Ihre deutschsprachige Rechtsanwaltskanzlei in Ägypten
CBBL Rechtsanwalt in Ägypten, Dr. Christian Ule, Kanzlei MIDEAST | Law
Dr. Christian Ule
Rechtsanwalt und Advocate (DIFC, Dubai)
MIDEAST | Law, Kairo


Anreize für die Produktion grünen Wasserstoffs in Ägypten

Von unseren deutschsprachigen CBBL-Anwälten in Kairo, Herrn Rechtsanwalt Dr. Christian Ule, ule@cbbl-lawyers.de, und Frau Rechtsanwältin Sophie Greiner, s.greiner@cbbl-lawyers.de, Tel. +20 - 2 - 239 143 44, mideastlaw.de


Grüner Wasserstoff erfreut sich einer wachsenden Bedeutung für den Energiemarkt. Ägypten ist in diesem Bereich nicht untätig geblieben und hat eine Reihe von Anreizen geschaffen, um als Investitionsstandort zu überzeugen.

1. Wie steht es mit grüner Energie in Ägypten und welche Rolle spielt hierbei grüner Wasserstoff?

Nach Aussage des ägyptischen Ministers für Elektrizität und erneuerbare Energien (Mohamed Shaker El-Marqabi) wird derzeit von einem Potenzial Ägyptens ausgegangen, 350 GW Windenergie und etwa 650 GW Solarenergie pro Jahr zu erzeugen. Im Rahmen seiner Nationalen Klimastrategie 2050 hat sich Ägypten zum Ziel gesetzt, seine Kohlenstoffemissionen zu reduzieren, die Nutzung erneuerbarer Energiequellen zu fördern und alternative Energieformen, einschließlich grünem Wasserstoff, zu nutzen. Die Bedeutung, die die ägyptische Regierung grünem Wasserstoff beimisst, wird nicht zuletzt mit der jüngsten Kabinettssitzung vom 17. Mai 2023 deutlich.

Mit Blick auf das Ziel, das erste afrikanische Land zu sein, das grünen Wasserstoff produziert, wurden anlässlich der Kabinettssitzung neue Anreize zu Projekten für grünen Wasserstoff und Derivaten vorgestellt. Ausgehend von Investitionen in Höhe von 13 Milliarden USD, wurden die rechtlichen und finanziellen Vorteile im Rahmen eines neuen Anreizpakets (new incentive package) vorgestellt, von welchen Gesellschaften in diesem Bereich künftig profitieren können.

2. Welche Abkommen existieren zwischen Ägypten und Drittstaaten zur Förderung von grünem Wasserstoff?

a) Abkommen zwischen Ägypten und Deutschland zu grünem Wasserstoff

Dem neuen Anreizpaket war ein Treffen zwischen dem Ausschuss der deutsch-ägyptischen Partnerschaft für grüne Wasserstoffprojekte und ägyptischen Funktionären vom 14. März 2023 vorangegangen. Dieses mündete in einen gemeinsamen Fahrplan zur Unterstützung von Wasserstoffproduktionsunternehmen und zur Förderung von Wasserstofftransport und -vermarktung. Anlässlich dieses Treffens wurde beschlossen, dass die Parteien, die ägyptische Ministerin für internationale Zusammenarbeit (Rania Al-Mashat) sowie der ägyptische Minister für öffentliche Unternehmen (Mahmoud Esmat), eine Plattform zur Förderung der Nutzung von grünem Wasserstoff einrichten werden.

Anlässlich dieses Treffens unterzeichneten Ägypten und Deutschland zwei Memoranda of Understanding (MoU), um die Zusammenarbeit im Bereich des grünen Wasserstoffs zu verbessern.

Die ägyptische Regierung hat kürzlich zudem weitere Absichtserklärungen mit sieben Großunternehmen im Bereich Produktion neuer und erneuerbarer Energien zur Errichtung von Produktionskomplexen für grünen Wasserstoff in Ain Al-Sokhna und im Gouvernement Rotes Meer unterzeichnet.

Die deutsch-ägyptische Zusammenarbeit auf dem Gebiet des grünen Wasserstoffs folgt dem Ziel Ägyptens, sich als Drehscheibe für die Produktion von grünem Wasserstoff zu etablieren.

b) Abkommen zwischen Ägypten und Drittstaaten zu grünem Wasserstoff

Ägypten hat sich zudem auch mit der Europäischen Union zusammengetan, um die Produktion von grünem Wasserstoff voranzutreiben. Außerdem unterzeichnete Ägypten 2022, anlässlich der COP27, eine Reihe von Absichtserklärungen mit mehreren internationalen Organisationen, um ausländische Investitionen in die Produktion von grünem Wasserstoff einzubinden und Ägypten zu einer Transitroute für saubere Energie nach Europa zu machen.

In MoUs mit globalen Unternehmen und Allianzen wurde festgelegt, dass grüne Wasserstoffprojekte künftig im Red Sea Governorate durchgeführt werden sollen.

3. Gibt es in Ägypten Investitionsanreize für die Produktion von grünem Wasserstoff?

In der Kabinettssitzung vom 17. Mai 2023 erklärte der ägyptische Premierminister Mustafa Madbuli, dass Ägypten Unternehmen, die in Projekte zur Herstellung von grünem Wasserstoff in Ägypten investieren wollen, das „größte“ Paket an Investitionsanreizen und Erleichterungen biete. Weiter kündigte er die Bildung einer Arbeitsgruppe an, zusammengesetzt aus Vertretern der beteiligten Behörden, um diese Investitionsanreize auszuarbeiten.

Der Erklärung war zu entnehmen, dass die Unternehmen, die an grünen Energieprojekten in Ägypten beteiligt sind, von Anreizen profitieren werden, die in dem in der Kabinettssitzung vom 17. Mai 2023 ausgearbeiteten Gesetz und im Investitionsgesetz Nr. 72 von 2017 (Investment Law No. 72 for 2017) festgelegt sind. Dieses zielt auf Unternehmen, die an der „Produktion, Speicherung und dem Export von grünem Wasserstoff“ beteiligt sind.

4. Welche Investitionsanreize zur Produktion von grünem Wasserstoff in Ägypten sieht das in der Kabinettssitzung vom 17. Mai 2023 ausgearbeitete Gesetz vor?

a) Finanzielle Anreize (financial incentives)

Investitionen im Bereich des grünen Wasserstoffs werden in Höhe von 33 % bis 55 % der zu entrichtenden Einkommensteuer subventioniert. Das Finanzministerium zahlt die Subvention innerhalb von 45 Tagen nach Fristablauf für die Abgabe der Steuererklärung aus. Auf die Subvention selbst wird keine Steuer erhoben. Die genauen Voraussetzungen für die Zahlung der Subventionen werden noch durch das Kabinett festgelegt.

Alle Maschinen, Ausrüstungen, Materialien, Verbrauchsmaterialien und Fahrzeuge (mit Ausnahme von Privatfahrzeugen), die in grünen Wasserstoff- und Derivatprojekten verwendet werden, sind von der Mehrwertsteuer befreit.

Bei Exporten von grünem Wasserstoff und deren Derivaten wird keine Mehrwertsteuer erhoben.

Das Finanzministerium übernimmt die Zahlung des Großteils aller Abgaben und Beglaubigungskosten im Zusammenhang mit der Unternehmensgründung und alle Einfuhrzölle auf importierte Waren, die von der Niederlassung verwendet werden. Weiter übernimmt es die Steuern, die ggf. auf die für die Tätigkeit verwendeten Immobilien erhoben worden wären.

b) Administrative Anreize (administrative incentives)

Projekte im Bereich des grünen Wasserstoffs oder von dessen Derivaten profitieren von der sog. goldenen Lizenz (golden licence), wie sie im Investitionsgesetz Nr. 72 von 2017 genannt wird.

Alle für den Betrieb erforderlichen Rohstoffe, Ersatzteile und Fahrzeuge können direkt oder über Vertriebshändler frei ein- oder ausgeführt werden, ohne dass eine Eintragung in das Importeursregister (Importers‘ Register) erforderlich ist.

Die Anreize gelten für Projekte und deren Erweiterungen während der gesamten Vertragslaufzeit, wenn die Projektvereinbarungen innerhalb von maximal 7 Jahren ab dem Zeitpunkt der kommerziellen Inbetriebnahme abgeschlossen werden.

c) Voraussetzungen

Die Investitionsanreize gelten, wenn:

  • das Projekt innerhalb von fünf Jahren nach der Unterzeichnung der Projektvereinbarung umgesetzt wird,
  • mindestens 70 % der Investitionskosten aus ausländischen Mitteln stammen,
  • mindestens 20 % der lokal verwendeten Materialien aus Ägypten stammen,
  • Ausbildungsprogramme für einheimische Beschäftigte eingerichtet werden und Knowhow geteilt wird und
  • das Projektunternehmen einen Entwicklungsplan für die Gemeinden, in denen es tätig sein wird, aufstellt.

5. Welche Investitionsanreize zur Produktion von grünem Wasserstoff in Ägypten sieht das Investitionsgesetz Nr. 72 von 2017 vor?

Die im Rahmen des Investitionsgesetzes Nr. 72 von 2017 gewährten Steueranreize sehen spezielle, generelle und zusätzliche Investitionsanreize (special, general and additional incentives) vor.

a) Besondere Investitionsanreize (special incentives)

Es handelt sich um auf 7 Jahre befristete Steuerermäßigungen für Projekte, die innerhalb von 3 Jahren (verlängerbar auf 6 Jahre) nach Inkrafttreten der Vorschriften des Gesetzes (also bis Oktober 2023) in Betrieb genommen werden. Die Investitionskosten setzen sich zusammen aus dem Beteiligungskapital, langfristigen Darlehen zur Finanzierung des Baus der beweglichen und unbeweglichen Wirtschaftsgüter des Projekts sowie dem Betriebskapital. Bemessungsgrundlage ist der steuerpflichtige Nettogewinn, welcher mit den folgenden Sätzen besteuert wird.

(1) Steuerbefreiung auf 50 % der Investitionskosten für die Durchführung eines Projekts an geografischen Standorten mit dem größten Entwicklungsbedarf (underdeveloped locations), die von der Zentralbehörde für öffentliche Mobilisierung und Statistik (Central Agency for Public Mobilization and Statistics, kurz CAPMS) als solche gekennzeichnet sind

Das Gesetz kennzeichnet diese Standorte als „Zone A“. Laut der Durchführungsverordnungen gehören zur „Zone A“:

  • die Sonderwirtschaftszone Suez Canal Economic Zone,
  • die Sonderwirtschaftszone Golden Triangle Special Economic Zone,
  • die Sonderwirtschaftszone New Administrative Capital Zone,
  • der Süden der Provinz Gizeh,
  • die an den Suezkanal angeschlossenen Provinzen Port Said, Ismailia und Suez (östlich des Kanals),
  • Grenzprovinzen, einschließlich der Provinz am Roten Meer südlich von Safaga,
  • die Provinzen in Oberägypten und
  • andere Gebiete mit größtem Entwicklungsbedarf (werden vom Premierminister festgelegt).

(2) Steuerbefreiung auf 30 % der Investitionskosten eines Projekts, das in den übrigen geografischen Gebieten außerhalb von „Zone A“, als „Zone B“ bezeichnet, angesiedelt ist und in bestimmten Sektoren tätig ist.

Hierunter fallen Projekte, die

  • im Bereich der erneuerbaren Energien tätig sind,
  • ihre Erzeugnisse außerhalb Ägyptens exportieren und
  • von einem kleinen oder mittleren (KMU) durchgeführt werden.

b) Allgemeine Investitionsanreize (general incentives)

Parallel zu den speziellen Investitionsanreizen gelten auch generelle Investitionsanreize. So sind Projekte für einen Zeitraum von 5 Jahren ab dem Datum ihrer Eintragung ins Handelsregister von bestimmten administrativen Erfordernissen sowie Gebühren befreit. Darüber hinaus sind vorübergehende zollfreie Ein- und Ausfuhren möglich.

c) Zusätzliche Investitionsanreize (additional incentives)

Durch Beschluss des Ministerrats können auch zusätzliche Investitionsanreize gewährt werden:

  • Einrichtung von Sonderzollstellen für die Aus- oder Einfuhr des Investitionsprojekts;
  • Staatliche Kostentragung für Versorgungsleistungen (z.B. Strom- und Wasserversorgung) der für das Investitionsvorhaben vorgesehenen Immobilie oder eines Teils davon;
  • Teilweise staatliche Kostentragung für die technische Ausbildung von Arbeitnehmern;
  • Rückerstattung der Hälfte des Wertes der für Industrieprojekte zugewiesenen Grundstücke, sofern die Tätigkeit innerhalb von zwei Jahren nach der Übergabe des Grundstücks aufgenommen wurde;
  • Kostenlose Zuteilung von Grundstücken für bestimmte strategische Aktivitäten;
  • Unter bestimmten Voraussetzungen Erteilung einer Generalbewilligung für Errichtung, Betrieb und Verwaltung des Projekts sowie für die Bereitstellung der dafür erforderlichen Grundstücke. Diese Genehmigung gilt auch als Baugenehmigung und ist eigenständig wirksam, ohne dass weitere Maßnahmen erforderlich sind. Im Dezember 2022 erteilte das ägyptische Kabinett die Generalbewilligung für mehrere Projekte.
  • Gründungsaktien von Kapitalgesellschaften, die dem Investitionsgesetz Nr. 72 von 2017 unterliegen, können während der ersten beiden Geschäftsjahre des Unternehmens gehandelt werden, sofern der zuständige Minister seine Zustimmung erteilt;
  • Vereinfachter Erwerb von Immobilien, sofern diese für das Projekt verwendet werden.

Sie haben weitere Fragen zu den Anreizen zur Produktion von grünem Wasserstoff in Ägypten oder wünschen Beratung? Sprechen Sie uns an!

Unser deutschsprachiger CBBL-Anwalt in Kairo, Herr Rechtsanwalt Dr. Christian Ule, berät Sie gerne: ule@cbbl-lawyers.de, Tel. +20 - 2 - 239 143 44


Stand der Bearbeitung: August 2023