Vertragshändlervertrag vs. Franchisevertrag in den USA
Von unserem deutschsprachigen CBBL-Anwalt in New York, Herrn Moritz C. Schumann, Rechtsanwalt & Attorney at Law, schumann@cbbl-lawyers.de, Tel. +1 646 502 5944, sbuslaw.com
Grundlegende Informationen zur Zusammenarbeit mit Vertragshändlern in den USA mit wichtigen Hinweisen zur Vermeidung von ungewollten Franchiseverträgen.
- Wie entsteht ein (ungewollter) Franchisevertrag mit meinem Vertriebspartner in den USA?
- Was sind die Risiken eines (ungewollten) Franchisevertrags mit einem US-Vertriebspartner?
- Nach welchem Recht in den USA richten sich Entstehung und Rechtsfolgen eines Franchisevertrages?
- Fazit zur Vertragsbeziehung mit einem Vertragshändler oder Franchisenehmer in den USA
1. Wie entsteht ein (ungewollter) Franchisevertrag mit meinem Vertriebspartner in den USA?
Zahlreiche deutschsprachige Gesellschaften nutzen Vertragshändler (sog. Distributor), um ihre Waren vor Ort in den USA zu vertreiben. Neben allseits bekannten und typischen Franchise-Geschäftsbeziehungen wie z.B. McDonalds können Hersteller in den USA jedoch sehr leicht mit Vertragshändlern in eine unbeabsichtigte und ungewollte Franchise-Geschäftsbeziehung geraten. Denn in den USA ist für die Qualifizierung als Franchise-Geschäftsbeziehung weder die Intention der Vertragsparteien noch die konkrete Vertragsbenennung von Relevanz.
Ein Franchisevertrag setzt nach US-amerikanischem Recht grundsätzlich drei Tatbestandsmerkmale voraus:
(1) Substanzielle Assoziierung mit der Marke/den Marken des Franchisegebers;
(2) Direkte oder indirekte Zahlung einer sog. Franchise Fee; und
(3) Recht des Franchisenehmers zum Verkauf der Waren gemäß eines etablierten Marketingplans/Systems, welches größtenteils von dem Franchisegeber vorgegeben wird und somit die operative Geschäftstätigkeit des Franchisenehmers kontrolliert.
Im Zweifel sind diese Punkte in der Praxis schnell erfüllt. Zu (1): Jeder Händlervertrag setzt typischerweise voraus, dass der Händler auch das limitierte Recht hat, die Marken des Herstellers im Rahmen des Warenverkaufs zu nutzen. Zu (2): Die Franchise Fee wird gemäß der Rechtsprechung sehr weit ausgelegt. Daher ist die Voraussetzung, dass eine Franchise Fee gezahlt worden sein muss, im Zweifel schnell aufgrund jeglicher Art von Vertragszahlung erfüllt. Zu (3): Auch das Merkmal „Marketing Plan“ wird von der Rechtsprechung weit ausgelegt und richtet sich nach den Fakten des Einzelfalles. Jede Art einer signifikanten Kontrolle eines Herstellers über die Geschäftstätigkeit eines Vertragshändlers in den USA (z.B. Vorgaben zu dem Aussehen der Verpackung, Vorgaben hinsichtlich der Vermarktung in den USA, Ladenöffnungszeiten etc.) kann möglicherweise zur ungewollten Annahme des Bestehens eines „Marketingplanes“ führen. Wenn ein Vertrag zudem Methoden der operativen Hilfeleistung durch den Hersteller enthält (z.B. Training und Schulung von Mitarbeitern des Händlers oder Vorgaben hinsichtlich der Waren selbst), kann auch dies schnell zu der ungewollten Annahme eines Marketingplanes führen.
2. Was sind die Risiken eines (ungewollten) Franchisevertrags mit einem US-Vertriebspartner?
Die Rechtsfolgen einer ungewollten Franchise-Geschäftsbeziehung können nach US-amerikanischem Recht schwerwiegend sein. Mögliche Rechtsfolgen sind unter anderem:
- Der vermeintliche Händlervertrag kann aufgrund der Einstufung als Franchisevertrag plötzlich nur noch aus schwerwiegendem Grund („for material cause“) gekündigt werden.
- Eine Kündigung ist nur unter Einhaltung von Benachrichtigungsfristen und Einräumung einer Frist zur Behebung der Vertragsverletzung möglich.
- Das Inventar muss gemäß der für Franchise-Geschäftsbeziehungen geltenden Regeln bei Kündigung vom Hersteller zurückgekauft werden.
- Dem Hersteller drohen von staatlichen Franchise-Aufsichtsbehörden angeordnete administrative Untersuchungen, Gebühren und/oder hohe Strafzahlungen.
3. Nach welchem Recht in den USA richten sich Entstehung und Rechtsfolgen eines Franchisevertrages?
Auf Franchiseverträge in den USA können sowohl bundesrechtliche Rechtsvorschriften anwendbar sein, als auch solche der betreffenden US-Staaten. Hierbei kommt es unter anderem auf die Verbindung der Franchise-Geschäftsbeziehung zu dem jeweiligen US-Staat an. Die Verbindung kann sich daraus ergeben, dass das Franchise-Business in einem bestimmten US-Staat ausgeübt wird bzw. dass der Franchisenehmer (sog. Franchisee) in dem jeweiligen US-Staat mit seiner Gesellschaft registriert worden ist. Auch der Verkauf der Waren durch den Franchisenehmer in weiteren US-Staaten kann eine Verbindung im Sinne des Franchise-Rechts begründen. Manche US-Staaten schreiben für ein Franchise kostenpflichtige Melde- und/oder Registrierungspflichten vor. Auch muss ein Franchisegeber einem Franchisenehmer nach dem Bundesrecht der USA fristgerecht vor Vertragsabschluss ein sog. Franchise Disclosure Document (FDD) übermitteln. Das umfangreiche FDD muss 23 Kategorien abdecken, welche dem Franchisenehmer detaillierte Einsicht in die (finanziellen) Risiken des Franchise gewähren sollen.
4. Fazit zur Vertragsbeziehung mit einem Vertragshändler oder Franchisenehmer in den USA
In den USA können Verträge, die als reine Händlerverträge intendiert und aufgesetzt waren, auch nach jahrelanger Vertragsbeziehung, zur unangenehmen Überraschung des Herstellers in „Franchiseverträge“ umqualifiziert werden.
Vor allem im Falle einer „ungerechtfertigten“ Kündigung gegenüber einem Händler kann es dazu kommen, dass der Händler dem Hersteller plötzlich die fehlende Einhaltung der Franchise-Regelungen entgegenhält und die Vertragskündigung somit äußerst erschwert wird.
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Unser deutschsprachiger CBBL-Partneranwalt Herr Rechtsanwalt Moritz C. Schumann und sein Team in New York stehen Ihnen gerne zur Verfügung: schumann@cbbl-lawyers.de, Tel. +1 646 502 5944
Stand der Bearbeitung: November 2024