Ihre deutschsprachige Rechtsanwaltskanzlei in Frankreich
CBBL Rechtsanwalt in Frankreich, Emil Epp, Kanzlei EPP Rechtsanwälte Avocats
Emil Epp
Rechtsanwalt
EPP Rechtsanwälte Avocats
Strasbourg, Paris, Baden-Baden


Außergerichtliche/Gerichtliche Durchsetzung von Forderungen in Frankreich (Inkasso)

Von unserem deutschsprachigen CBBL-Anwalt in Baden-Baden, Herrn Jörg Luft, Rechtsanwalt, luft@cbbl-lawyers.de, Tel. +49 - 7221 - 30 23 70, www.rechtsanwalt.fr


Wichtige Hinweise zur außergerichtlichen und gerichtlichen Durchsetzung von Forderungen in Frankreich:

  1. Wie bekomme ich Informationen über die Bonität meines Kunden in Frankreich?
  2. Welche außergerichtlichen bzw. gerichtlichen Möglichkeiten stehen mir neben den klassischen, nationalen Klagewegen zur Verfügung, um meine Forderung gegen meinen Kunden in Frankreich beizutreiben?
  3. Kann ich für das Inkasso in Frankreich einen Titel in Deutschland gegen meinen französishen Kunden erwirken?
  4. Wie kann ich in Deutschland bzw. in Frankreich einen Mahnbescheid gegen einen in Frankreich ansässigen Schuldner erwirken?
  5. Wie kann ich am schnellsten in Frankreich einen Titel gegen meinen Kunden erstreiten?
  6. Wie kann ich über das spezifische europäische Verfahren für geringfügige Forderungen mein Inkasso in Frankreich durchführen?
  7. Tipps und Hinweise zur schnellen Sicherung Ihrer Ansprüche in Frankreich.

Antworten:

1. Wie bekomme ich Informationen über die Bonität meines Kunden in Frankreich?

In Frankreich besteht die Pflicht zur Veröffentlichung von Bilanzen. Dieser Pflicht kommen die Unternehmen auch grundsätzlich umfassend nach.

Folgende Informationsmöglichkeiten bestehen vor diesem Hintergrund für Gläubiger von französischen Unternehmen:

Unter www.infogreffe.fr oder www.societe.com sowie über das Internetportal der Creditreform können Sie gegen Gebühr detaillierte Informationen über französische Gesellschaften einholen.

Anfordern eines Handelsregisterauszuges bzw. von Bilanzen beim Handelsregister am Sitz des Unternehmens. Dort kann auch eine Liste, auf der alle Verpfändungen eingetragen sind, eingesehen werden.

Bestehen Schulden gegenüber den Steuer- und Sozialversicherungsbehörden, die einen gewissen Betrag übersteigen, werden diese im Handelsregister veröffentlicht.

Über diese Informationen lassen sich mögliche Schwierigkeiten beim künftigen Inkasso in Frankreich vorab einschätzen.

2. Welche außergerichtlichen bzw. gerichtlichen Möglichkeiten stehen mir neben den klassischen, nationalen Klagewegen zur Verfügung, um meine Forderung gegen meinen Kunden in Frankreich beizutreiben?

Beim Inkasso in Frankreich führt in der Praxis oft ein gestuftes Vorgehen zum Erfolg.
Dabei ist es in vielen Fällen sachgerecht, niederschwellig zu beginnen.

Bevor Sie ein Gerichtsverfahren gegen Ihren Kunden einleiten, stehen Ihnen folgende Möglichkeiten offen, um die Forderung in Frankreich beizutreiben:

  • letztmalige Zahlungsaufforderung, mit der Sie Ihren Kunden geichzeitig in Verzug setzen (mise en demeure);
  • anwaltliches Mahnschreiben (letztmalige Zahlungsaufforderung mit Androhung eines Gerichtsverfahrens).

Gerichtlich stehen Ihnen neben, den klassischen, nationalen Klagewegen, folgende Wege zur Verfügung, um eine Forderung gegen Ihren französischen Kunden beizutreiben:

  • Mahnbescheidsverfahren in Deutschland bzw. in Frankreich (ordonnance d´injonction de payer) (siehe unten);
  • Europäisches Mahnverfahren, auch „Europäischer Zahlungsbefehl“ genannt (Verordnung (EG) Nr. 1896/2006 – siehe unten);
  • Vorläufige Pfändung (z.B. eines Kontos) bei Ihrem Kunden in Frankreich durch eine saisie conservatoire (Sicherungspfändung). Diese kann ohne Titel und vor Einleitung einer Zahlungsklage erfolgen (siehe unten).
  • Europäisches Verfahren für geringfügige Forderungen (sog. „Small-Claims-Verfahren“, Verordnung (EG) Nr. 861/2007 – siehe unten).

3. Kann ich für das Inkasso in Frankreich einen Titel in Deutschland gegen meinen französischen Kunden erwirken?

Dies ist möglich, soweit Sie aufgrund des mit Ihrem Kunden bestehenden Vertrages oder aufgrund gesetzlicher Vorschriften dazu berechtigt sind, in Deutschland zu klagen. Es muss also ein Gerichtsstand in Deutschland bestehen.

Enthält der Vertrag eine Gerichtsstandsklausel, die es Ihnen erlaubt, Ihren französischen Kunden in Deutschland zu verklagen, so können Sie dies tun und auf diesem Wege einen Titel (Urteil, Vollstreckungsbescheid) gegen Ihren Kunden erwirken. In einem zweiten Schritt müssen Sie diesen deutschen Titel von einem französischen Gericht für in Frankreich vollstreckbar erklären lassen. Dies geschieht grundsätzlich im Wege eines sogenannten Exequaturverfahrens. Das Exequaturverfahren wurde aber zwischenzeitlich in verschiedenen Etappen innerhalb der EU nahezu abgeschafft.

Seit Oktober 2005 können Titel über unbestrittene Forderungen in Zivil- und Handelssachen (insbesondere Vollstreckungsbescheide, Anerkenntnis- und Versäumnisurteile sowie Prozessvergleiche und öffentliche Urkunden) EU-weit (mit Ausnahme Dänemarks) als Europäischer Vollstreckungstitel bestätigt und ohne Durchführung eines Exequaturverfahrens vollstreckt werden. (Näheres dazu unter: Anerkennung und Vollstreckung von deutschen Gerichtsurteilen und Titeln in Frankreich)

Seit Inkrafttreten der EU-Verordnung 1215/2012 (Brüssel 1a - VO) im Jahre 2015 besteht für jüngere Titel nicht mehr das Erfordernis, eine Exequatur durchzuführen.

Die Möglichkeit, Ihren Kunden in Deutschland zu verklagen, kann Ihnen auch von Gesetzes wegen offenstehen. Enthält Ihr Vertrag beispielsweise eine Klausel, die besagt, dass alle (Kaufpreis-)Zahlungen am Sitz Ihres Unternehmens in Deutschland zu erfüllen sind (Erfüllungsortvereinbarung), so können Sie Ihre Kunden auf dieser Grundlage in Deutschland verklagen, weil dann ein sogenannter Gerichtsstand des Erfüllungsortes existiert.

Die Besonderheiten einer Klage in Deutschland gegen einen Beklagten in Frankreich sind:

  • Die Klage nebst französischer Übersetzung muss dem Gegner in Frankreich zugestellt werden; die Zustellung wird seitens des Gerichts in Deutschland veranlasst.
  • Die Gerichtssprache ist Deutsch.
  • Der französische Beklagte muss sich, wenn das Verfahren vor einem Landgericht stattfindet, einen deutschen Anwalt nehmen.
  • Die unterlegene Partei wird in der Regel zur Tragung der Gerichts- und Anwaltskosten (in gewissen Grenzen) verurteilt.
  • Der am Ende des Verfahrens erwirkte Titel muss dem Gegner in Frankreich zugestellt werden; die Zustellung wird in Deutschland seitens des Gerichts veranlasst.
  • Der deutsche Titel kann so in Frankreich vollstreckt werden.

[EU-Verordnung 805/2004; EU-Verordnung 1215/2012]

4. Wie kann ich in Deutschland bzw. in Frankreich einen Mahnbescheid gegen einen in Frankreich ansässigen Schuldner erwirken?

Gegen einen in Frankreich ansässigen Schuldner haben Sie neben den klassischen Klagewegen grundsätzlich die Möglichkeit, sowohl in Deutschland als auch in Frankreich ein Mahnbescheidsverfahren einzuleiten.

Dabei ist zu beachten, dass seit 2008 ein „Europäisches Mahnverfahren“ (EU-Zahlungsbefehl) existiert. Dieses Verfahren führt zur Vereinfachung und Beschleunigung grenzüberschreitender Verfahren im Zusammenhang mit unbestrittenen zivil- oder handelsrechtlichen Geldforderungen und zur Verringerung der Verfahrenskosten. Weitere Informationen hierzu finden Sie im Abschnitt Europäisches Mahnverfahren weiter unten.

  • Die Durchführung eines Mahnbescheidsverfahrens in Deutschland mit Zustellung im Ausland ist möglich.

Voraussetzung hierfür ist allerdings, dass das deutsche Gericht aufgrund gesetzlicher Vorschriften oder aufgrund einer Gerichtsstandsvereinbarung zuständig ist.

Wenn Sie sich auf eine Gerichtsstandsvereinbarung (Vertragsklausel, aus der sich ergibt, dass für Streitigkeiten aus dem Vertrag die Gerichte in Deutschland zuständig sind) stützen, müssen Sie dem Mahnantrag das entsprechende Dokument (z.B. AGB), in dem diese Vereinbarung enthalten ist, beifügen.

Können Sie keinen Gerichtsstand in Deutschland nachweisen, so können Sie ein Mahnverfahren oder ein anderes gerichtliches Verfahren in Frankreich einleiten.

Der Vorteil der Durchführung eines Mahnbescheidsverfahrens direkt in Frankreich liegt darin, dass Sie letztlich einen französischen Vollstreckungstitel erhalten und dadurch Zeit im Rahmen der Vollstreckung sparen können.

Einen deutschen Vollstreckungstitel müssten Sie in der Regel nämlich erst im Rahmen eines gerichtlichen Verfahrens für in Frankreich vollstreckbar erklären lassen (Exequaturverfahren) oder jedenfalls als europäischen Vollstreckungstitel bestätigen lassen. Dies stellt zwar keine große Hürde dar, führt aber manchmal hin und wieder zu einer zeitlichen Verzögerung.

[Rechtsquellen: § 688 Abs. 3 ZPO, § 32 AVAG]

  • Hat Ihr Schuldner seinen Wohnsitz oder Unternehmenssitz in Frankreich, so können Sie gegen ihn ein französisches Mahnbescheidsverfahren einleiten, unabhängig davon, wo Sie Ihren Sitz haben.

Voraussetzung hierfür ist, dass Sie gegen Ihren Schuldner eine vertragliche Forderung über einen bestimmten Betrag haben und ihn vergeblich zur Zahlung aufgefordert haben. Das letztmalige Zahlungsaufforderungsschreiben (mise en demeure) muss mit einem Zugangsnachweis versendet worden sein.

Bestreitet der Schuldner von vorneherein die Forderung, ist es ratsam, statt eines Mahnverfahrens sogleich ein ordentliches Klageverfahren einzuleiten.

Für Mahnbescheidsverfahren bezüglich Forderungen zwischen Kaufleuten oder Unternehmen ist in Frankreich der Vorsitzende des Handelsgerichts (Président du tribunal de commerce) zuständig. Da es in der Region Alsace-Moselle kein Handelsgericht gibt, ist dort das Tribunal judiciaire zuständig.

Der Antrag muss in französischer Sprache verfasst sein und sollte auf dem Formblatt eingereicht werden, das im Internet unter www.cerfa.gouv.fr für diesen Zweck zur Verfügung gestellt wird.

Neben den Angaben zu Gläubiger, Schuldner und Forderungsumfang muss der Antrag alle Dokumente und Nachweise (ggf. nebst beeidigter französischer Übersetzung) enthalten, aus denen sich Grund und Höhe der Forderung ergeben. Des Weiteren ist (mit Ausnahme der Gerichte in der Region Alsace-Moselle) ein Gerichtskostenvorschuss zu leisten.

Die Entscheidung des Gerichts ergeht dann normalerweise innerhalb von vier bis sechs Wochen.

Hält das Gericht den Antrag für begründet, so ergeht ein Mahnbescheid (ordonnance d´injonction de payer). Diesen muss der Gläubiger dem Schuldner innerhalb von sechs Monaten ab dem Tag der Entscheidung per Gerichtsvollzieher zustellen lassen.

Zahlt der Schuldner daraufhin nicht binnen Monatsfrist, und legt er innerhalb dieser Monatsfrist auch keinen Widerspruch ein, so erhält der Gläubiger auf Antrag einen Vollstreckungstitel, mit dem er die Zwangsvollstreckung mittels eines Gerichtsvollziehers (huissier de justice) betreiben kann.

Falls der Schuldner gegen den Mahnbescheid Widerspruch einlegt, muss das Verfahren streitig ausgetragen werden.

  • Seit 2008 besteht auch die Möglichkeit, ein spezifisches „Europäisches Mahnverfahren“ oder „EU-Zahlungsbefehlsverfahren“ einzuleiten.

Mit der seit dem 12. Dezember 2008 geltenden Verordnung (EG) Nr. 1896/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Dezember 2006 wurde ein Europäisches Mahnverfahren eingeführt.

Dieses Verfahren führte zur Vereinfachung und Beschleunigung grenzüberschreitender Verfahren im Zusammenhang mit unbestrittenen Geldforderungen und zur Verringerung der Verfahrenskosten.

Das Europäische Mahnverfahren ist in grenzüberschreitenden Zivil- und Handelssachen anwendbar.

Die Zuständigkeit der Gerichte bestimmt sich nach den hierfür geltenden Vorschriften des Gemeinschaftsrechts, insbesondere nach der Verordnung (EG) Nr. 1215/2012.

Betrifft die Forderung jedoch einen Vertrag, den ein Verbraucher zu einem Zweck geschlossen hat, der nicht seiner beruflichen oder gewerblichen Tätigkeit zugerechnet werden kann, und ist der Verbraucher Antragsgegner, so sind nur die Gerichte des Mitgliedstaats zuständig, in welchem der Antragsgegner seinen Wohnsitz hat.

Das Gericht, das mit dem Antrag auf Erlass eines Europäischen Zahlungsbefehls befasst ist, prüft, ob die Zulässigkeitsvoraussetzungen erfüllt sind (grenzüberschreitender Charakter der Zivil- oder Handelssache, Zuständigkeit des angerufenen Gerichts etc.) und ob die Forderung begründet erscheint.

Wenn die Voraussetzungen für einen Antrag auf Erlass eines Europäischen Zahlungsbefehls erfüllt sind, erlässt das Gericht kurzfristig, d.h. in der Regel binnen dreißig Tagen nach Einreichung des Antrags, einen Europäischen Zahlungsbefehl.

Der Europäische Zahlungsbefehl wird ausschließlich auf der Grundlage der Angaben des Antragstellers erlassen, die vom Gericht auch nicht weiter nachgeprüft werden.

Der Europäische Zahlungsbefehl wird vollstreckbar, wenn der Antragsgegner beim Ursprungsgericht keinen Einspruch einlegt.

Der Europäische Zahlungsbefehl wird in den anderen Mitgliedstaaten anerkannt und vollstreckt, ohne dass es einer Vollstreckbarerklärung bedarf und ohne dass dessen Anerkennung angefochten werden kann.

Der Europäische Zahlungsbefehl ist dem Antragsgegner gemäß den nationalen Rechtsvorschriften des Staates zuzustellen, in dem die Zustellung erfolgen soll.

[Rechtsquelle: Verordnung (EG) Nr. 1896/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Dezember 2006 zur Einführung eines Europäischen Mahnverfahrens]

5. Wie kann ich am schnellsten in Frankreich einen Titel gegen meinen Kunden erstreiten?

In Frankreich können Sie am schnellsten einen vollstreckbaren Titel erhalten, wenn Sie ein Mahnbescheidsverfahren (siehe dazu bereits oben) oder das Schnellverfahren (référé-provision) einleiten.

Das référé-provision-Verfahren kommt dann in Betracht, wenn die Forderung unstreitig ist oder zumindest kein ernsthaftes Bestreiten der Forderung seitens des Schuldners zu erwarten ist. Bestehen hingegen sogenannte contestations sérieuses (= ernsthaftes Bestreiten) gegen die Forderung, so muss das Gericht den Antrag zurückweisen und den Kläger auf den normalen Klageweg (procédure au fond) verweisen.

Obwohl es sich beim Verfahren des référé-provision um ein vorläufiges Verfahren handelt, kann der Schuldner sowohl zu einer einstweiligen Teilzahlung (provision), als auch bereits zur Zahlung der gesamten Forderung verurteilt werden.

Im Gegensatz zum Mahnbescheidsverfahren handelt es sich um ein streitiges Verfahren, d.h. der Schuldner wird zum mündlichen Termin geladen und angehört.

Das référé-provision-Verfahren wird vor dem Handelsgericht am Wohnort/Sitz des Schuldners eingeleitet. In der Regel wird kurzfristig (d.h. innerhalb von ein bis zwei Wochen) ein Termin zur mündlichen Verhandlung bestimmt. Die einstweilige Entscheidung ergeht in den meisten Fällen noch im Termin selbst oder binnen kurzer Zeit (ein bis zwei Wochen) danach. Sie muss dem Schuldner per Gerichtsvollzieher zugestellt werden. Sie ist sofort vollstreckbar.

Diese Entscheidung ist selbst dann sofort vollstreckbar, wenn der Schuldner Widerspruch oder Berufung einlegt. Nach der Zustellung durch den Gerichtsvollzieher kann der Gläubiger also in jedem Fall unmittelbar die Zwangsvollstreckung betreiben.

Grundsätzlich besteht für dieses Verfahren kein Anwaltszwang, wenn die Forderung unter 10.000 € beträgt. Da eine Antragsschrift einzureichen ist, aus der sich alle Tatsachen und rechtliche Begründungen des Anspruchs ergeben müssen, ist stets zu empfehlen, einen Rechtsanwalt hinzuzuziehen.

Der Antragsschrift, die dem Schuldner per Gerichtsvollzieher zugestellt werden muss, sind alle Dokumente und Belege beizufügen (ggf. mit französischer Übersetzung), aus denen Grund und Höhe der Forderung hervorgehen.

Sowohl im Falle des Obsiegens als auch im Falle des Unterliegens des Antragsstellers steht es ihm frei, zeitgleich oder nach dem référé-provision-Verfahren noch ein „normales“ Gerichtsverfahren (Hauptsacheverfahren) einzuleiten.

[Rechtsquellen: Art. 484 bis 492 und 873 Code de Procédure Civile (französische Zivilprozessordnung)]

6. Wie kann ich durch das spezifische europäische Verfahren für geringfügige Forderungen (Verordnung (EG) Nr. 861/2007) mein Inkasso in Frankreich durchführen?

Das europäische Verfahren für geringfügige Forderungen (Verordnung (EG) Nr. 861/2007 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Juli 2007 zur Einführung eines europäischen Verfahrens für geringfügige Forderungen), das seit dem 1. Januar 2009 in allen Mitgliedstaaten der Europäischen Union (mit Ausnahme Dänemarks) gilt, ist eine zusätzliche Alternative zu den im Recht der Mitgliedstaaten vorgesehenen Möglichkeiten zur Durchsetzung von Forderungen.

Mit diesem Verfahren wird die Beilegung grenzüberschreitender Streitigkeiten in Zivil- und Handelssachen erleichtert und kostengünstig durchführbar. Ein Urteil, das im Rahmen dieses Verfahrens ergeht, wird in den anderen Mitgliedstaaten anerkannt und vollstreckt, ohne dass es einer zusätzlichen Vollstreckbarerklärung bedarf.

Dieses europäische Verfahren, in dem kein Anwaltszwang besteht, gilt für grenzüberschreitende Rechtssachen, das heißt Rechtssachen, bei denen mindestens eine der Parteien ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt in einem anderen Mitgliedstaat als dem des angerufenen Gerichts hat. Der Streitwert der Klage darf (ohne Zinsen, Kosten und Auslagen) im Zeitpunkt des Eingangs der Klage beim zuständigen Gericht 5.000 EUR nicht überschreiten.

Die Zuständigkeit der Gerichte bestimmt sich nach den hierfür geltenden Vorschriften des Gemeinschaftsrechts, insbesondere nach der Verordnung (EG) Nr. 1215/2012.

Die Klage ist in der Sprache oder den Sprachen des angerufenen Gerichts vorzulegen.

Das Verfahren für geringfügige Forderungen wird mittels Formblättern durchgeführt.

Nach Eingang des ordnungsgemäß ausgefüllten Klageformblatts füllt das Gericht seinerseits ein an den Beklagten gerichtetes Antwortformblatt aus. Diese beiden Formblätter werden dem Beklagten innerhalb von 14 Tagen durch die Post mit Empfangsbestätigung zugestellt.

Der Beklagte hat dann seinerseits innerhalb einer Frist von 30 Tagen darauf zu antworten.

Innerhalb von weiteren 30 Tagen, nachdem die Antwort des Beklagten eingegangen ist, hat das Gericht ein Urteil zu erlassen, wobei es die Parteien zu weiteren Angaben auffordern kann. Es kann ferner beschließen, eine Beweisaufnahme durchzuführen oder die Parteien zu einer mündlichen Verhandlung zu laden. In diesem Fall erlässt das Gericht sein Urteil entweder innerhalb von 30 Tagen nach einer mündlichen Verhandlung oder nach Vorliegen sämtlicher Entscheidungsgrundlagen.

Das Gericht verpflichtet die Parteien nicht zu einer rechtlichen Würdigung der Klage und hilft ihnen bei einer gütlichen Einigung. Es unterrichtet die Parteien erforderlichenfalls über Verfahrensfragen.

Das mit einem europäischen Verfahren für geringfügige Forderungen befasste Gericht hält eine mündliche Verhandlung ab, wenn es diese für erforderlich hält oder wenn eine der Parteien einen entsprechenden Antrag stellt. Die mündliche Verhandlung kann auch per Video-Konferenz oder unter Zuhilfenahme anderer geeigneter Telekommunikationsmittel stattfinden.

Das erlassene Urteil wird in den anderen Mitgliedstaaten anerkannt und vollstreckt. Es darf dabei im Staat der Vollstreckung keinesfalls in der Sache nachgeprüft werden.

Die Vollstreckung des Urteils erfolgt gemäß den verfahrensrechtlichen Bestimmungen des Mitgliedsstaats der Vollstreckung.

Die unterlegene Partei trägt die Kosten des Verfahrens.

[Rechtsquelle: Verordnung (EG) Nr. 861/2007 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Juli 2007 zur Einführung eines europäischen Verfahrens für geringfügige Forderungen]

7. Tipps und Hinweise zur schnellen Sicherung Ihrer Ansprüche in Frankreich

Auch Sicherungsmaßnahmen gehören zu einem erfolgreichen Inkasso in Frankreich dazu.

Wenn Sie befürchten, dass Ihr Schuldner Vermögenswerte beiseiteschaffen könnte, um sich damit seiner Zahlungspflicht bzw. möglicher Zwangsvollstreckungsmaßnahmen zu entziehen, können und sollten Sie kurzfristig vorläufige Maßnahmen ergreifen.

Das französische Recht bietet dazu Möglichkeiten der vorläufigen Sicherung von Ansprüchen.

Mittels einer Sicherungspfändung (saisie conservatoire) können Sie Vermögenswerte des Schuldners für unverfügbar erklären lassen, zum Beispiel sein Bankkonto.

Voraussetzung dafür ist lediglich, dass Sie dem Vollstreckungsgericht die Schlüssigkeit Ihrer Forderung vortragen und darlegen, dass die Durchsetzbarkeit gegenüber dem Schuldner gefährdet ist. Erfolglose Mahnungen genügen in der Regel, um diese Eilbedürftigkeit zu rechtfertigen.

Ein Vollstreckungstitel ist in diesem Stadium noch nicht erforderlich.

Eine Sicherungspfändung ist aber auch dann möglich und kann von Nutzen sein, wenn bereits ein Titel vorliegt.

Das Vollstreckungsgericht genehmigt die Sicherungsmaßnahme ohne Anhörung des Schuldners, wenn der Gläubiger seine Forderung schlüssig vorgetragen hat und Eilbedürftigkeit besteht. Der Anwalt des Gläubigers formuliert sowohl den Antrag an das Gericht als auch den Entwurf der richterlichen Genehmigung der Maßnahme. Die richterliche Genehmigung ist nicht erforderlich, wenn der Gläubiger bereits im Besitz eines Vollstreckungstitels ist: Dann kann direkt ein Gerichtsvollzieher beauftragt werden.

Die Sicherungsvollstreckung kann sowohl in das bewegliche Vermögen als auch in Forderungen (außer Arbeitseinkommen) und Wertpapiere sowie in Geschäftsanteile und in das unbewegliche Vermögen vorgenommen werden.

Sind Sie als Gläubiger im Zeitpunkt der Sicherungspfändung noch nicht im Besitz eines Vollstreckungstitels, so müssen Sie innerhalb eines Monats ein Verfahren zur Erlangung eines Vollstreckungstitels einleiten (z.B. Einleitung eines Gerichtsverfahrens in Deutschland oder in Frankreich oder Einleitung eines Verfahrens zur Vollstreckbarerklärung eines deutschen Titels in Frankreich (Exequatur)).

Mit dem erlangten Titel können Sie dann die Umwandlung der Sicherungspfändung in eine Vollpfändung betreiben.

In der Praxis ist häufig zu beobachten, dass der Schuldner, sofern er solvent ist, bereits unmittelbar nach einer durchgeführten Sicherungspfändung zahlt, da er die drohende Zwangsvollstreckung vermeiden will.

[Rechtsquellen: Art. 31 EuGVVO; Art. L511-1 ff und Art. L521-1 – L523-2 des französischen Vollstreckungsverfahrensgesetzes]

Sie haben weitere Fragen zu Forderung und Vollstreckung in Frankreich? Sprechen Sie uns an!

Unser deutschsprachiger CBBL-Anwalt Herr Rechtsanwalt Emil Epp und sein Team in Strasbourg, Paris, Baden-Baden, Zürich, Bordeaux und Sarreguemines stehen Ihnen gerne zur Verfügung: epp@cbbl-lawyers.de, Tel. +33 - 3 - 88 45 65 45


Stand der Bearbeitung: Februar 2024