Die Vollstreckung deutscher und europäischer Titel in Südafrika
Aktualisiert am 09.09.2025
Von unserem deutschsprachigen CBBL-Anwalt in Kapstadt, Herrn Rechtsanwalt Marco Zumpt, zumpt@cbbl-lawyers.de, Tel. +27 21 555 0362, www.zumpt.co.za
In einer zunehmend globalisierten Welt und Wirtschaft stellen sich immer wieder Fragen nach der grenzüberschreitenden Durchsetzung von Gerichtsurteilen oder anderen Titeln. Nachfolgend finden Sie einen Überblick mit den wichtigsten Fragen und Antworten zur Vollstreckbarkeit von ausländischen Titeln in Südafrika.
- Was muss ich allgemein beachten, wenn ich ein ausländisches Urteil in Südafrika vollstrecken lassen möchte?
- Was sind die Voraussetzungen für die Vollstreckung eines ausländischen Urteils in Südafrika?
- Wie läuft das Verfahren der Anerkennung und Vollstreckung eines ausländischen Urteils in Südafrika?
- Welche Voraussetzungen muss ein ausländisches Urteil erfüllen, damit es in Südafrika vollstreckt werden kann?
- Beauftragung eines Gerichtsvollziehers in Südafrika
1. Was muss ich allgemein beachten, wenn ich ein ausländisches Urteil in Südafrika vollstrecken lassen möchte?
Auch in Südafrika – einem Land mit anhaltendem Wachstum, das als wirtschaftliches Tor zum afrikanischen Kontinent stetig an Bedeutung gewinnt – besteht das Erfordernis, deutsche und europäische Urteile anerkennen zu lassen und effizient zu vollstrecken.
In diesem Beitrag geht es um die Herausforderungen bei der Vollstreckung eines ausländischen Urteils in Südafrika und darum, wie eine erfolgreiche Rechtsdurchsetzung durch ei-ne gezielte Zusammenarbeit mit südafrikanischen Gerichten und Anwälten gelingen kann.
Südafrika hat keine Vollstreckungsabkommen mit anderen Staaten geschlossen, weswegen die direkte Vollstreckung z.B. eines europäischen Urteils in Südafrika nicht möglich ist. Vielmehr muss ein ausländisches Urteil zunächst durch ein südafrikanisches Gericht anerkannt und in der Folge als südafrikanischer Titel vollstreckt werden.
2. Was sind die Voraussetzungen für die Vollstreckung eines ausländischen Urteils in Südafrika?
Die erste Voraussetzung einer Vollstreckung ist, dass es sich um ein Urteil handelt, welches überhaupt durch die südafrikanischen Gerichte vollstreckt werden kann.
Bei Urteilen, die Geldforderungen zum Gegenstand haben, handelt es sich in der Regel um vollstreckbare Urteile, ebenso, wenn es im Urteil um bewegliche Sachen geht.
Urteile zu Streitigkeiten über Immobilien, welche sich auf südafrikanischem Boden befinden, werden hingegen in Südafrika grundsätzlich nicht vollstreckt, da dem ausländischen Gericht für eine solche immobilienbezogene Streitigkeit die internationale örtliche Zuständigkeit fehlt.
3. Wie läuft das Verfahren der Anerkennung und Vollstreckung eines ausländischen Urteils in Südafrika?
Das Verfahren der Anerkennung eines ausländischen Urteils wird durch den Vollstreckungsgläubiger in Gang gesetzt, indem er einen Antrag auf Anerkennung des ausländischen Urteils beim zuständigen Gericht in Südafrika stellt. Örtlich zuständig ist in Südafrika in solchen Zwangsvollstreckungssachen das Gericht, in dessen Bezirk der Vollstreckungsschuldner seinen Wohnsitz hat oder in dem sich das Grundstück befindet, in das vollstreckt werden soll.
Der Antrag auf Anerkennung des Urteils ist dem südafrikanischen Gericht, bei dem die Anerkennung begehrt wird, sowie der Gegenseite zuzustellen.
Die Zustellung erfolgt in der Regel durch den Sheriff des Gerichts, wobei sich inzwischen auch eine Praxis etabliert hat, nach der sich die beteiligten Anwälte in der Regel mit einer Zustellung durch E-Mail einverstanden erklären. Gerade in Verfahren vor dem High Court ist die elektronische Zustellung inzwischen gang und gäbe und sie stellt eine schnelle und kostengünstige Art der Zustellung dar.
Dem Antrag des Vollstreckungsgläubigers sind neben einer beglaubigten englischsprachigen Übersetzung auch eidesstattliche Versicherungen darüber anzufügen, dass der ausländische Titel eine Reihe von Anforderungen des common law erfüllt. Diese Anforderungen haben sich in Südafrika in erster Linie durch die Rechtsprechung Jones vs. Krok 1995 (1) SA 677 (A) herausgebildet.
4. Welche Voraussetzungen muss ein ausländisches Urteil erfüllen, damit es in Südafrika vollstreckt werden kann?
Das ausländische Urteil muss folgende Voraussetzungen kumulativ erfüllen:
(1) Das ausländische Gericht muss international für den Rechtsstreit zuständig gewesen sein. Die internationale Zuständigkeit beurteilt sich danach, ob das ausländische Gericht gemäß den in seinem Land geltenden Regeln über den Streitgegen-stand entscheiden durfte. Außerdem muss der Beklagte entweder seinen Wohnsitz in dem betreffenden Land gehabt haben oder zumindest zu Prozessbeginn physisch in jenem Land anwesend gewesen sein.
(2) Es muss sich zudem um ein endgültiges Urteil handeln. Es darf auch nicht veraltet sein.
a. Ein endgültiges Urteil liegt vor, wenn das Gericht, das mit der Angelegenheit befasst war, den Titel selbst nicht mehr verändern kann.
Das ist zum einen bei einem rechtskräftigen Urteil der Fall. Allerdings führt allein der Umstand, dass gegen das Urteil noch ein Rechtsmittel eingelegt werden kann, nicht automatisch dazu, dass die Endgültigkeit der Entscheidung entfällt.
Stattdessen hat das südafrikanische Gericht einen Ermessensspielraum, ob es ein solches, noch anfechtbares Urteil vollstreckt oder die Zwangsvollstreckung vorläufig aussetzt. Notwendig ist allerdings, dass ein wirksames Urteil an sich vorliegt. Sollte der Beklagte in Südafrika ansässig sein, muss durch das Gericht eine Zustellung von Amts wegen am Wohnsitz des Beklagten in Südafrika erfolgen, damit das Urteil vollstreckbar wird.
Bei der Vollstreckung eines deutschen Urteils in Südafrika kann das zuständige deutsche Gericht zum Zwecke der Zustellung
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- entweder über die deutsche Botschaft in Südafrika einen Antrag beim südafrikanischen Department of Justice stellen, um das Dokument anschließend durch den Sheriff des zuständigen südafrikanischen Gerichts zustellen zu lassen oder
- es kann eigenständig eine südafrikanische Anwaltskanzlei mit der Zustellung des Urteils in Südafrika beauftragen. Die beauftragte Anwaltskanzlei in Südafrika wird anschließend die erforderlichen Schritte einleiten.
Sollte die Zustellung in Südafrika nicht erfolgreich sein, kann als letztes Mittel eine öffentliche Zustellung erfolgen.
b. Ein veraltetes Urteil („Superannuation“) liegt vor, wenn im Rahmen des Vollstreckungsverfahrens eine nicht hinnehmbare Verzögerung eingetreten ist. Zwar ist der Begriff des veralteten Urteils nicht identisch mit dem Verjährungsbegriff, jedoch kann die Verjährung der zugrundeliegenden Forderung als Hinweis dafür herangezogen werden, dass das Urteil „veraltet“ ist.
In Südafrika wird die Verjährung als materiellrechtliche Einwendung verstanden, mit der Folge, dass für die Beantwortung der Verjährungs-Frage das jeweilige ausländische Recht zugrunde gelegt wird.
Bei einem deutschen Urteil über einen Anspruch, auf den deutsches Recht anwendbar ist, ist folglich das deutsche materielle Zivilrecht anzuwenden. Wurde in Deutschland ein Anspruch gerichtlich festgestellt, verjährt er in 30 Jahren ab der Rechtskraft der gerichtlichen Entscheidung.
(3) Die Vollstreckung darf auch nicht im Widerspruch zur öffentlichen Ordnung (ordre public) in Südafrika stehen.
Dieser Aspekt kann beispielsweise bei den in einigen anglo-amerikanischen Rechtsordnungen existierenden „punitive damages“ relevant werden (Strafschadensersatz, d. h. Bemessung des zu zahlenden Schadensersatzes nach Strafgesichtspunkten und nicht bloß zum Ausgleich des Schadens). Da aber „punitive damages“ mit der südafrikanischen Rechtsordnung, in der Schadensersatz nur für tatsächlich erlittenen Schaden zugesprochen wird, unvereinbar sind, können solche Ersatzforderungen in Südafrika auch nicht vollstreckt werden.
Außerdem muss das ausländische Gericht die Grundsätze eines fairen und rechtsstaatlichen Verfahrens beachtet haben.
(4) Die titulierte Forderung darf nicht durch betrügerische Aktivitäten erschlichen worden sein.
(5) Es darf sich nicht um die Vollstreckung eines Strafurteils oder um die Vollstreckung eines steuerrechtlichen Urteils handeln.
(6) Die Vollstreckung darf nicht durch den Protection of Businesses Act 99 aus dem Jahre 1978 ausgeschlossen sein. Dieses Gesetz besagt, dass ein ausländisches Urteil, in dem es um
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- den Abbau,
- die Produktion,
- den Import und Export,
- den Besitz,
- die Verwendung oder
- den Verkauf
von Rohstoffen geht, nicht in Südafrika vollstreckt werden darf.
Sind die oben beschriebenen Voraussetzungen für eine Vollstreckung gegeben bzw. beachtet, wird durch das südafrikanische Gericht ein Beschluss erlassen, durch den das ausländische Urteil anerkannt und nach südafrikanischem Gesetz vollstreckbar wird. Die Anerkennung des ausländischen Urteils als weitere Voraussetzung der Zwangsvollstreckung ist damit erfüllt, die restlichen Vollstreckungsvoraussetzungen und Formalia richten sich dann ausschließlich nach nationalem südafrikanischem Recht.
5. Beauftragung eines Gerichtsvollziehers in Südafrika
Auf Antrag des Vollstreckungsgläubigers wird dann eine Vollstreckungsklausel („warrant of execution“) erlassen. Diese Klausel ermächtigt den Gerichtsvollzieher („Sheriff“), vom Vollstreckungsschuldner den geschuldeten Betrag einzufordern und hilfsweise dessen bewegliches Vermögen zu pfänden und dieses anschließend in einer Zwangsversteigerung zu veräußern.
Falls eine Zwangsvollstreckung in Immobilien des Schuldners erfolgt, muss vorab sichergestellt sein, dass kein vollstreckbares bewegliches Vermögen vorhanden ist.
Daneben bedarf es eines weiteren gerichtlichen Verfahrens, in dem auf Antrag des Gläubigers die Immobilie für vollstreckbar erklärt wird. Falls es sich bei der Immobilie um das Grundstück handelt, auf dem der Schuldner selbst tatsächlich lebt und seinen Hauptwohnsitz hat, ist eine Vollstreckbarerklärung nur unter strengen Voraussetzungen als letztes Mittel zur Forderungsdurchsetzung zulässig.
Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass die Vollstreckung ausländischer Urteile in Südafrika mit einigen formalen Hürden verbunden ist, die sich allerdings durch die Einhaltung der bestehenden Formalitäten und den Nachweis der erwähnten Voraussetzungen gut und rasch bewältigen lassen, sodass Forderungen nachhaltig gesichert und Vermögenswerte effizient realisiert werden können.
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