Gründung einer Aktiengesellschaft (AG/SA) in Rumänien
Von unserer deutschsprachigen CBBL-Anwältin in Sibiu, Frau Dr. Raluca-Isabela Oprisiu LL.M., Avocat, oprisiu@cbbl-lawyers.de, Tel. +40 - 2 - 692 449 96, www.stalfort.ro
In diesem Beitrag finden Sie einen grundlegenden Überblick über die Gesellschaftsform der rumänischen Aktiengesellschaft (AG/SA) sowie über die wesentlichen Aspekte der Gründung einer AG/SA in Rumänien.
I. Die rumänische AG/SA im Überblick
Der Begriff SA (rum. „societate pe acțiuni”) entspricht der deutschen „Aktiengesellschaft“ und beschreibt eine komplexe Gesellschaftsform. Dennoch ist diese neben der SRL (GmbH) die in Rumänien meist verbreitete Gesellschaftsform. Die Rechtsform der SA ist für die Ausübung bestimmter Tätigkeiten gesetzlich zwingend vorgeschrieben (z.B. im Falle von Banken, Versicherungsunternehmen oder bestimmten Finanzdienstleistern).
1. Gibt es für die rumänische AG/SA Bestimmungen bezüglich der Aktionäre?
Aktionäre können, ähnlich wie bei einer rumänischen GmbH (rum. SRL) grundsätzlich natürliche und/ oder juristische Personen sein, die nicht vorbestraft sind. Eine rumänische AG/SA muss mindestens 2 Aktionäre haben; eine Höchstzahl ist nicht vorgeschrieben.
2. Welche sind die wichtigsten Voraussetzungen für das Grundkapital einer AG/SA in Rumänien?
Die Mindesthöhe des Grundkapitals der rumänischen AG/SA beträgt 90.000,- RON (aktuell ca. 18.500,- EUR), wobei die Regierung eine Anpassung in RON zum Mindestwert von 25.000 EUR erlassen müsste.
Die rumänische Aktiengesellschaft wird durch
- vollständige und gleichzeitige Zeichnung des Grundkapitals durch die Gründer, oder
- durch öffentliche Zeichnung
gegründet.
Im Falle der vollständigen und gleichzeitigen Zeichnung des Grundkapitals darf das zum Zeitpunkt der Gründung eingezahlte Grundkapital nicht weniger als 30% des gezeichneten Kapitals betragen, wobei der Rest innerhalb bestimmter gesetzlicher Fristen in Bar und ggf. durch Sacheinlage eingebracht werden muss.
In der Praxis wird ein Geschäftskonto erst nach Gesellschaftsgründung (aber vor der Aufnahme der operationellen Tätigkeit) eröffnet und darauf das Grundkapital eingezahlt. Hierfür sind, abhängig von der Bank mit der man zusammenarbeiten möchte, bestimmte Dokumente erforderlich. Ein persönlicher Besuch der Geschäftsführer bei der Bank in Rumänien ist nach der Gesellschaftsgründung empfehlenswert.
3. Welche wichtigen Regelungen gelten für die Aktien einer rumänischen AG/SA?
Eine rumänische AG/SA kann lediglich unteilbare Namensaktien mit einem Mindestnennwert von 0,1 RON ausstellen. Die Namensaktien können entweder in materieller Form (Papierform) oder in entmaterialisierter Form ausgestellt werden.
Rumänische Aktiengesellschaften führen sowohl Aktien- als auch Aktionärsregister nach gesetzlich vorgegebenem Muster. Börsennotierte Aktiengesellschaften mit einer hohen Anzahl von Aktionären beauftragen oft öffentliche Einrichtungen mit der Führung ihrer Aktienregister.
4. Wie werden Aktien einer rumänischen AG/SA übertragen?
Anders als rumänische GmbHs müssen Aktiengesellschaften nicht jede Aktienübertragung zwingend beim Handelsregister registrieren, um deren Drittwirkung zu sichern. Diesbezüglich reicht die Registrierung im Aktienregister. Ein interessierter Dritter muss sich daher bei Aktiengesellschaften nicht auf die Aktionärsstruktur aus dem Handelsregister verlassen, sondern immer auch einen Auszug aus dem Aktionärsregister verlangen.
5. Welche Regelungen gibt es für den Unternehmensgegenstand einer rumänischen AG/SA?
Die Gründungsurkunde einer rumänischen AG/SA hat den Unternehmensgegenstand der Gesellschaft genau anzugeben. Die möglichen Tätigkeitsbereiche rumänischer Gesellschaften sind in den vom Statistikamt Rumäniens herausgegebenen Codes für die Klassifizierung der Tätigkeiten der nationalen Wirtschaft (sog. CAEN-Codes) vorgesehen. Es empfiehlt sich, den Unternehmensgegenstand präzise zu fassen, sodass alle genehmigungspflichtigen bzw. steuerlich relevanten Tätigkeiten umfasst sind. Eine Ausweitung bzw. Änderung des Tätigkeitsbereiches kann jederzeit durch Änderung der Gründungsurkunde herbeigeführt werden.
Bei der Gründung wird die Autorisierung der für die Tätigkeit der Gesellschaft erforderlichen CAEN-Codes beantragt. Während es bis Dezember 2022 möglich war, nur einen Teil der in der Gründungsurkunde vorgesehenen CAEN-Codes zu autorisieren, ist dies mittlerweile nur noch in Ausnahmefällen erlaubt. Dies soll dazu führen, dass Gesellschaften sich bereits bei Gründung ausgiebig darüber Gedanken machen, welche Tätigkeiten sie durchführen und nicht pauschal große Teile der offiziellen Klassifizierung übernehmen.
6. Welche Organe und Systeme zur Geschäftsleitung der rumänischen AG/SA gibt es?
Die Organe einer rumänischen Aktiengesellschaft hängen vom gewählten System ab. Diese sind:
Monistisches System (rum. „sistem unitar“)
- Ordentliche und außerordentliche Hauptversammlung;
- Verwaltungsrat/ Vorstand (rum. „consiliu de administratie“);
- ggf. Direktor(en), die vom Verwaltungsrat/ Vorstand mit geschäftsführenden Funktionen betraut werden.
Dualistisches System (rum. „sistem dualist“)
- Ordentliche und außerordentliche Hauptversammlung;
- Aufsichtsrat (rum. „consiliu de supraveghere“);
- Direktorat (rum. „directorat“), vom Aufsichtsrat bestellt.
Das monistische System wird von den meisten AGs in Rumänien gewählt; das dualistische System ist für manche Tätigkeiten, z.B. im Bank- und Versicherungswesen, zwingend vorgeschrieben.
7. Welche Art der Hauptversammlungen gibt es bei der rumänischen AG/SA?
Es können sowohl ordentliche als auch außerordentliche Hauptversammlungen abhängig von den gesetzlich geregelten Zuständigkeiten einberufen werden. Für die Einberufung gibt es gesetzliche Fristen; in bestimmten Fällen bestehen Anforderungen hinsichtlich der Veröffentlichung der Tagesordnung im Amtsblatt und in der regionalen Presse.
8. Müssen für eine rumänische AG/SA Zensoren/ Auditoren bestellt werden?
Im Gegensatz zur rumänischen GmbH, die nur ausnahmsweise einen Zensor benötigt, ist für eine rumänische AG die Bestellung eines Zensors ausdrücklich geregelt. Die Anzahl der Zensoren muss ungerade sein.
Ähnlich wie bei einer SRL besteht für eine S.A. die Pflicht zur Bestellung eines Auditors/ Wirtschaftsprüfers dann, wenn für zwei aufeinanderfolgende Jahre bestimmte Grenzwerte bzgl. der Gesamtaktiva, dem Nettoumsatz oder dem Durchschnitt der beschäftigten Arbeitnehmer überschritten werden. Es gelten die nachfolgenden Schwellen:
- Gesamtaktiva von über 16 Mio. RON,
- Nettoumsatz von über 32 Mio. RON,
- Durschnitt von über 50 Arbeitnehmer im betreffenden Geschäftsjahr.
II. Gründung einer AG/SA in Rumänien
Der Begriff SA (rum. „societate pe acțiuni”) entspricht der deutschen „Aktiengesellschaft“ und beschreibt eine komplexe Gesellschaftsform. Dennoch ist diese neben der SRL (GmbH) die in Rumänien meist verbreitete Gesellschaftsform.
1. Wie lange dauert die Gründung einer rumänischen AG/SA?
Ähnlich wie bei einer rumänischen GmbH/SRL dauert die Gründung und entsprechende Registrierung einer rumänischen AG ab Einreichung aller erforderlichen (und eventuell zusätzlich angeforderten) Unterlagen beim Handelsregister ca. 3-5 Werktage. Die Originaldokumente werden innerhalb weiterer 2 Werktage ausgestellt.
2. Müssen die Aktionäre für die Gesellschaftsgründung nach Rumänien reisen?
Angesichts der Tatsache, dass die meisten Gründungsunterlagen im Herkunftsland der Aktionäre/ Geschäftsführer unterzeichnet und anschließend über einen Bevollmächtigten in Rumänien verwendet werden können, ist hierfür eine Anreise nach Rumänien grundsätzlich nicht erforderlich. Die Einreichung beim Handelsregister erfolgt vor Ort; sie ist elektronisch möglich.
3. Wird für die Gründung einer rumänischen AG/SA ein Notar benötigt?
Ein Notar wird in Rumänien grundsätzlich nicht benötigt; eidesstattliche Erklärungen der Geschäftsführer/ Aktionäre können privatschriftlich erstellt werden, Unterschriftsbeglaubigungen sind nicht mehr vorgeschrieben. Ferner ist im Falle der rumänischen AGs die notariell beurkundete Form der Gründungsurkunde/ Satzung verpflichtend, wenn:
- die SA durch öffentliche Zeichnung (rum. „subscripție publică”) gegründet wird;
- eine Immobilie als Sacheinlage in die zu gründende Gesellschaft eingebracht wird.
Die Nutzung von elektronischen Fernkommunikationsmitteln sowie der elektronischen Signatur in der Kommunikation mit den rumänischen Behörden ist möglich und empfehlenswert.
4. Gibt es Besonderheiten hinsichtlich der Firma der rumänischen AG/SA?
Der erste Schritt des Gründungsverfahrens besteht darin, die Reservierung der Firma (Bezeichnung der Gesellschaft) beim Handelsregister zu beantragen. Die Firma wird dabei durch das Handelsregister auf Verfügbarkeit geprüft. Weist die gewünschte Firma keine bedeutende Ähnlichkeit mit einer anderen bereits registrierten Firma auf, stellt das Handelsregister einen entsprechenden Nachweis aus.
Der Reservierungsnachweis kann auf Antrag verlängert werden.
5. Welche sind die wichtigsten Voraussetzungen für das Grundkapital?
Die Mindesthöhe des Grundkapitals der rumänischen AG/SA beträgt 90.000,- RON (aktuell ca. 18.500,- EUR), wobei die Regierung eine Anpassung in RON zum Mindestwert von 25.000 EUR erlassen müsste.
Die rumänische Aktiengesellschaft wird durch
- vollständige und gleichzeitige Zeichnung des Grundkapitals durch die Gründer, oder
- öffentliche Zeichnung
gegründet.
Einzelheiten zu Zeichnung und Geschäftskonto sind oben unter I. 2 zu finden.
6. Wie hoch sind die Gründungskosten einer rumänischen AG/SA?
Die Kosten für die Eintragung der Gesellschaft sind relativ gering. Hierzu gehören insbesondere:
- Notargebühren, falls erforderlich;
- Übersetzungskosten
- Gebühren für die Veröffentlichung im Amtsblatt
- ggf. die Kosten für die Einholung der erforderlichen Genehmigungen (vor Tätigkeitsbeginn)
- Beratungskosten der Rechtsanwälte.
Außer den Gebühren für die Veröffentlichung im rumänischen Amtsblatt stehen die anderen Kosten nicht fest; sie hängen vom Land der Unterzeichnung, der Erforderlichkeit einer Apostille, der Anzahl der zu beurkundenden/beglaubigenden Dokumente etc. ab.
7. Gibt es für rumänische AGs/SA eine Pflicht zur Einreichung der Erklärung über wirtschaftlich Berechtigten?
Die rumänische Gesetzgebung gegen Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung wurde seit dem Jahr 2019 mehrmals ergänzt. U.a. wurde die Pflicht zur Einreichung der Erklärung über wirtschaftliche Eigentümer für den Großteil der im Handelsregister eingetragenen Gesellschaften eingeführt. Gemäß aktuellem (aber vermutlich noch zu ändernden Gesetz 129/2019) ist die Erklärung über wirtschaftlich Berechtigte (i) zum Zeitpunkt der Gründung, und (ii) nach jeder Änderung der wirtschaftlichen Eigentümer (binnen einer 15-Tagesfrist), einzureichen. Zudem müssen bestimmte Gesellschaften jährlich (binnen 15 Tagen ab Genehmigung der Jahresabschlüsse) solche Erklärungen abgeben. Dies betrifft Gesellschaften, welche in deren Gesellschafterstruktur (steuerlich) registrierte Einheiten haben, die in steuerlich nicht kooperativ und/oder mit einem hohen Geldwäsche- und/oder Terrorismusfinanzierungsrisiko und/oder, die von einschlägigen internationalen Gremien hinsichtlich des Geldwäsche-/Terrorismusfinanzierungsrisikos überwacht werden. Der Link zu den hiervon betroffenen Ländern ist unter https://www.onpcsb.ro/ro/p/3/link-uri-utile zu finden.
Selbst für börsennotierte Aktiengesellschaften vertritt die rumänische Geldwäschebehörde die Ansicht, dass die Erklärungspflicht besteht, wobei in solchen Fällen die „fiktiven” wirtschaftlichen Eigentümer angegeben werden müssen.
Sie haben weitere Fragen zur Gründung einer Aktiengesellschaft in Rumänien oder wünschen Beratung? Sprechen Sie uns an!
Unsere deutschsprachige CBBL-Anwältin in Sibiu, Frau Dr. Raluca-Isabela Oprisiu LL.M., Avocat, berät Sie gerne: oprisiu@cbbl-lawyers.de, Tel. +40 - 2 - 692 449 96
Stand der Bearbeitung: August 2023