Ihre deutschsprachige Rechtsanwaltskanzlei in Spanien
CBBL Rechtsanwalt und Abogado Stefan Meyer, Kanzlei Monereo Meyer Abogados, Madrid, Barcelona, Mallorca, Teneriffa
Stefan Meyer
Rechtsanwalt und Abogado
Monereo Meyer Abogados, Madrid, Barcelona, Mallorca, Teneriffa


Reform der spanischen Zivilprozessordnung

veröffentlicht am 24.07.2025

Von unserem deutschsprachigen CBBL-Anwalt in Madrid, Herrn Stefan Meyer, Rechtsanwalt und Abogado, s.meyer@cbbl-lawyers.de, Tel. +34 - 91 - 319 96 86, www.mmmm.es


sowie Frau Marta Arroyo, Abogada, marroyo@mmmm.es

  1. Gesetzliche Grundlage der Strafbarkeit von Unternehmen in Spanien
  2. Grundlagen des Wirtschaftsstrafrechts in Spanien
  3. Folgen
  4. Vermeidung der Strafbarkeit von Unternehmen in Spanien
  5. Strafmilderungsgründe in Spanien

1. Gesetzliche Grundlage der Strafbarkeit von Unternehmen in Spanien

Im Unterschied zu Deutschland können Unternehmen in Spanien strafrechtlich verfolgt werden. Bereits im Jahr 2010 hat das spanische Parlament im Kampf gegen Wirtschaftskriminalität die Strafbarkeit juristischer Personen im spanischen Strafgesetzbuch (Código Penal, CP) verankert. Diese Regelung wurde zunächst 2015 und danach im Jahr 2022 erneut reformiert, wobei die Änderungen der letzten Reform durch das Ausführungsgesetz 10/2022 vom 6. September 2022 umgesetzt wurden und am 7. Oktober 2022 in Spanien in Kraft getreten sind.

2. Grundlagen des Wirtschaftsstrafrechts in Spanien

Grundlage für die Strafbarkeit einer juristischen Person ist eine von einer natürlichen Person begangene Straftat, für die die juristische Person strafrechtlich verantwortlich ist.

a) Die strafrechtlich verantwortliche juristische Person

  • Zum einen haftet das Unternehmen für

- seine gesetzlichen Vertreter (z. B. Geschäftsführer),
- die einzeln oder als Gesellschaftsorgan handelnden Personen und
- die zur Ausübung von Organisations- und Kontrollfunktionen im Unternehmen befugten Personen.

Es genügt dabei, dass die Straftat im Namen oder im Auftrag der Gesellschaft und (direkt oder indirekt) zu deren Gunsten begangen wurde (Art. 31 bis 1 a CP).

  • Zum anderen kann eine strafrechtliche Haftung des Unternehmens dann bestehen, wenn Angestellte in Ausübung unternehmerischer Tätigkeiten eine Straftat begehen und die oben (= im vorhergehenden Bulletpoint) genannten Personen, welche im Rahmen der Geschäftstätigkeit (d. h. nicht nur sporadisch) Aufsichts-, Überwachungs- und Kontrollpflichten wahrnehmen, diese Pflichten verletzt haben. Auch in diesem Fall muss die Straftat im Namen und zum Nutzen des Unternehmens begangen worden sein (Art. 31 bis 1 b CP).

Für die Strafbarkeit der juristischen Person ist jedoch nicht erforderlich, dass die konkrete natürliche Person, die unmittelbar die Straftat begangen hat, identifiziert werden kann, sofern die Straftat nachweislich von einer Person begangen wurde, die zu einer der beiden vorgenannten Personengruppen gehört (Art. 31 ter 1 CP). Straferschwerende bzw. -mildernde Umstände sowie die Unmöglichkeit der Strafverfolgung gegen die natürliche Person sind für die strafrechtliche Haftung der juristischen Person irrelevant (Art. 31 ter 2 CP). Die strafmildernden Umstände, die im Falle der Strafbarkeit der juristischen Person greifen, sind separat definiert (Art. 31 quater CP).

b) Die Tat

Juristische Personen können in Spanien für Straftaten haftbar gemacht werden (Art. 31 bis 1 CP), allerdings nur bei solchen Straftaten, für die dies ausdrücklich vorgesehen ist. Die Liste dieser Straftaten deckt alle klassischen Wirtschaftsdelikte ab und reicht von Betrug, Geldwäsche und Korruption sowie Insolvenz- und Wettbewerbsdelikten bis hin zu bestimmten Umweltdelikten sowie Steuer- und Sozialversicherungsbetrug.

Neben der Einführung wichtiger neuer Bestimmungen wurde im Zuge der Reform des spanischen Strafgesetzbuches im Jahr 2022 dieser Straftatenkatalog, für die eine juristische Person zur Verantwortung gezogen werden kann, erweitert. So kamen u. a. Handlungen gegen die seelische Unversehrtheit (integridad moral) sowie sexuelle Belästigung hinzu. Seitdem können juristische Personen erstmals für feindselige oder erniedrigende Verhaltensweisen sowie Belästigung am Arbeitsplatz strafrechtlich zur Rechenschaft gezogen werden.

Sexuelle Belästigungen, für die Unternehmen in Spanien haften können, sind u. a. Folgende Sachverhalte:

Aufforderungen zu sexuellen Gefälligkeiten am Arbeitsplatz oder in ähnlichen Zusammenhängen, die in einem Zusammenhang begangen wurden, in dem das Opfer aufgrund einer hierarchischen Höherstellung (Subordination) in eine objektiv einschüchternde, vergiftete/übelwollende oder erniedrigende Situation versetzt war.

Darüber hinaus wurde eine neue strafbare Verhaltensweise in den Straftatbestand der Aufdeckung und Preisgabe von Geheimnissen aufgenommen, die auch für juristische Personen zur Strafbarkeit führen kann, nämlich die Weitergabe von privaten Bildern oder Videos an Dritte ohne die Zustimmung der betroffenen Person.

Die Strafen für Prostitution, sexuelle Ausbeutung und Verführung Minderjähriger wurden dahingehend verschärft, dass der bis dato bestehende Spielraum des Richters hinsichtlich der Strafzumessung aufgehoben und die Auflösung der juristischen Person als zwingende Strafe eingeführt wurde.

3. Folgen

Die Begehung von Straftaten seitens juristischer Personen in Spanien zieht schwere Sanktionen nach sich, die von der Verhängung einer Geldstrafe bis zur Auflösung des Unternehmens reichen können. So kann dem spanischen Unternehmen die Ausübung bestimmter Tätigkeiten vorübergehend oder dauerhaft untersagt, Geschäftsräume oder Zweigstellen für bis zu fünf Jahre geschlossen oder ein allgemeines Tätigkeitsverbot für bis zu fünf Jahre verhängt werden.

Falls es zum Schutz von Gläubigern oder Arbeitnehmern erforderlich ist, können spanische Gerichte auch direkt in die Geschäftsführung des Unternehmens eingreifen. Darüber hinaus kann das betroffene Unternehmen für bis zu 15 Jahre von der Teilnahme an öffentlichen Ausschreibungen und vom Bezug staatlicher Subventionen und Leistungen ausgeschlossen werden (s. Sanktionskatalog in Art. 33.7 CP).

Nicht zu unterschätzen sind in diesem Zusammengang auch die wirtschaftlichen Folgen eines Strafverfahrens gegen das Unternehmen:

Aufgrund einer strafrechtlichen Verurteilung erleidet das betroffene Unternehmen einen Reputationsverlust, der sich insbesondere in einem Vertrauensverlust bei Kunden und Lieferanten niederschlagen kann. Bei börsennotierten Unternehmen besteht zudem die Gefahr sinkender Aktienkurse. Ferner stufen Banken die Kreditwürdigkeit von Unternehmen, die Straftaten begangen haben, herab und erschweren ihnen damit die künftige Fremdfinanzierung.

4. Vermeidung der Strafbarkeit von Unternehmen in Spanien

In Spanien tätige Unternehmen können sich jedoch im Voraus gegen die Risiken einer strafrechtlichen Verfolgung sowie gegen die Folgen einer möglichen Verurteilung schützen. Das spanische Strafgesetzbuch schließt unter bestimmten Voraussetzungen die strafrechtliche Haftung juristischer Personen aus, insbesondere im Zusammenhang mit bestehenden Compliance-Richtlinien im betroffenen Unternehmen:

a) Compliance-Richtlinien

Dieser Ausschluss der strafrechtlichen Haftung des Unternehmens beruht im Wesentlichen darauf, dass das Verwaltungsorgan (Geschäftsführung bzw. Vorstand) geeignete Organisations- und Managementrichtlinien erlassen und wirksam umgesetzt hat, durch welche die Begehung von Straftaten (durch angemessene Aufsichts- und Kontrollmaßnahmen) verhindert werden soll – sogenannte Compliance-Richtlinien (Art. 31 bis 2.1 CP).

Diese Richtlinien müssen jedoch folgenden Anforderungen genügen:

- Definition der Tätigkeiten, in deren Rahmen die zu verhindernden Straftaten begangen werden könnten (Art. 31 bis 5.1 CP).
- Festlegung der internen Verfahren zur Willensbildung, Beschlussfassung und -umsetzung im Zusammenhang mit den zu vermeidenden Straftaten (Art. 31 bis 5.2 CP).
- Existenz von Richtlinien zur Verwaltung von Geldern zur Verhinderung von Straftaten im Unternehmen (Art. 31 bis 5.3 CP).
- Einrichtung einer unabhängigen Stelle mit eigenen Initiativ- und Kontrollrechten zur Überwachung der Wirksamkeit der internen Kontrollen und der Einhaltung der Richtlinien (Art. 31 bis 2.2 CP). In kleinen Gesellschaften kann die Funktion dieses Aufsichtsorgans auch vom Verwaltungsorgan wahrgenommen werden (Art. 31 bis 3 CP). Als kleine Gesellschaften gelten Gesellschaften, die einen verkürzten Jahresabschluss aufstellen dürfen, d. h. Gesellschaften mit einem Aktivvermögen von maximal 11.400.000 Euro, einem Jahresumsatz von bis zu 22.800.000 Euro und maximal 250 Beschäftigten, wobei mindestens zwei dieser Bedingungen erfüllt sein müssen (Art. 258.1 des spanischen Kapitalgesellschaftsgesetzes (Ley de Sociedades de Capital, LSC).
- Einführung einer unternehmensweiten Meldepflicht von möglichen Risiken und Verstößen gegenüber diesem Aufsichtsorgan oder dem Verwaltungsorgan der Gesellschaft (Art. 31 bis 5.4 CP).
- Etablierung eines angemessenen Systems zur Ahndung von Verstößen gegen die Richtlinien (Art.31 bis 5.5 CP).
- Regelmäßige Prüfung und ggf. Anpassung der Richtlinien, wenn schwerwiegende Verstöße festgestellt werden sowie im Falle von Änderungen in der Organisations- oder Kontrollstruktur des Unternehmens oder seiner Aktivitäten (Art.31 bis 5.6. CP).

b) Weitere Voraussetzungen für den Ausschluss der Strafbarkeit

Für den Ausschluss der strafrechtlichen Haftung des Unternehmens ist außerdem erforderlich, dass die von den Handelnden begangene Straftat durch vorsätzliche und arglistige Umgehung dieser Richtlinien begangen wurde (Art. 31 bis 2.3 CP) und nicht auf eine unzureichende Wahrnehmung der Aufsichts- und Kontrollfunktion der in den Richtlinien genannten Stelle des Unternehmens zurückzuführen ist (Art. 31 bis 2.4. CP).

5. Strafmilderungsgründe in Spanien

Falls die Voraussetzungen einer strafrechtlichen Haftung des Unternehmens erfüllt sind, weil das Unternehmen im Zeitpunkt der Begehung der Straftat (noch) nicht über Compliance-Richtlinien gemäß den oben genannten Anforderungen verfügte, ist nur eine Strafmilderung möglich.

In diesem Fall können folgende Umstände strafmildernd berücksichtigt werden (Art. 31 quater CP):

a) Das Unternehmen zeigt die Straftat bei der zuständigen Behörde an, bevor es erfährt, dass gegen das Unternehmen ermittelt wird.
b) Das Unternehmen zeigt sich im Rahmen der Ermittlungen kooperativ, indem es neue und für die Klärung des Verstoßes entscheidende Beweise vorlegt.
c) Das Unternehmen behebt oder reduziert den durch die Straftat verursachten Schaden noch vor der mündlichen Verhandlung (juicio oral).
d) Das Unternehmen legt vor Beginn der mündlichen Verhandlung Compliance-Richtlinien zur Vermeidung von künftigen Straftaten vor.

Um strafmildernd zu wirken, müssen alle genannten Maßnahmen von den gesetzlichen Vertretern des Unternehmens ausgeführt werden.

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