Ihre deutschsprachige Rechtsanwaltskanzlei in Marokko
CBBL Rechtsanwalt und Abogado Dr. Christian Steiner, Kanzlei MIDEAST | Law, Casablanca
Dr. Christian Steiner
Rechtsanwalt und Abogado
MIDEAST | Law
Casablanca


Konsequenzen des deutschen Lieferkettengesetzes für die Arbeit in und mit Marokko

Von unseren deutschsprachigen CBBL-Anwälten in Casablanca, Herrn Rechtsanwalt Dr. Christian Steiner, c.steiner@cbbl-lawyers.de, Frau Rechtsanwältin Sophie Greiner, s.greiner@cbbl-lawyers.de und Herrn RRef. Philipp Decker, Tel. +212 - 648 120 763, mideastlaw.de


Wichtige Informationen zu den Folgen des Lieferkettengesetzes auf die unternehmerische Tätigkeit ausländischer Unternehmen und Investoren in Marokko.


1. Warum ein Lieferkettengesetz? – Ziel sind höhere Standards in den globalen Lieferketten

Das am 1. Januar 2023 in Kraft getretene Lierferkettensorgfaltspflichtgesetz (LkSG) reiht sich ein in eine Tendenz internationaler Bestrebungen, Arbeitsstandards und Umweltschutz in den globalen Lieferketten besser zu schützen.

Den Grundstock legten 2011 die Vereinten Nationen mit dem Rahmenwerk der Guiding Principles on Business and Human Rights. Im Jahr 2015 verabschiedete dann das Britische Parlament ein Gesetz gegen moderne Formen der Sklaverei und für Berichterstattungen und Maßnahmen gegen Zwangsarbeit, den Modern Slavery Act. Frankreich folgte 2017 mit der Loi de Vigilance, einem Gesetz, das unternehmerische Sorgfaltspflichten für Menschenrechte verbindlich verankert. Französische Unternehmen sind hiernach verpflichtet, menschenrechtliche Risiken auch in Tochterunternehmen und entlang der Lieferkette zu identifizieren und zu verhindern.

Die Europäische Union ist mit Blick auf den internationalen Wettbewerb bestrebt, die Anforderungen an die Überwachung der internationalen Lieferketten zu harmonisieren. So hat die Europäische Kommission am 23. Februar 2022 einen Vorschlag für eine Richtlinie über die Nachhaltigkeitspflichten von Unternehmen angenommen, welche nach Abschluss des Gesetzgebungsverfahren noch 2023 verabschiedet werden soll. Der europäische Entwurf geht hinsichtlich einiger Regelungen über jene des deutschen LkSG hinaus. So sollen den Regulierungen bereits Unternehmen mit 500 bzw. 250 Mitarbeitenden unterfallen. Von ihnen wird verlangt, die gesamte Lieferkette sowie Nutzer und Entsorger von Produkten in den Blick zu nehmen und nicht lediglich die direkten Zulieferer. Im Raum steht auch eine zivilrechtliche Haftung. Betroffene könnten so Schadensersatz vor europäischen Gerichten einklagen, wenn ein Unternehmen seine Aufsichts- und Kontrollpflichten in der Lieferkette verletzt und dadurch einen Schaden verursacht.

2. Welche Branchen sind in Marokko besonders vom Lieferkettengesetz betroffen?

Die Anforderungen an die Wahrung von Menschrechten, ihren Standards und die sich hieran anknüpfenden Unternehmenspflichten sind in Marokko nicht mit denen Deutschlands oder anderer europäischer Staaten vergleichbar. Wenngleich Menschrechte eine immer wichtigere Rolle im politischem Bewusstsein Marokkos einnehmen, verlangt die praktische Anwendung des deutschen Lieferkettengesetzes eine Risikoanalyse und ein entsprechendes Risikomanagement im lokalen Kontext.

Der Grad der Regulierung in den LkSG-sensiblen Bereichen ist auch in Marokko relativ hoch, wenngleich nicht so weit ausdifferenziert wie in den meisten Staaten der EU. Das Arbeitsrecht etwa sieht strenge Regeln zum Schutz von Arbeitnehmern vor etwa mit Blick auf Diskriminierung, die maximale Arbeitszeit pro Tag/Woche/Jahr, Mutterschutz, Schutz von Minderjährigen, Urlaub, Kündigungsschutz oder Sicherheit am Arbeitsplatz. Arbeitsinspektoren und Arbeitsgerichte nehmen ihre Aufgabe ernst. Verstöße sind wahrscheinlicher in kleineren Unternehmen außerhalb der industriellen Hubs, Kontrollen allerdings wahrscheinlicher an eben jenen Orten, wo internationale agierende Unternehmen tätig werden. Die Arbeitsbedingungen in Bezug auf Gesundheit und Sicherheit entsprechen abseits des Blickes der Aufsichtsorgane nicht immer den gesetzlich vorgeschriebenen Standards. Vor diesem Hintergrund sollte etwa in Sektoren wie der Landwirtschaft, der Textilbranche, der Elektrozubehör- und Autoindustrie, aber auch im Bergbau (insbesondere bei der Phosphat-Gewinnung) auf die Einhaltung der anwendbaren Standards in der Lieferkette geachtet werden.

Beim Abbau von Rohstoffen, gerade von Phosphat, spielt die Einhaltung von Umweltstandards eine besonders wichtige Rolle. In dem phosphatreichsten Land weltweit schlummern 70 % der heute bekannten Reserven; zugleich ist Marokko der größte Phosphat-Exporteur der Welt. Ohne Phosphate für die Düngung ist die moderne Landwirtschaft nicht denkbar. Auf Marokko entfallen 40 % der europäischen Phosphateinfuhren. Der Abbau von Phosphat setzt Fluor in toxischen Dosen frei, welches sowohl Vieh als auch Menschen kontaminiert und das Risiko schafft, an Silikose, also einer Staublunge, zu erkranken. Die in den im Landesinneren liegenden Minen Beschäftigten sind naturgemäß Anwohner in den umliegenden Dörfern. Diese, sowie die unmittelbare Umwelt, sind den Emissionen der Düngerindustrie direkt ausgesetzt.

Die Textilindustrie gilt gemeinhin als die arbeitsintensivste Industrie Marokkos, da es hier, im Gegensatz etwa zur Fertigung von Elektrozubehör oder in der Autoindustrie, noch an der Automatisierung der Arbeitsprozesse mangelt. Letztere ist der inzwischen drittbedeutendste Wirtschaftszweig für den marokkanischen Außenhandel.

3. Welche Compliance-Pflichten treffen Unternehmen nach dem LkSG?

Die Implementierung des LkSG wird durch das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) überwacht. Unternehmen sind gemäß § 10 Abs. 2 LkSG gehalten, binnen vier Monaten nach Ende des Geschäftsjahres ihren Bericht über die durch das Gesetz auferlegte Umsetzung der Sorgfaltspflichten vorzulegen, welchen das BAFA nach § 13 Abs. 1 LkSG prüft.

Sodann kann das BAFA gemäß §§ 19 Abs. 1 S. 1, 15 S. 2 Nr. 2 LkSG einen Umsetzungsplan innerhalb von drei Monaten zur Behebung von Missständen einfordern und nach §§ 19 Abs. 1 S. 1, 15 S. 2 Nr. 3 LkSG konkrete Handlungen zur Erfüllung der sich aus dem Gesetz ergebenden Pflichten aufgeben.

Zur Durchsetzung der Einhaltung der Sorgfaltspflichten ist das BAFA gemäß § 23 LkSG befugt, Zwangsgelder bis zu einem Betrag von 50.000 EUR zu verhängen.

Solche Bußgelder kommen gemäß § 24 LkSG unter anderem dann in Betracht, wenn Unternehmen ihre Risikoanalyse nicht oder nicht vollständig erstellen, Abhilfemaßnahmen nicht oder nicht rechtzeitig ergriffen werden oder die geforderte Dokumentation nicht erfolgt.

Zudem können Unternehmen gemäß § 22 Abs. 1 LkSG für bis zu drei Jahre von öffentlichen Aufträgen ausgeschlossen werden.

4. Wie werden Unternehmen bei der Implementierung des LkSG unterstützt?

Das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung bietet über den Helpdesk Wirtschaft & Menschenrechte erste Unterstützung bei der Gestaltung umweltschonender und sozialverträglicher Liefer- und Wertschöpfungsketten und berät zur Umsetzung menschenrechtlicher Sorgfaltsprozesse.

Wenngleich das Lieferkettensorgfaltspflichtgesetz primär Großunternehmen in die Pflicht nimmt, sind indirekt auch kleine und mittlere Unternehmen von ihm betroffen. Für diese bietet der KMU Kompass Unterstützung bei der Umsetzung der menschenrechtlichen und umweltbezogenen Sorgfaltsprozesse.

Mit Blick auf die Umsetzung der Pflichten aus dem deutschen Lieferkettengesetz in Marokko steht Ihnen Herr Dr. Christian Steiner mit seinem Team gerne beratend zur Seite.

Sie haben weitere Fragen zum deutschen Lieferkettengesetzes für die Arbeit in und mit Marokko? Sprechen Sie uns an!

Unser deutschsprachiger CBBL-Anwalt in Casablanca, Herr Rechtsanwalt Dr. Christian Steiner, steht Ihnen gerne zur Verfügung: c.steiner@cbbl-lawyers.de, Tel. +212 - 648 120 763


Stand der Bearbeitung: April 2023