Arbeitsrecht in der Slowakei
Von unserer deutschsprachigen CBBL-Anwältin in Bratislava, Frau JUDr. Margareta Sovova, Rechtsanwältin, sovova@cbbl-lawyers.de, Tel. +421 - 2 57 88 00 88, www.bnt.eu
Grundlegende Informationen zum Arbeitsrecht in der Slowakei mit wichtigen Hinweisen für ausländische Unternehmen, die Arbeitnehmer in der Slowakei beschäftigen.
- Welche Typen von Arbeitsverträgen gibt es in der Slowakei?
- Werden Geschäftsführer in der Slowakei als Arbeitnehmer eingestuft?
- Unter welchen Voraussetzungen kann ich nach slowakischem Recht ein befristetes Arbeitsverhältnis abschließen?
- Wie lang ist die Probezeit nach slowakischem Arbeitsrecht?
- Welche Regeln gelten in der Slowakei für die Leistung von Überstunden und deren Vergütung?
- Welche Regeln gelten nach slowakischem Arbeitsrecht für die Kündigung von Arbeitsverträgen?
- Welche Abfindungsansprüche gibt es nach slowakischem Arbeitsrecht?
- Welche Wettbewerbsverbote bestehen nach slowakischem Arbeitsrecht?
- Was ist bei einer Massenentlassung in der Slowakei zu beachten?
- Arbeitnehmervertretung / Gewerkschaften in der Slowakei
- Was ist bei Streitigkeiten im Arbeitsrecht in der Slowakei zu beachten?
1. Welche Typen von Arbeitsverträgen gibt es in der Slowakei?
Die verschiedenen Typen der Arbeitsverträge sind abschließend im slowakischen Arbeitsgesetzbuch und im Gesetz über Tarifverhandlungen definiert.
- Ein Arbeitsvertrag ist der häufigste Vertragstyp bei arbeitsrechtlichen Verhältnissen.
- Ein Arbeitsvertrag kann für eine befristete oder unbefristete Zeit geschlossen werden.
- Ein Arbeitgeber muss den Arbeitsvertrag schriftlich abschließen, das Arbeitsverhältnis kann jedoch auch mit tatsächlicher Ausübung der Arbeit begründet werden; die Tatsache, dass ein Vertrag nicht schriftlich geschlossen wurde, macht diesen nicht unwirksam.
- Ein Arbeitsvertrag muss mindestens die Art der Arbeit und ihre kurze Beschreibung, den Arbeitsort, den Tag des Arbeitsantritts und die Lohnbedingungen enthalten, sofern die Lohnbedingungen nicht im Tarifvertrag vereinbart sind.
Neben dem allgemeinen Arbeitsvertrag gibt es drei Typen von spezifischen Vereinbarungen, die unter besonderen Umständen abgeschlossen werden können. Diese können maximal für 12 Monate abgeschlossen werden und bedürfen der Schriftform, ansonsten sind sie unwirksam:
- Bei der Vereinbarung über die Ausübung von Arbeit, bei der eine spezielle Arbeitsaufgabe verrichtet werden soll, kann der Arbeitnehmer Arbeit von höchstens 350 Stunden jährlich ausüben.
- Gemäß einer Vereinbarung über eine Arbeitstätigkeit kann eine langfristige Arbeitstätigkeit, höchstens im Umfang von 10 Stunden pro Woche, ausgeübt werden.
- Aufgrund einer Vereinbarung über die Gelegenheitsarbeit von Studenten kann Arbeit höchstens im Umfang von durchschnittlich 20 Stunden wöchentlich ausgeübt werden.
Ein Tarifvertrag ist ein Vertrag zwischen dem Arbeitgeber und der Gewerkschaftsorganisation, welcher die Beschäftigungsbedingungen der Arbeitnehmer günstiger regelt, als sie durch das Arbeitsgesetzbuch bestimmt werden. Ein Arbeitgeber unterliegt einem Branchentarifvertrag in der Slowakei nur dann, wenn er Mitglied des zuständigen Arbeirgeberverbandes ist oder seine Zustimmung zur Anwendug des Branchentarifvertrages erteilt hat.
2. Werden Geschäftsführer in der Slowakei als Arbeitnehmer eingestuft?
- Geschäftsführer sind nach slowakischem Recht keine Arbeitnehmer oder Angestellte; ihre Funktion kann nicht auf Grund eines Arbeitsvertrags ausgeübt werden.
- Die Funktion des Geschäftsführers wird in der Slowakei gemäß einem Mandatsvertrag ausgeübt, welcher sich nach dem Handelsgesetzbuch richtet.
3. Unter welchen Voraussetzungen kann ich nach slowakischem Recht ein befristetes Arbeitsverhältnis abschließen?
- Ein befristetes Arbeitsverhältnis muss ausdrücklich schriftlich vereinbart werden; ansonsten gilt es als unbefristetes Arbeitsverhältnis.
- Ein Arbeitsverhältnis kann höchstens auf einen Zeitraum von zwei Jahren befristet werden. Diese befristete Vertragsdauer kann innerhalb von zwei Jahren höchstens zweimal verlängert oder wiederholt vereinbart werden.
4. Wie lang ist die Probezeit nach slowakischem Arbeitsrecht?
Die Probezeit kann höchstens drei Monate betragen, bei leitenden Angestellten höchstens sechs Monate.
5. Welche Regeln gelten in der Slowakei für die Leistung von Überstunden und deren Vergütung?
- Überstundenarbeit wird als Arbeit, die über die festgelegte wöchentliche Arbeitszeit hinaus ausgeübt wird, definiert.
- Kann nur ausnahmsweise bei gewichtigen betrieblichen Gründen ausgeübt werden, z. B. bei dringenden wirtschaftlichen Bedürfnissen des Arbeitgebers.
- Ein Arbeitgeber kann Überstundenarbeit im Umfang von höchstens 150 Stunden im Kalenderjahr anordnen. Bei einer Führungskraft dürfen diese Überstunden mit dem Gehalt abgegolten werden. Einem Arbeitnehmer, der einen medizinischen Beruf ausübt, kann nach Vereinbarung mit der Arbeitnehmervertretung weitere Überstundenarbeit im Umfang von höchstens weiteren 100 Stunden im Kalenderjahr angeordnet werden.
- Zusätzlich können nach Vereinbarung mit dem Arbeitnehmer weitere 250 Stunden Überstundenarbeit im Kalenderjahr abgearbeitet werden.
- Der Arbeitnehmer kann im Kalenderjahr Überstundenarbeit jedoch höchstens im Umfang von 400 Stunden ausüben.
- Für die Überstundenarbeit steht dem Arbeitnehmer ein Lohnzuschlag von mindestens 25 % seines Durchschnittslohns zu. Einem Arbeitnehmer, der Risikoarbeiten ausübt, steht für die Überstundenarbeit ein Lohnzuschlag von mindestens 35 % seines Durchschnittslohns zu.
6. Welche Regeln gelten nach slowakischem Arbeitsrecht für die Kündigung von Arbeitsverträgen?
Eine Kündigung kann nur in folgenden spezifischen, im Arbeitsgesetzbuch geregelten Fällen ausgesprochen werden:
- Auflösung des Arbeitgebers
- Sitzwechsel des Arbeitgebers, falls der Arbeitnehmer mit dem neuen Ort der Arbeitsausübung nicht einverstanden ist,
- Der Arbeitnehmer wird aus betrieblichen Gründen nicht mehr benötigt,
- gesundheitlicher Zustand des Arbeitnehmers,
- Nichterfüllung der durch rechtliche Vorschriften für die Ausübung der vereinbarten Arbeit festgelegten Bedingungen,
- nicht zufriedenstellende Arbeitserfüllung,
- Pflichtverletzung durch den Arbeitnehmer.
Die Dauer der Kündigungsfrist hängt nach slowakischem Recht von dem Kündigungsgrund und der Gesamtdauer des Arbeitsverhältnisses ab. Die Kündigungsfrist beginnt ab dem Kalendermonat zu laufden, der dem Monat folgt, in dem die Kündigung zugestellt wurde. Die grundsätzliche Kündigungsfrist beträgt einen Monat.
Wenn das Arbeitsverhältnis mehr als fünf Jahre besteht und der Arbeitgeber die Kündigung aufgrund der Auflösung oder des Sitzwechsels, mangels Beschäftigungsmöglichkeit oder wegen des gesundheitlichen Zustands des Arbeitnehmers ausspricht, beträgt die Kündigungsfrist mindestens drei Monate.
Bei Arbeitsverhältnissen, die mehr als ein Jahr bestehen, beträgt die Kündigungsfrist mindestens zwei Monate.
7. Welche Abfindungsansprüche gibt es nach slowakischem Arbeitsrecht?
Arbeitnehmern, deren Arbeitsverhältnis von Seiten des Arbeitgebers aufgrund Auflösung oder Sitzwechsel, Freisetzung aus betrieblichen Gründen oder wegen gesundheitlichem Zustand gekündigt wird, steht mindestens folgende Abfindung zu:
- ein durchschnittlicher Monatslohn, wenn das Arbeitsverhältnis mindestens zwei Jahre und weniger als fünf Jahre bestanden hat,
- das Zweifache des durchschnittlichen Monatslohns, wenn das Arbeitsverhältnis des Arbeitnehmers mindestens fünf Jahre und weniger als zehn Jahre bestanden hat,
- das Dreifache des durchschnittlichen Monatslohns, wenn das Arbeitsverhältnis des Arbeitnehmers mindestens zehn Jahre und weniger als zwanzig Jahre bestanden hat,
- das Vierfache des durchschnittlichen Monatslohns, wenn das Arbeitsverhältnis des Arbeitnehmers mindestens zwanzig Jahre bestanden hat.
Arbeitnehmern, deren Arbeitsverhältnis durch gegenseitige Vereinbarung aus den oben genannten Gründen beendet wurde, steht mindestens folgende Abfindung zu:
- ein durchschnittlicher Monatslohn, wenn das Arbeitsverhältnis des Arbeitnehmers weniger als zwei Jahre bestanden hat,
- das Zweifache des durchschnittlichen Monatslohns, wenn das Arbeitsverhältnis des Arbeitnehmers mindestens zwei Jahre und weniger als fünf Jahre bestanden hat,
- das Dreifache des durchschnittlichen Monatslohns, wenn das Arbeitsverhältnis des Arbeitnehmers mindestens fünf Jahre und weniger als zehn Jahre bestanden hat,
- das Vierfache des durchschnittlichen Monatslohns, wenn das Arbeitsverhältnis des Arbeitnehmers mindestens zehn Jahre und weniger als zwanzig Jahre bestanden hat,
- das Fünffache des durchschnittlichen Monatslohns, wenn das Arbeitsverhältnis des Arbeitnehmers mindestens zwanzig Jahre bestanden hat.
8. Welche Wettbewerbsverbote bestehen nach slowakischem Arbeitsrecht?
- Neben dem Arbeitsverhältnis kann der Arbeitnehmer auch eine andere bezahlte Tätigkeit ausüben. Wenn diese mit dem Unternehmensgegenstand des Arbeitgebers im Wettbewerb ist, bedarf diese Tätigkeit der vorherigen schriftlichen Zustimmung des Arbeitgebers.
- Ein Wettbewerbsverbot nach der Beendigung des Arbeitsverhältnisses kann höchstens für ein Jahr vereinbart werden.
- Wird nach der Beendigung des Arbeitsverhältnisses ein Wettbewerbsverbot vereinbart, muss der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer mindestens 50 % des durchschnittlichen Monatslohns für jeden Monat des Wettbewerbsverbots bezahlen.
- Für die Verletzung des Wettbewerbsverbots kann eine Vertragsstrafe vereinbart werden.
- Das Wettbewerbsverbot nach der Beendigung des Arbeitsverhältnisses muss schriftlich im Arbeitsvertrag verankert sein, ansonsten ist es unwirksam.
9. Was ist bei einer Massenentlassung in der Slowakei zu beachten?
Um eine Massenentlassung handelt es sich dann, wenn das Arbeitsverhältnis aus betrieblichen Gründen innerhalb von 30 Tagen:
- mit mindestens 10 Arbeitnehmern eines Arbeitgebers, der mehr als 20 und weniger als 100 Arbeitnehmer beschäftigt, endet
- mit mindestens 10 % der Gesamtanzahl der Arbeitnehmer eines Arbeitgebers, der mindestens 100 und weniger als 300 Arbeitnehmer beschäftigt, endet,
- mit mindestens 30 Arbeitnehmern eines Arbeitgebers, der mindestens 300 Arbeitnehmer beschäftigt, endet.
- Die Massenentlassung ist ein komplexer Prozess, welcher in der Regel mindestens vier Monate dauert, da viele Erörterungs- und
- Informationspflichten gegenüber den Arbeitnehmern, Arbeitnehmervertretern und dem Arbeitsamt davon umfasst sind.
- Den Arbeitnehmern muss eine ordentliche Kündigung zugestellt werden.
10. Arbeitnehmervertretung / Gewerkschaften in der Slowakei
- Gewerkschaften sind Verbände, die beim slowakischen Innenministerium registriert sind.
- Gewerkschaftsorgane haben Informations-, Erörterungs- und Zustimmungsrechte und verhandeln über Tarifverträge.
- Der Arbeitnehmerbeauftragte oder der Betriebsrat vertreten die Interessen der Arbeitnehmer mit fast allen Kompetenzen des Gewerkschaftsorgans in Fällen, in denen kein Gewerkschaftsorgan tätig ist.
11. Was ist bei Streitigkeiten im Arbeitsrecht in der Slowakei zu beachten?
- Streitigkeiten im Arbeitsrecht werden in der Slowakei vor spezialisierten Bezirksgerichten im Rahmen der Zivilprozessordnung beigelegt.
- Örtlich zuständiges Gericht ist das Gericht des Beklagten.
- Die Streitigkeiten werden von einem Einzelrichter entschieden.
- Arbeitnehmern als Klägern entstehen in der Regel keine Gerichtsgebühren.
- Durch Gerichtsurteil kann ein Lohnersatz höchstens für 36 Monate zugesprochen werden.
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Stand der Bearbeitung: Februar 2023