Abweichende Regelungen für Arbeitnehmer im gesetzlichen Rentenalter in den Niederlanden
Von unserer deutschsprachigen CBBL-Anwältin in Amsterdam, Frau Rechtsanwältin Dr. Wiebke Bonnet-Vogler, bonnet-vogler@cbbl-lawyers.de, Tel. +31205747474, www.vandiepen.com
- Befristete Verträge mit Arbeitnehmern im gesetzlichen Rentenalter in den Niederlanden
- Kündigung von Arbeitnehmern im gesetzlichen Rentenalter in den Niederlanden
- Sozialversicherungsbeiträge für Arbeitnehmer im gesetzlichen Rentenalter in den Niederlanden
- Lohnfortzahlung im Krankheitsfall für Arbeitnehmer im gesetzlichen Rentenalter nach niederländischem Recht
1. Befristete Verträge mit Arbeitnehmern im gesetzlichen Rentenalter in den Niederlanden
Die niederländische „Wet werken na de AOW-gerechtigde leeftijd" (dt.: Gesetz zur Arbeit nach Erreichen des gesetzlichen Rentenalters, hiernach Wet Werken AOW) sieht abweichende Bestimmungen zu den regelmäßigen arbeitsrechtlichen Bestimmungen vor für Mitarbeiter, die nach Erreichen des gesetzlichen Rentenalters in den Niederlanden (weiter) beschäftigt werden. Dies erlaubt eine erhebliche Flexibilität bei der Gestaltung von Arbeitsverträgen mit älteren Arbeitnehmern.
Die Grundsatzregel in Artikel 7:668a Abs. 1 BW besagt, dass aufeinanderfolgende Arbeitsverträge ohne Vertragspausen von mindestens 6 Monaten grundsätzlich maximal für einen Zeitraum von 36 Monaten oder drei Mal hintereinander befristet werden können. Bei Überschreitung dieser Grenzen gilt der jeweils zuletzt geschlossene Arbeitsvertrag als unbefristet.
Die Wet Werken AOW sieht eine Abweichung von der Grundsatzregel vor. Demnach kann ein Arbeitgeber mit einem Arbeitnehmer in den Niederlanden, der das gesetzliche Rentenalter bereits erreicht hat, bis zu 6 befristete Verträge oder mehrere aufeinanderfolgende Befristungen für einen maximalen Zeitraum von 4 Jahren vereinbaren, bevor das Arbeitsverhältnis als entfristet gilt. Dabei spielt es keine Rolle, dass die gleichen Parteien zuvor bereits in einem unbefristeten Arbeitsverhältnis standen. Die Laufzeit der vierjährigen Frist, bzw. der sechsmaligen Verlängerung des Arbeitsvertrags beginnt erst mit dem ersten Vertragsabschluss nachdem der Arbeitnehmer das gesetzliche Rentenalter erreicht hat (Artikel 7:668a Abs. 12 BW).
2. Kündigung von Arbeitnehmern im gesetzlichen Rentenalter in den Niederlanden
Die Wet werken AOW sieht auch erhebliche Erleichterungen der Kündigungsfrist vor.
Abweichend vom gesetzlichen Grundsatz in Artikel 7:671a und 7:671b BW, muss der Arbeitgeber zur Kündigung eines Arbeitnehmers in den Niederlanden im gesetzlichen Rentenalter keine vorherige Genehmigung des UWV (dt.: Ausführungsbehörde für Arbeitnehmerversicherungen) (Kündigung aus wirtschaftlichen Gründen) einholen oder das Arbeitsverhältnis durch ein entsprechendes Verfahren durch den Amtsrichter aufheben lassen (Kündigung aus personen- oder verhaltensbedingten Gründen), sondern kann dem Arbeitnehmer, der das gesetzliche Rentenalter erreicht hat, mit einer Frist von einem Monat kündigen. Wenn dies entsprechend vertraglich vorgesehen ist, so kann auch ein befristeter Arbeitsvertrag zwischenzeitlich gekündigt werden. Der Arbeitgeber muss in diesem Fall auch keine Kündigungsabfindung (transitievergoeding) zahlen (Artikel 7:673 Abs. 7 Sub b BW). Für den Arbeitnehmer gilt stets eine Kündigungsfrist von einem Monat.
3. Sozialversicherungsbeiträge für Arbeitnehmer im gesetzlichen Rentenalter in den Niederlanden
Die Beschäftigung eines Mitarbeiters in den Niederlanden im gesetzlichen Rentenalter ist finanziell besonders lohnend, da folgende Prämien mit Eingang des Monats, in dem der Mitarbeiter sein gesetzliches Rentenalter erreicht, nicht mehr vom Arbeitgeber zu leisten sind:
- Werkloosheidswet (WW) (dt. Arbeitslosigkeitsgesetz)
- Ziektewet (dt. Krankengesetz)
- Wet op de arbeidsongeschiktheidsverzekering (WAO) (dt. Gesetz über die Invalidenversicherung)
- Wet werk en inkomen naar arbeidsvermogen (WIA) (dt: Gesetz über Arbeit und Einkommen nach Erwerbsfähigkeit)
- Algemene Ouderdomswet (AOW) (dt. Allgemeines Altersversorgungsgesetz)
4. Lohnfortzahlung im Krankheitsfall für Arbeitnehmer im gesetzlichen Rentenalter nach niederländischem Recht
Grundsätzlich ist ein Arbeitgeber gesetzlich verpflichtet, seinen Mitarbeitern in den Niederlanden im Krankheitsfall für eine Dauer von 104 Wochen weiterhin mindestens 70% des Lohns zu zahlen (Artikel 7:629 Abs. 1 BW). In Abweichung von dieser Grundsatzregel schreibt Artikel 7:629 Abs. 2 Sub b BW vor, dass ein Arbeitgeber für einen Arbeitnehmer, der das gesetzliche Rentenalter erreicht hat, nur für eine Dauer von 6 Wochen zur Lohnfortzahlung im Krankheitsfall verpflichtet ist. Dabei ist allerdings zu beachten, dass bis zum 30.06.2023 aufgrund der Wet werken AOW ein Übergangsrecht anwendbar war. Aufgrund dessen galt für Arbeitgeber in den Niederlanden eine Lohnfortzahlungspflicht im Krankheitsfall von 13 anstatt 6 Wochen. Das Übergangsrecht wurde zum 1. Juli 2023 per königlichem Beschluss (koninklijk besluit) aufgehoben. Die 6-Wochen-Frist gilt folglich für Krankheitsfälle, die am oder nach dem 1. Juli 2023 auftreten. Für AOW-berechtigte Arbeitnehmer, die am 1. Juli 2023 bereits krank waren, gilt weiterhin die 13-Wochen-Frist.
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Unsere deutschsprachige CBBL-Anwältin in Amsterdam, Frau Rechtsanwältin Dr. Wiebke Bonnet-Vogler, berät Sie gerne: bonnet-vogler@cbbl-lawyers.de, Tel. +31205747474
Stand der Bearbeitung: September 2024