Ihre deutschsprachige Rechtsanwaltskanzlei in Frankreich
CBBL Rechtsanwalt in Frankreich, Emil Epp, Kanzlei EPP Rechtsanwälte Avocats
Emil Epp
Rechtsanwalt
EPP Rechtsanwälte Avocats
Strasbourg, Paris, Baden-Baden


Abwerbung von Kunden in Frankreich

Von unserer deutschsprachigen CBBL-Anwältin in Straßburg, Frau Déborah Niel, Avocat, niel@cbbl-lawyers.de, Tel. +33 (0)3 - 88 45 65 45, www.rechtsanwalt.fr


Die rechtswidrige Abwerbung von Kunden eines Unternehmens durch ein anderes Unternehmen („détournement de clientèle“) ist in Frankreich ein sehr praxisrelevantes Thema. Sehr oft werden solche unerlaubten Handlungen durch ehemalige Mitarbeiter des geschädigten Unternehmens vorgenommen. Dies kann insbesondere dann zu einer Haftung führen, wenn die rechtswidrige Abwerbung im Rahmen der Insolvenz der Gesellschaft, deren Kunden abgeworben werden, geschieht oder wenn diese Abwerbung eine bereits bestehende Insolvenzsituation der Gesellschaft verschärft.

1. Abwerbung von Kunden in Frankreich – welche rechtlichen Voraussetzungen bestehen?

Einem ehemaligen Arbeitnehmer ist es grundsätzlich zwar erlaubt, sein Wissen und seine Fähigkeiten im Rahmen seiner neuen Beschäftigung einzusetzen. Voraussetzung dafür ist allerdings, dass er dabei keine unlauteren Wettbewerbshandlungen vornimmt.

Die Abwerbung von Kunden der Konkurrenz kann unter bestimmten Umständen strafbar sein, wenn gegen Regelungen des französischen Wettbewerbsrechts verstoßen wird, zum Beispiel durch unerlaubte Aneignung der Kundendaten oder falls die Abwerbung unter Anwendung unlauterer Wettbewerbshandlungen geschieht. Das Vorliegen einer wettbewerbsverletzenden Handlung muss vor Gericht natürlich bewiesen werden. Die Erbringung entsprechender Beweise ist für das geschädigte Unternehmen nicht immer ganz einfach.

Beispiel aus der Rechtsprechung:

französischen Kassationsgerichtshof (Com. 01.06.1999, n°97-15421).

Sofort nach der Gründung einer konkurrierenden Gesellschaft durch den ehemaligen Geschäftsführer der in Konkurrenz stehenden Gesellschaft hatten 3 Arbeitnehmer, die über genaue Kenntnisse der gewerblichen Tätigkeiten der in Konkurrenz stehenden Gesellschaft verfügten, diese Gesellschaft verlassen, um für die neue Gesellschaft des ehemaligen Geschäftsführers tätig zu werden. Dort übten diese kaufmännische Funktionen aus und nutzten ihr Wissen über die Kundschaft ihres ehemaligen Arbeitgebers. Die betreffenden Arbeitnehmer waren im Übrigen an keine Wettbewerbsverbotsklausel gebunden. Zwei dieser Arbeitnehmer erwarben sogar Kapitalanteile der neuen Gesellschaft bevor sie überhaupt für diese tätig wurden. Diese Umstände wurden als Beweis für eine mögliche schuldhafte Abwerbung und somit das Vorliegen eines Verstoßes gegen das Wettbewerbsrecht vorgebracht.

2. Wer kann gegen die Abwerbung von Kunden vorgehen - welche Beweise werden bei unlauteren Wettbewerbshandlungen in Frankreich benötigt?

Grundsatz: Die reine Abwanderung von Kunden ist für sich allein genommen noch kein Kriterium für unlauteren Wettbewerb, auch wenn diese von einem ehemaligen Arbeitnehmer ausgeht.

Es gibt keinen Rechtsanspruch darauf, die eigene Kundschaft zu behalten.

Eine Abwerbung von Kunden ist somit prinzipiell erlaubt, solange keine unlauteren Wettbewerbshandlungen angewandt werden. Die französische Rechtsprechung liefert zahlreiche Beispiele, bei denen eine Abwerbung von Kunden in der Form unlauteren Wettbewerbs angenommen wurde:

  • Verunglimpfung oder Anwendung von ungenauen oder falschen Aussagen: Abwerbung von Kunden durch unerlaubte Werbemaßnahmen

    über die Produkte der Konkurrenz
    Verwendung von Zeichen einer Konkurrenzfirma, um Verwirrung zu stiften
  • Verwendung unrechtmäßig angeeigneter Listen, Kundenlisten, Daten oder anderer Informationen des Konkurrenzunternehmens

    Ein französischer Arbeitnehmer, der unrechtmäßig Daten seiner Firma entwendet, kann wegen Untreue und Diebstahl verfolgt werden.

    Beispiel:
    Ein Arbeitnehmer nimmt Kundendaten (Namen und Adressen) von Personen, die den ehemaligen Arbeitgeber kontaktiert hatten, mit der Absicht mit, sich selbstständig zu machen und dessen Kunden abzuwerben indem er Ihnen günstigere Angebote unterbreitet.

    Im Gegenzug macht sich ein ehemaliger Arbeitnehmer nicht strafbar, wenn er Dokumente bei sich behält, die nicht vertraulich sind. Zum Beispiel kann ein ehemaliger Arbeitnehmer „Kundentarife“ mitnehmen, da diese nicht vertraulich sind.

    Es kann einem ehemaligen Arbeitnehmer im Einzelfall ebenfalls erlaubt sein, ein Adressbuch zu behalten, wenn der ehemalige Arbeitnehmer diese Daten aufgrund seines langen Angestelltenverhältnisses ohnehin kennen musste.
  • Systematische Abwerbung von Kunden

    wenn also ehemalige Arbeitnehmer ihr bei der ehemaligen Firma erworbenes Wissen und Know-how verwenden, um systematisch Kunden abzuwerben.
  • Verlassen des Unternehmens durch einen Arbeitnehmer oder Mitarbeiter und gleichzeitiges Abwandern von Kundschaft

    Das Verlassen des Unternehmens durch einen Arbeitnehmer bei gleichzeitiger Abwanderung von Kundschaft kann ein Hinweis für unlauteren Wettbewerb sein, ist aber noch kein Beweis hierfür.

    Die alleinige Abwerbung von Kunden reicht jedenfalls noch nicht aus, um unlauteren Wettbewerb zu belegen.

    Entsprechend hat der französische Kassationsgerichtshof über folgenden Sachverhalt entschieden:

    Die Anstellung von neuen Arbeitnehmern durch die Gesellschaft A hatte zum Zweck, die konkurrierende Gesellschaft B zu desorganisieren und deren Kundschaft abzuwerben. Dieses Ergebnis trat ein und der Gesellschaft A war es somit möglich, etwa 66% des Umsatzes der Gesellschaft B abzuwerben.

    Obwohl festgestellt wurde, dass die Anstellung von Arbeitnehmern darauf abgezielt hatte, die konkurrierende Gesellschaft zu desorganisieren wurde lediglich ein reines Abwandern der Kundschaft, und somit kein Wettbewerbsverstoß, festgestellt.

    Auf ähnliche Weise entschied der Kassationsgerichtshof im Rahmen eines weiteren Urteils (arrêt n° 99-21758 du 3.12.2002), dass ein Verschulden des ehemaligen Arbeitnehmers nicht aufgrund der alleinigen Tatsache vorliegt, dass einige Kunden zu einem Gesellschafter einer neuen Gesellschaft abwandern, mit dem sie zuvor bei dessen alter Gesellschaft in Kontakt standen.
  • Unrechtmäßige Preise (Dumpingpreise)

    Prinzipiell gilt im Rahmen der Wettbewerbsfreiheit ebenfalls Preisbildungsfreiheit. Unlauterer Wettbewerb kann jedoch dann vorliegen, wenn die Abwerbung von Kunden mit einer systematisch niedrigeren Preispolitik im Vergleich zur Konkurrenz einhergeht (Preisdumping).

  • Abwerbung von Kunden durch einen ehemaligen Arbeitnehmer oder Mitarbeiter der Firma

    Während des Bestehens eines Arbeitsvertrages:

    Während eines bestehenden Arbeitsvertrages ist der Arbeitnehmer an seinen Arbeitgeber durch ein Wettbewerbsverbot gebunden, das bis Beendigung des Arbeitsvertrages gilt. Diese Verpflichtung verbietet es dem Arbeitnehmer jedoch nicht, eine zukünftige konkurrierende Tätigkeit vorzubereiten solange er keine Handlung des unlauteren Wettbewerbs vornimmt.

    Nach Beendigung eines Arbeitsvertrages:

    Nach Beendigung eines Arbeitsverhältnisses kann der Arbeitnehmer, sofern er nicht an ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot gebunden ist, die Kundschaft seines ehemaligen Arbeitgebers abwerben, wenn dies entsprechend den allgemeinen Regeln des Wettbewerbsrechts geschieht. Es ist dem ehemaligen Arbeitnehmer beispielsweise erlaubt, einen Rundbrief an die Kundschaft seines ehemaligen Arbeitgebers zu senden, um seinen Adresswechsel kund zu tun.

    Sollte ein Kunde den ehemaligen Arbeitnehmer anrufen und wünschen, mit dessen ehemaligem Arbeitnehmer in Kontakt zu treten, so darf der ehemalige Arbeitgeber allerdings keine Informationen über seinen ehemaligen Arbeitnehmer verweigern oder falsche Informationen über diesen verbreiten.
  • Abwerbung durch auf die Kundschaft der Konkurrenz angewandte Druckmittel

    Wenn die Kundschaft sich nicht mehr aus freiem Willen an das Unternehmen ihrer Wahl wenden kann, so liegt ebenfalls der Tatbestand des unlauteren Wettbewerbs vor.

3. Welche Sanktionen haben die betroffenen Unternehmen in Frankreich zu erwarten?

Zur Beantwortung dieser Frage und wie Sie konkret handeln können lesen Sie bitte unseren Artikel über Unlauteren Wettbewerb in Frankreich.

Sie wünschen Beratung? Sprechen Sie uns gerne an!

Unser deutschsprachiger CBBL-Anwalt Herr Rechtsanwalt Emil Epp und sein Team in Strasbourg, Paris, Baden-Baden, Zürich, Bordeaux und Sarreguemines stehen Ihnen gerne zur Verfügung: epp@cbbl-lawyers.de, Tel. +33 - 3 - 88 45 65 45


Stand der Bearbeitung: Januar 2023