Ihre deutschsprachige Rechtsanwaltskanzlei in Frankreich
CBBL Rechtsanwalt in Frankreich, Emil Epp, Kanzlei EPP Rechtsanwälte Avocats
Emil Epp
Rechtsanwalt
EPP Rechtsanwälte Avocats
Strasbourg, Paris, Baden-Baden


Verfahren vor dem Arbeitsgericht in Frankreich: CPH (Conseil de Prud'hommes)

Von unserer deutschsprachigen CBBL-Anwältin in Straßburg, Frau Emeline Salmon, Avocat, salmon@cbbl-lawyers.de, Tel. +33 - 3 - 88 45 65 45, www.rechtsanwalt.fr


Das französische Arbeitsgericht (Conseil de Prud’hommes) ist nur schwer mit einem deutschen Arbeitsgericht vergleichbar.

Der hauptsächliche Unterschied zwischen Deutschland und Frankreich liegt in der Zusammensetzung des Gerichts, d.h. der zur Entscheidung berufenen Richter.

In Deutschland besteht das Arbeitsgericht (erster Instanz) aus zwei ehrenamtlichen Laienrichtern (von denen einer aus den Reihen der Arbeitnehmerschaft kommt und einer aus der Arbeitgeberschaft) und einem vorsitzenden Berufsrichter.

In Frankreich sind die Richter des Conseil de Prud’hommes ausschließlich Laienrichter, die je zur Hälfte die Arbeitnehmer bzw. die Arbeitgeber repräsentieren. In Arbeitsrechtstreitigkeiten in Frankreich ist in der ersten Instanz also kein ausgebildeter Jurist mit juristischem Staatsexamen beteiligt.

Die Zusammensetzung des Gerichts ist jedoch nicht der einzige Unterschied zur deutschen Arbeitsgerichtsbarkeit.

Wir möchten Ihnen nachfolgend die wichtigsten Aspekte zum Verfahren und zur Funktionsweise des französischen Conseil de Prud’hommes darstellen.

1. Die örtliche Zuständigkeit des Conseil de Prud’hommes in Frankreich

Die örtliche Zuständigkeit eines Conseil de Prud’hommes bestimmt sich nach dem gewöhnlichen Tätigkeitsort des betroffenen Arbeitnehmers. So ist grundsätzlich das Gericht zuständig, in dessen Bezirk sich die Niederlassung befindet, in der der betroffene Arbeitnehmer seine Arbeit verrichtet bzw. zuletzt verrichtet hat.
Falls der Arbeitnehmer im Home-Office oder sonst außerhalb einer Niederlassung (z. B. im Außendienst in Frankreich) arbeitet, ist das Arbeitsgericht am Ort seines Wohnsitzes zuständig.
Ferner existiert für Klagen des Arbeitnehmers auch ein Gerichtsstand an dem Ort, an dem der Arbeitsvertrag tatsächlich unterzeichnet wurde sowie am Sitz des Unternehmens, das ihn eingestellt hat.

2. Klage vor dem Arbeitsgericht in Frankreich und Klagefrist

Grundsätzlich wird der Conseil de Prud’hommes durch Antrag einer der Parteien angerufen.

Die Fristen für die Klageerhebung variieren je nach Klagegegenstand und sind in Frankreich erheblich länger als die recht kurzen Fristen des deutschen Arbeitsrechts. In Deutschland gilt für Kündigungsschutzklagen etwa die dreiwöchige Klagefrist, nach deren Ablauf eine Anfechtung der Kündigung ausgeschlossen ist. Für Arbeitnehmer in Frankreich gelten beispielsweise folgende Fristen:

  • 1 Jahr für die Anfechtung einer arbeitgeberseitigen Kündigung des Arbeitsvertrags (Kündigungsschutzklage),
  • 3 Jahre für die Geltendmachung von Ansprüchen auf Zahlung von Gehalt und/ oder Gehaltsbestandteilen.

3. Die Schlichtungsphase

Nach der Erhebung der Klage vor dem Arbeitsgericht in Frankreich kommt es zur Schlichtungsphase vor der Schlichtungsstelle des jeweiligen Arbeitsgerichts.

Hierzu erscheinen die Parteien zum Schlichtungstermin vor den zwei Schlichtern. Diese setzen sich aus zwei Laienrichtern zusammen: je einem aus der Arbeitnehmerschaft und einem aus der Arbeitgeberschaft. Im Rahmen der Schlichtungsphase wird versucht, frühzeitig eine einvernehmliche Lösung (Vergleich) für die Streitigkeit zu finden, mit dem Ziel, eine streitige Gerichtsverhandlung mit mehreren Terminen und ausführlichen Schriftsätzen zu vermeiden.

Die Durchführung eines solchen Schlichtungsversuchs vor dem Arbeitsgericht in Frankreich ist – mit wenigen Ausnahmen – verpflichtend. Findet ein Schlichtungsversuch nicht statt, ist das gesamte Verfahren nichtig.

Die Schlichtung eines Streits kann entweder vollumfänglich oder teilweise erfolgreich sein oder scheitern:

  • Bei einer vollumfänglichen Schlichtung einigen sich die Parteien erfolgreich über jeden Aspekt der in der Klage geltend gemachten Forderungen, d. h. über alle Streitgegenstände der Klage. Um die Einigung festzuhalten, verfassen die Laienrichter der Schlichtungsstelle ein Protokoll mit den Einzelheiten der Einigung. Mit diesem Protokoll wird der Rechtstreit endgültig beigelegt.
  • Bei einer teilweisen Schlichtung werden die erzielten Einigungen ebenfalls in einem Protokoll festgehalten. Der Rechtstreit ist damit jedoch noch nicht komplett beendet. Die noch offenen streitigen Forderungen werden an die (mit 4 Laienrichtern besetzte) Kammer erster Instanz zur streitigen Verhandlung verwiesen.
  • Zur Verweisung an die Kammer zur streitigen Verhandlung kommt es freilich auch dann, wenn im Rahmen der Schlichtung keinerlei Einigung getroffen werden konnte. Der Rechtsstreit kommt damit insgesamt in die Phase der streitigen Verhandlung.

4. Phase der streitigen Verhandlung

Bis zur letzten mündlichen Verhandlung (Plädoyerinstanz; instance de plaidoirie) ist es stets möglich, die Streitigkeit durch eine einvernehmliche Lösung (Vergleich) zu beenden.

Dazu ist es möglich, einen streitbeendenden Vergleich entweder außergerichtlich oder gerichtlich abzuschließen.

Wird der Streit nicht durch einen Vergleich beendet, entscheidet das Gericht (Spruchkammer) im Anschluss an die mündliche Verhandlung über die Streitfragen durch Urteil.

Die Spruchkammer setzt sich aus vier Laienrichtern zusammen, wobei zwei aus der Arbeitnehmerschaft und zwei aus der Arbeitgeberschaft herrühren. Die Entscheidungen des Gerichts werden mit absoluter Mehrheit getroffen. Bei Stimmgleichheit wird ein zusätzlicher Richter als vorsitzender Richter hinzugezogen und es wird erneut abgestimmt, dieses Mal jedoch mit fünf Stimmen, so dass es in jedem Fall dann zu einer Mehrheitsentscheidung kommt.

Die verschiedenen Möglichkeiten der Entscheidung des Conseil de Prud’hommes sollen nachfolgend am Beispiel einer erfolgreichen Kündigungsschutzklage dargestellt werden.

5. Beispiel einer erfolgreichen Kündigungsschutzklage

Bei einer erfolgreichen Kündigungsschutzklage stellt das französische Arbeitsgericht die Rechtswidrigkeit der ausgesprochenen Kündigung fest.

Konkret entscheidet das Gericht, ob die angegriffene Kündigung nur rechtswidrig war (häufigerer Fall in der Praxis; Rechtswidrigkeit der Kündigung) oder gänzlich nichtig (seltener in der Praxis; Nichtigkeit der Kündigung).

  • Unzureichender Kündigungsgrund: Rechtswidrige Kündigung

Wenn das Gericht bei einer ordentlichen Kündigung zu dem Schluss kommt, dass die ausgesprochene Kündigung ohne tatsächlichen und ernsthaften Grund (sans cause réelle et sérieuse) ausgesprochen wurde, hat der Arbeitnehmer Anspruch gegen den Arbeitgeber auf Schadensersatz.

Gleiches gilt bei einer fristlosen Kündigung wegen schweren Fehlers (licenciement pour faute grave), wenn das Gericht zu der Überzeugung gelangt, dass kein schwerer Fehler (Äquivalent im deutschen Recht: kein wichtiger Grund) vorgelegen hat.

Hinsichtlich der Höhe des Schadensersatzes gilt in Frankreich seit September 2017 die „Macron-Schadensersatztabelle“ (Barème Macron) zur Deckelung von Schadensersatzzahlungen. Diese Tabelle legt einen Mindest- und einen Höchstbetrag des Schadensersatzes bei rechtswidriger Kündigung fest, in Abhängigkeit von der Betriebszugehörigkeit des Arbeitnehmers und der Mitarbeiterzahl des Unternehmens. Ausgedrückt wird der konkrete Betrag in der Tabelle durch die geschuldete Anzahl an Bruttomonatsgehältern. Im Ergebnis hat die Einführung der Macron-Tabelle dazu geführt, dass die Entscheidungsfreiheit der Arbeitsrichter in Frankreich eingeschränkt wurde.

Der Schadenersatz ist neben denjenigen Beträgen, die im Rahmen einer Kündigung grundsätzlich fällig werden, geschuldet. Zu diesen grundsätzlich fälligen Beträgen (Abfindungen zum Vertragsende) gehören in Frankreich die Kündigungsentschädigung (tarifvertraglich oder gesetzlich), die Kündigungsfristentschädigung (Kosten während des Laufs der Kündigungsfrist), Urlaubsabgeltung aufgrund Resturlaubs etc.

Im Gegensatz zum deutschen Recht wird bei einer rechtswidrigen Kündigung „nur“ Schadensersatz geschuldet. Eine Verpflichtung zur Fortführung des Arbeitsverhältnisses wegen Unwirksamkeit der Kündigung existiert in Frankreich nicht. Das bedeutet, dass auch eine rechtswidrige Kündigung in Frankreich das Arbeitsverhältnis grundsätzlich beendet, etwa dann, wenn der Arbeitgeber die im Kündigungsschreiben aufgeführten Vorwürfe und Vertragsverstöße nicht beweisen kann (Beweislast: Arbeitgeber).

  • Nichtige Kündigung

Im Falle schwerwiegenderer Mängel der Kündigung erklärt das Arbeitsgericht in Frankreich die Kündigung für nichtig. Nichtig ist eine Kündigung in Frankreich beispielweise dann, wenn die Kündigung seitens des Gerichts als diskriminierend eingeschätzt wird (z.B. Kündigung aufgrund des Alters, des Geschlechts, der sexuellen Orientierung etc.) oder wenn die Kündigung eine Grundfreiheit des Arbeitnehmers verletzt.

Der Arbeitnehmer hat bei einer solchen Nichtigerklärung daher folgende Ansprüche:

    • Anspruch auf Zahlung einer Entschädigung, die der Vergütung entspricht, die der Arbeitnehmer in der Zeit von seinem Ausschluss aus dem Unternehmen bis zum Urteil über die Nichtigkeit der Kündigung hätte erhalten müssen.
    • Anspruch auf Weiterbeschäftigung im Unternehmen:
      Zur Weiterbeschäftigung im Falle der Nichtigkeit der Kündigung ist ein diesbezüglicher Antrag des Arbeitnehmers erforderlich. In der Praxis kommt dies aber extrem selten vor.
    • Falls es zu keiner Weiterbeschäftigung kommt, erhöht sich der Betrag des zu zahlenden Schadensersatzes um einen Betrag in Höhe von mindestens 6 Monatsgehältern. Bezüglich des letztgenannten Erhöhungsbetrags existiert jedoch keine begrenzende Tabelle (ähnlich etwa der Macron-Tabelle betreffend die Höhe des Schadensersatzes), so dass das befasste Arbeitsgericht in diesem Bereich einen gewissen Einschätzungsspielraum hat.

6. Dauer des Verfahrens vor dem Arbeitsgericht in Frankreich und Berufung gegen die Entscheidung

Die Dauer eines Verfahrens vor dem erstinstanzlichen Conseil de Prud'hommes hängt sehr vom Standort des Gerichts ab, d. h. sie ist von Arbeitsgericht zu Arbeitsgericht unterschiedlich. In der Praxis beträgt die Dauer eines Verfahrens vor dem französischen Arbeitsgericht von der Klageerhebung bis zum Erlass des Urteils etwa ein bis zwei Jahre.

Die Berufung gegen ein erstinstanzliches Urteil eines Arbeitsgerichts in Frankreich muss grundsätzlich innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils bei der arbeitsgerichtlichen Kammer des zuständigen Berufungsgerichts eingereicht werden.

Unser Team steht Ihnen für weitere Informationen zu diesem Thema gerne zur Verfügung und unterstützt Sie auch bei einem Verfahren vor dem Conseil de Prud'hommes (frz. Arbeitsgericht) oder in arbeitsrechtlichen Berufungsverfahren.

Sie haben weitere Fragen zum Verfahren vor einem Arbeitsgericht in Frankreich und dem Conseil de Prud'hommes? Sprechen Sie uns an!

Unser deutschsprachiger CBBL-Anwalt Herr Rechtsanwalt Emil Epp und sein Team in Strasbourg, Paris, Baden-Baden, Zürich, Bordeaux und Sarreguemines stehen Ihnen gerne zur Verfügung: epp@cbbl-lawyers.de, Tel. +33 - 3 - 88 45 65 45



Stand der Bearbeitung: Oktober 2023