Ihre deutschsprachige Rechtsanwaltskanzlei in Frankreich
CBBL Rechtsanwalt in Frankreich, Emil Epp, Kanzlei EPP Rechtsanwälte Avocats
Emil Epp
Rechtsanwalt
EPP Rechtsanwälte Avocats
Strasbourg, Paris, Baden-Baden


Betriebsordnung in Unternehmen in Frankreich (règlement intérieur)

Von unserer deutschsprachigen CBBL-Anwältin in Straßburg, Frau Priscille Lecoanet, Avocat, lecoanet@cbbl-lawyers.de, Tel. +33 (0)3 - 88 45 65 45, www.rechtsanwalt.fr


Das französische Arbeitsgesetz regelt, in welchen Fällen Unternehmen in Frankreich eine Betriebsordnung aufstellen müssen und welche Inhalte die Betriebsordnung haben muss.

Zu diesem Thema beantworten wir nachfolgend diese Fragen:

  • Wann muss ein Unternehmen in Frankreich zwingend eine Betriebsordnung hab
  • Wie wird eine Betriebsordnung in Frankreich aufgestellt (Verfahren)?
  • Was sind die zwingenden Inhalte einer Betriebsordnung in Frankreich?

Einleitend möchten wir den Begriff der „Betriebsordnung“ erklären.

Was ist eine Betriebsordnung?

Die Betriebsordnung ist in einem Unternehmen die Gesamtheit der Regeln, die die Ordnung im Betrieb zum Gegenstand haben.

In der Praxis gehören in eine Betriebsordnung die Regeln betreffend das Zusammenleben und das Verhalten der Mitarbeiter im Unternehmen.
Folgende Themen kommen üblicherweise in Betriebsordnungen vor (Beispiele):

  • Alkoholverbot am Arbeitsplatz
  • Nutzung von Gegenständen des Unternehmens zu privaten Zwecken (z.B. Handys)
  • Zurverfügungstellung von einheitlicher Dienstbekleidung (aus Gründen der Corporate Identity)
  • Rauchverbot
  • Zulässigkeit der Annahme von Geschenken
  • Umgang mit Verbesserungsvorschlägen der Arbeitnehmer
  • Termine von regelmäßigen Mitarbeitergesprächen
  • Sanktionen (bei Verstößen gegen die Betriebsordnung)

Welche Unternehmen haben in Frankreich die Pflicht, eine Betriebsordnung zu erstellen?

Unternehmen, die über einen Zeitraum von 12 zusammenhängenden Monaten mindestens 50 Arbeitnehmer in Frankreich beschäftigen, sind verpflichtet, eine Betriebsordnung aufzustellen.

Unternehmen, die kleiner sind, können freiwillig eine Betriebsordnung erlassen, wenn sie dies für sinnvoll erachten. Sie sind dann (hinsichtlich des zu beachtenden Verfahrens und hinsichtlich der Inhalte der Betriebsordnung) jedoch an die gleichen Regeln gebunden wie die größeren Unternehmen mit 50 oder mehr Arbeitnehmern, welche eine Pflicht zur Erstellung einer Betriebsordnung haben.

Welches Verfahren muss bei der Aufstellung oder der Änderung einer Betriebsordnung in Frankreich beachtet werden?

Folgende Schritte müssen durchlaufen werden, damit Ihre Betriebsordnung in Frankreich rechtmäßig ist:

1. Formulierung der Betriebsordnung / des Änderungsentwurfs durch den Arbeitgeber

Hierbei sind insbesondere die zwingend erforderlichen Inhalte, auf die wir weiter unten (bei den „verpflichtenden Inhalten“) gesondert näher eingehen, zu beachten.

2. Einholen der Stellungnahme des Wirtschafts- und Sozialausschusses (Comité social et économique, „CSE“)

Der Arbeitgeber übermittelt die Betriebsordnung dem CSE, der dann seine Stellungnahme dazu abgibt. Die Betriebsordnung kann aber in jedem Fall in Kraft treten, unabhängig davon, ob die Stellungnahme des CSE positiv oder negativ ausfällt.

3. Einsenden der Betriebsordnung an die französische Arbeitsbehörde („inspection de travail“)

Die Betriebsordnung ist, zusammen mit der Stellungnahme des CSE, in zwei Exemplaren an die zuständige Arbeitsbehörde zu senden.

Die Behörde kann die Betriebsordnung dann prüfen und die Entfernung bzw. Änderung von aus ihrer Sicht rechtswidrigen Klauseln fordern. Diese Befugnis hat die Behörde übrigens jederzeit, das heißt auch außerhalb des Verfahrens zum (erstmaligen) Erlass der Betriebsordnung oder zu ihrer Änderung.

4. Hinterlegen der Betriebsordnung bei der Geschäftsstelle des zuständigen Arbeitsgerichts

Nach erfolgter Prüfung durch die Arbeitsbehörde ist die Betriebsordnung an das örtlich zuständige Arbeitsgericht zu senden, wo sie verwahrt wird.

5. Bekanntmachung der Betriebsordnung im Unternehmen

Zum Zwecke der Bekanntmachung im Unternehmen müssen alle zur Verfügung stehenden Mittel genutzt werden, damit sichergestellt ist, dass alle Mitarbeiter von der Betriebsordnung (bzw. ihrer Änderung) Kenntnis erlangen können. Dies kann zum Beispiel geschehen durch öffentlichen Aushang an einer geeigneten Stelle im Betrieb oder durch Zugänglichmachung im firmeneigenen Intranet.

Die Schritte 3 bis 5 werden in der Praxis meist zeitgleich durchgeführt.

Die Betriebsordnung tritt dann frühestens einen Monat nach Durchführung der letzten drei Schritte (Bekanntmachung, Vorlage und Hinterlegung) in Kraft. Das Datum des Inkrafttretens muss in der neuen bzw. geänderten Betriebsordnung ebenfalls aufgeführt sein.

Gibt es verpflichtende Inhalte einer Betriebsordnung in Frankreich?

Folgende Themen müssen in der Betriebsordnung geregelt bzw. angesprochen sein (Art. L. 1321-1 Code du travail; frz. Arbeitsgesetzbuch):

  • Maßnahmen zum Schutz der Gesundheit und zur Sicherheit im Unternehmen.
  • Allgemeine Regeln betreffend die Arbeitsdisziplin, insbesondere: Mögliche Sanktionen durch den Arbeitgeber bei Verstößen.

Folgende rechtliche Hinweise müssen ebenfalls in der Betriebsordnung enthalten sein (Art. L. 1321-2 Code du travail; frz. Arbeitsgesetzbuch):

  • Rechte des Arbeitnehmers bei arbeitgeberseitigen Sanktionen nach Art. L. 1332-1 bis L. 1332-3 Code du travail oder gemäß dem anwendbaren Tarifvertrag. Diese Rechte umfassen z.B. das Recht des Arbeitnehmers zu erfahren, was genau ihm vorgeworfen wird.
  • Bestimmungen zu Mobbing und sexueller Belästigung sowie sexistischen Übergriffen am Arbeitsplatz.
  • Der Schutz von sogenannten „Whistleblowern“ gemäß dem französischen Gesetz zu Transparenz, zum Kampf gegen Korruption und zur Modernisierung des wirtschaftlichen Lebens (Gesetz Nr. 2016-1691).

Optional kann in der Betriebsordnung auch der Grundsatz der Neutralität verankert werden. Gemeint ist damit das Gebot der politischen und religiösen Neutralität des Arbeitnehmers in seinen Äußerungen und Handlungen im Unternehmen. Auf diese Weise kann die Freiheit der Arbeitnehmer, ihre eigenen Meinungen öffentlich kund zu tun, eingeschränkt werden, jedoch nur sofern die Einschränkung zum Schutze von Grundrechten anderer Personen oder für den ordnungsgemäßen Betriebsablauf erforderlich und verhältnismäßig ist (Art. L. 1321-2-1 Code du travail; frz. Arbeitsgesetzbuch).

Achtung: Folgende Punkte darf eine Betriebsordnung in Frankreich auf keinen Fall enthalten (Art. L. 1321-3 Code du travail; frz. Arbeitsgesetzbuch):

  • Vorschriften, die gegen Gesetz, Tarifvertrag oder eine Betriebsvereinbarung verstoßen
  • Vorschriften, die die individuellen oder kollektiven Rechte der Arbeitnehmer unverhältnismäßig einschränken
  • Diskriminierende Vorschriften

Beachten Sie auch, dass die Betriebsordnung in Frankreich zwingend auf Französisch abgefasst sein muss (Art. L. 1321-6 Code du travail; frz. Arbeitsgesetzbuch).

Was heißt das konkret für Ihr Unternehmen in Frankreich?

Wenn Sie über einen beliebigen Zeitraum von 12 zusammenhängenden Monaten mindestens 50 Arbeitnehmer in Frankreich beschäftigten, müssen Sie eine Betriebsordnung nach den hier dargelegten Grundsätzen aufstellen.
Anderenfalls droht eine Geldstrafe von bis zu 750 €.

Falls im Unternehmen keine Betriebsordnung in Frankreich aufgestellt wurde, obwohl eine Pflicht dazu bestand, darf keine wirksame disziplinarische Sanktion gegen die Arbeitnehmer (z.B.: Abmahnung wegen Fehlverhaltens) ausgesprochen werden. Die arbeitgeberseitige Kündigung ist damit aber nicht ausgeschlossen.

Verfügen Sie bereits über eine Betriebsordnung in Frankreich, in der jedoch ein gesetzlich erforderlicher Hinweis fehlt, empfehlen wir, die Betriebsordnung gemäß dem oben beschriebenen Verfahren zu ändern und an die aktuelle Gesetzeslage anzupassen.
Das Fehlen eines gesetzlich geforderten Inhalts kann darüber hinaus zu einer Geldstrafe von bis zu 750 € führen.

 

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Unser deutschsprachiger CBBL-Anwalt Herr Rechtsanwalt Emil Epp und sein Team in Strasbourg, Paris, Baden-Baden, Zürich, Bordeaux und Sarreguemines stehen Ihnen gerne zur Verfügung: epp@cbbl-lawyers.de, Tel. +33 - 3 - 88 45 65 45


Stand der Bearbeitung: September 2022