL-Anwalt in Buenos Aires, Herr Federico Guillermo Leonhardt, Abogado, berät Sie gerne: leonhardt@cbbl-lawyers.de, Tel. +54 - 11 3221 9650
Stand der Bearbeitung: Januar 2019